Welche Rolle spielt die Junge ÖVP beim AG-Skandal?
Alle Augen sind auf Außenminister Sebastian Kurz gerichtet. Immerhin könnte der ÖVP-Star auch der nächste Bundesparteiobmann der Konservativen werden. Doch während darüber wild spekuliert wird, zieht im Hintergrund der Skandal um die antisemitischen und menschenverachtenden Postings der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft (AG) immer weitere Kreise. Und das betrifft auch die Junge ÖVP, wo Kurz noch Obmann ist.
Wie berichtet, haben sich AG-Funktionäre am Wiener Juridicum in geheimen Facebook- und WhatsApp-Gruppen über den Holocaust und Menschen mit Behinderung lustig gemacht. Die Wochenzeitung Falter hat Fotos veröffentlicht und noch Tage danach ist die Aufregung enorm.
Alle Interviews mit den ÖH-Spitzenkandidaten finden Sie hier.
Bisher bekannt ist die Beteiligung von 22 Personen, alle wurden laut AG-Pressesprecher Valentin Petritsch aus der Studentenfraktion ausgeschlossen. Zuvor hatten bereits einige hochrangige Funktionäre auf Facebook ihren Rücktritt erklärt. Darunter der Präsident der AG Jus und StV-Mandatar Clemens Kraemmer und der Wiener AG-Spitzenkandidat für die kommenden ÖH-Wahlen, Alexander Grün. Beide sind auch Mitglieder der Jungen ÖVP (JVP), Kraemmer bei der JVP Mödling, Grün bei der JVP Lassee im Bezirk Gänserndorf. Auf Anfrage des KURIER heißt es, dass Kraemmer auf einer "Sperrliste" steht, Grün wird laut einem Bericht von VICE aus der konservativen Jugend ausgeschlossen.
Aber je intensiver man sich mit dem Skandal beschäftigt, desto mehr Verbindungen zwischen AG Jus und JVP tun sich auf.
Aus der JVP und dem Cartellverband ausgetreten
Im Mittelpunkt steht nun Christoph Diensthuber, FV-Mandatar der AG Jus. Vor wenigen Tagen habe er "zum Schutz der AG" alle Mandate in der AG und Fakultätsvertretung zurückgelegt. Auf Facebook erklärte er, dass er "keine Inhalte gepostet, gelikt oder geshart" hat. Allerdings ist das Gegenteil der Fall. Screenshots, die dem KURIER vorliegen, belegen, dass er zumindest bei einem NS-verherrlichenden Foto den Like-Button gedrückt hat.
Michael Jayasekara, designierter Präsident des Cartellverbands (ÖCV), wo Diensthuber bis vor kurzem Mitglied war, bestätigt auf KURIER-Anfrage die "interagierende Rolle" des Cartellbruders. "Wir distanzieren uns klar von diesem Gedankengut", sagt er. Dementsprechend ist am Donnerstag ein Schreiben an die Mitglieder der Verbandsführung des ÖCV ergangen. Darin heißt es, dass Diensthuber in "zwei Wochen im Rahmen der CVV in Salzburg" seines Amtes enthoben wird. "Das designierte Vorortsteam hält fest, dass wir uns von den gezeigten Inhalten klar distanzieren."
Brisanter ist aber, dass Diensthuber nach Informationen von VICE "bis zumindest August 2016 angestellter Pressesprecher der JVP war. Somit war er auch Pressesprecher für Sebastian Kurz in dessen Eigenschaft als JVP-Chef." Tatsächlich stand er bei Presseaussendungen für "Rückfragen" zur Verfügung, aber "er war kein Pressesprecher von Sebastian Kurz. Der Bericht ist falsch. Er war Mitarbeiter bei der Bundes-JVP", erklärt Stefan Schnöll, Generalsekretär der ÖVP-Jugend. Zudem sei Diensthuber bereits ausgetreten, "bevor wir ihn ausschließen konnten".
Wiener JVP: Ausschluss aller "Betroffenen"
In Wien ist die Verstrickung zwischen AG Jus und JVP am deutlichsten. Screenshots zeigen, dass einige JVP-Mitglieder bereits von den Websites gelöscht wurden. So zum Beispiel in Hietzing, Margareten und Wieden. Auf Twitter und im ORF teilte Nico Marchetti, Vorsitzender der JVP Wien, zuvor mit, dass alle "Betroffenen" aus der Organisation ausgeschlossen worden seien. Eine Sprecherin bestätigt auf Anfrage, dass alle Personen, die "aktive Handlungen gesetzt haben", die JVP verlassen mussten. Ein Bezirk ist deshalb komplett "funktionsunfähig. Die Team-Seite wurde offline genommen", erklärt man dem KURIER. Es handelt sich um den 5. Wiener Gemeindebezirk Margareten.
Damit nicht genug. Nach KURIER-Informationen sind nämlich noch nicht alle AG-Jus-Funktionäre bzw. Kandidaten für die kommende ÖH-Wahl, die im Skandal verwickelt sind, zurückgetreten. Unter ihnen soll auch ein gewähltes Mitglied der Studienvertretung Jus-Doktorat sein. AG-Sprecher Petritsch "kann und darf darüber nichts sagen".
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