Van der Bellen: "Es braucht das Amt des Bundespräsidenten"

Van der Bellen: "Es braucht das Amt des Bundespräsidenten"
Der Bundespräsident stellt sich der Wiederwahl. Über das Ergebnis will er aber nicht spekulieren.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen kann auf eine turbulente erste Amtszeit zurückblicken. Gestern gab er bekannt, sich erneut der Wahl um das Amt zu stellen. "Es wäre mir eine große Ehre, aber auch große Freude, das Amt des Bundespräsidenten weiter ausführen zu können", kommentiert er seine Entscheidung im Zib2-Interview. 

Auf die Kritik angesprochen, er sei in den vergangenen Jahren "nicht mutig genug" gewesen, meint er, dem läge wohl ein Missverständnis über sein Amt zugrunde. Er schaue auf den Horizont, sei auf mittel- bis langfristigen Perspektiven fokussiert. "Der Bundespräsident wird nicht jede einzelne Welle im Auge haben, die sich vor seinem Auge kräuselt", sagt er. "Ich konzentriere mich auf die wesentlichen Dinge."

Korruption und Justiz

Wo habe er konkret dazu beigetragen, gegen die Korruption in der Politik vorzugehen, fragt Moderator Martin Thür? "Erinnern Sie sich an gar nichts?", stellt Van der Bellen die - nicht ganz ernst gemeinte - Gegenfrage. "Ich finde, die Justiz arbeitet korrekt." Urteile seien erst wenige ergangen, bis dahin gelte für ihn in diesen Fällen die Unschuldsvermutung. "Womit sich der Untersuchungsausschuss beschäftigt, ist Sache des Parlaments. Ich werde mich in parlamentarische Sachen nicht einmischen."

Auf die Amtsenthebung Herbert Kickls angesprochen, meint Van der Bellen, er sei hier dem Vorschlag des damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz nachgekommen. "Ich stehe nach wie vor zu dieser Entlassung", sagt Van der Bellen. 

Einmal mehr lobt er die von ihm vielgepriesene "Eleganz der Verfassung". Es gab Ereignisse in den letzten fünf Jahren, die zum ersten Mal in der Geschichte der zweiten Republik geschehen sind: "Die parlamentarische Demokratie hat eben Eigenheiten, die zur Kenntnis zu nehmen sind." Eines hat sich in den letzten Jahren für ihn aber deutlich gezeigt. Die immer wieder aufkommende Diskussion, ob das Amt des Bundespräsidenten wirklich nötig ist, kann seiner Meinung nach ad acta gelegt werden. "Es braucht ihn."

Ukraine und Neutralität

Dass er in der Vergangenheit für Vladimir Putin Verständnis aufgebracht hat, macht Van der Bellen noch nicht zum Putinfreund, sagt er. Es gehöre nun einmal zu seinen Pflichten als Staatsoberhaupt, dass er auch zum Präsidenten der Russischen Föderation Kontakte hatte. Die Vergangenheitsform betont er dabei explizit. Und gibt selbst zu: "Ich habe Dinge gesagt, die ich nicht hätte sagen müssen. Auch ich bin von den Ereignissen seit dem 24. Februar dieses Jahres überrascht worden." 

Der durch den Krieg in der Ukraine erneut ausgelöste Debatte über die Neutralität will er sich nicht verweigern. Er gehöre einer Generation an, die mit der Neutralität aufgewachsen sei, man sei über Jahrzehnte gut damit gefahren. Er verstehe zwar das Bedürfnis, über die Neutralität erneut zu diskutieren, man müsse dabei aber auch eigene Maßnahmen treffen. Konkret: Eine bessere Ausrüstung des Bundesheeres und eine entsprechende Ausstattung der Diplomatie und des Außenministeriums. 

Wieviel Prozent der Stimmen er bei der Wiederwahl erreichen könne, dazu will sich Van der Bellen nicht äußern. "Über sowas spekuliere ich nicht, Mehrheit ist Mehrheit", sagt er. "Ich möchte die Österreicherinnen und Österreicher überzeugen, dass es eine gute Wahl wäre."

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