Segen für homosexuelle Paare: Was das für die Kirche bedeutet

Die oberste Glaubensbehörde des Vatikans sorgt mit ihrer Erklärung zur Homosexuellen-Segnung für Überraschung
Erklärung der Glaubensbehörde spricht von "wirklicher Weiterentwicklung", von der aber die kirchliche Lehre zur Ehe unberührt bleibt.

Es ist auf den ersten Blick ein starkes Signal: Der Vatikan erlaubt künftig die Segnung homosexueller Paare. Das ist die zentrale Botschaft, die rezipiert wird – und sie markiert gewiss eine Zäsur.

Noch im Februar 2021 hatte das Dikasterium für die Glaubenslehre, also die Glaubensbehörde des Vatikans (früher Glaubenskongregation), erklärt, dass Segnungen homosexueller Paare in der Kirche nicht möglich seien.

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Nun aber wird in dem Schreiben „Fiducia supplicans“ („Das flehende Vertrauen“) erklärt, dass solche Segnungen doch möglich seien. Freilich spricht das Dokument nicht von einer Kehrtwende oder gar Änderung der kirchlichen Lehre, sondern von „eine[r] wirkliche[n] Weiterentwicklung über das hinaus, was vom Lehramt und in den offiziellen Texten der Kirche über die Segnungen gesagt wurde“.

„Segnung von Paaren in irregulären Situationen“

Begründet wird diese Weiterentwicklung mit der „pastorale[n] Vision von Papst Franziskus“, welche bekanntermaßen pastorale (seelsorgliche) Überlegungen tendenziell vor lehramtliche stellt. In diesem Sinne heißt es, dass sich die Kirche „davor hüten“ müsse, „ihre pastorale Praxis auf die Festigkeit ‚vermeintlicher doktrineller oder disziplinarischer Sicherheit‘ zu stützen, vor allem wenn das ‚Anlass gibt zu einem narzisstischen und autoritären Elitebewusstsein, wo man, anstatt die anderen zu evangelisieren, die anderen analysiert und bewertet, und anstatt den Zugang zur Gnade zu erleichtern, die Energien im Kontrollieren verbraucht‘.“

Das vom Präfekten der Glaubensbehörde Kardinal Víctor Manuel Fernández unterzeichnete und vom Papst approbierte Schreiben spricht von der „Möglichkeit der Segnung von Paaren in irregulären Situationen und von gleichgeschlechtlichen Paaren“. Das bedeute keineswegs, „deren Status offiziell zu konvalidieren (für gültig zu erklären; Anm.) oder die beständige Lehre der Kirche über die Ehe in irgendeiner Weise zu verändern“.

Betont wird, dass es keine „Verwechslung mit dem dem Ehesakrament eigenen Segen“ geben dürfe, daher könne ein solcher Segen auch nicht „Teil eines liturgischen Ritus“ sein; der Papst selbst wird mit den Worten zitiert: „Entscheidungen, die unter bestimmten Umständen Teil der pastoralen Klugheit sein können, müssen nicht notwendig zur Norm werden.“ Daher will der Vatikan auch keinerlei Formalisierung oder Institutionalisierung solcher Segensfeiern. Auch dürfe „ein solcher Segen niemals im direkten Zusammenhang mit einer standesamtlichen Feier oder sonst in irgendeiner Verbindung damit erteilt werden können“.

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Lackner: Segen ist „Grundbedürfnis“

Für die Österreichische Bischofskonferenz erklärte der Salzburger Erzbischof Franz Lackner als deren Vorsitzender in einer dem KURIER übermittelten Stellungnahme, dass er das vatikanische Schreiben „mit Freude aufgenommen“ habe. Sein Anliegen und jenes der Bischofskonferenz sei stets gewesen, „für Menschen in sogenannten irregulären Verbindungen einen gangbaren Weg der Begleitung zu finden“. Das Ideal und feste kirchliche Lehre bleibe „das Zusammenleben von Frau und Mann, in dem allein Leben natürlich weitergegeben wird“. Segen sei ein „Grundbedürfnis, das grundsätzlich niemandem verwehrt werden darf – wie Brot“, so Lackner.

Und abschließend formuliert der Bischofskonferenz-Vorsitzende: „Die Unterschiede müssen benannt werden dürfen, wo doch das Einende groß ist – die gemeinsame Berufung aus der Taufe, die uns zu Brüdern und Schwestern im Herrn macht.“

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