Verfassungsjurist Mayer: Auch der Babyelefant ist gesetzeswidrig

Verfassungsjurist Mayer: Auch der Babyelefant ist gesetzeswidrig
Höchstgericht hob Ausgangsbeschränkungen auf, weil sie zu unpräzise formuliert war. Dasselbe gilt laut Heinz Mayer für die Regelung des Mindestabstands. Er rät Türkis-Grün, das rasch zu reparieren.

Die Ausgangsbeschränkungen, die die Bundesregierung im März verhängt hat, waren zu weit gefasst. Und auch die Regelung, dass zuerst kleinere Geschäfte und Baumärkte wieder aufsperren durften, war nicht gesetzeskonform. Der Verfassungsgerichtshof hat beide Regelungen aufgehoben, wie am Mittwoch bekannt wurde.

Für Heinz Mayer war das keine Überraschung. Er und andere namhafte Verfassungsjuristen hatten von Anfang an ihre Bedenken geäußert.  "Aber ich habe kein Gehör gefunden", sagt Mayer in der "ZiB2".

Verfassungsjurist Mayer: Auch der Babyelefant ist gesetzeswidrig

Die IGGÖ müsse zu strafbaren Handlungen auffordern, um aufgelöst werden zu können, sagt Mayer.

Freilich können in der Eile Fehler passieren, die Regierung habe im März schnell handeln müssen, räumt er ein. Aber: Dass die Verordnung so nicht halten kann, sei nach wenigen Wochen klar gewesen. Auch er habe das Gesundheitsministerium mehrmals persönlich darauf hingewiesen, dass die entsprechende Passage repariert werden müsse.

Wer schon bezahlt hat, geht leer aus

Nun haben die Gesundheitsbehörden auf Basis dieser rechtswidrigen Verordnung tausende Strafen verhängt - von bis zu 500 Euro. Wer die Strafe schon bezahlt hat, hat nun aber keine Möglichkeit mehr, sie anzufechten - der Bescheid ist durch die Bezahlung rechtskräftig geworden.

Und was ist mit jenen Strafen, die noch offen sind? Die Regierung hat eine "bürgerfreundliche Lösung" versprochen. Eine Generalamnestie, die von der Opposition gefordert wird, hält der Verfassungsjurist aber für unwahrscheinlich. Eher werden die Behörden in jedem einzelnen Fall die Strafe erlassen. Für denkbar hält Mayer aber auch einen Erlass des Gesundheitsministers, wie mit den Strafen umzugehen sei.

Abstandsregel zu allgemein formuliert

Die Ausgangsbeschränkungen gelten nicht mehr - sehr wohl aber die Regelung, in der Öffentlichkeit einen Mindestabstand von einem Meter einzuhalten - Stichwort Babyelefant. Wobei: Auch das sei gesetzeswidrig, sagt Mayer.

In der Verordnung sei wieder zu allgemein von "öffentlichen Orten" die Rede, erklärt Mayer. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem aktuellen Erkenntnis ja festgestellt, dass solch Verordnungen präziser formuliert sein müssen.

Mayer legt der Regierung ans Herz, das rasch zu reparieren - dafür bräuchte es wohl eine Sondersitzung des Parlaments, weil derzeit Sommerpause ist. Und Bürgern, die eine Strafe bekommen haben, rät er, den Bescheid anzufechten.

Maskenpflicht im Supermarkt fragwürdig

Überhaupt ermutigt der Verfassungsjurist die Bürger, sich zur Wehr zu setzen: Wäre er selbst ein Geschäftstreibender, der von den Schließungen betroffen war, dann würde er versuchen, auf Schadenersatz zu klagen.

Der VfGH hatte ja festgestellt, es sei nicht rechtskonform gewesen, dass kleinere Geschäfte und Baumärkte im April zuerst aufsperren durften. "Die Differenzierung mag sinnvoll gewesen sein, aber der Minister hätte das ermitteln und begründen müssen. Das hat er nicht. Deshalb war die Maßnahme gesetzeswidrig", erklärt Mayer.

Offen ist aus seiner Sicht noch, ob die Wiedereinführung der Maskenpflicht in Supermärkten gesetzeskonform ist. Auch hier fehlt dem Juristen die sachliche Rechtfertigung. In anderen Geschäften braucht es ja keine Maske. Die Erklärung von Kanzler Sebastian Kurz, dass der Gang in den Supermarkt, zur Post und zur Bank ein Muss sei, andere Geschäftswege aber verzichtbar seien, sorgt bei Mayer nur für Achselzucken. Das sei "fraglich".

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