FPÖ-Spitze verteidigt Rückzug aus Migrationspakt

Strache, Kickl (links): Österreich folgt Beispiel Ungarns.
Strache sieht Entscheidung gegen UN-Migrationspakt als blauen Erfolg. Die Opposition ortet außenpolitischen Imageverlust.

Vizekanzler Heinz-Christian und Innenminister Herbert Kickl haben beim Ministerrat wortreich den Nicht-Beitritt Österreichs zum UN-Migrationspakt begründet. Österreich wird dem Papier der Vereinten Nationen definitiv die Unterschrift verweigern. Weltweit haben zuvor unter anderem Ungarn, die USA und Australien diesen Weg beschritten.

Strache sprach von "erheblichen Bedenken" gegen einige der 17 Punkte im UN-Pakt. Unter anderem fürchte man, dass bestimmte Rechte für Migranten – etwa dass ein Migrant leichter den Status eines regulären Migranten bekommt und Familienzusammenführungen erleichtert werden – mit der Zeit verbindlich werden könnten. Der nicht-verbindliche Pakt könnte Völker-Gewohnheitsrecht werden, lautete die Begründung.

Hintergrund: Die Internationale Organisation für Migration (IOM), angesiedelt in der UNO, unterscheidet zwischen regulären Migranten – Geschäftsleute, Touristen etc. – und irregulären Migranten, die nicht auf Basis der Gesetzeslage in ein Land kommen. Allerdings hält die IOM fest, es gebe keine allgemeine internationale Definition von illegaler Migration.

Kurz nicht bei Ministerrat

Kanzler Sebastian Kurz ( ÖVP), der das Vorgehen mitträgt, fehlte am Mittwoch beim Ministerrat, weil er sich in Kärnten ein Bild von den dortigen Hochwasserschäden machte.

FPÖ-Chef Strache sagte einmal mehr, dass "ein Menschenrecht auf Migration der österreichischen Rechtsordnung fremd" sei, weshalb er den UN-Pakt nicht gutheißen könne. Kritiker wenden aber ein, dass ein solches "Menschenrecht auf Migration" sich in der UN-Vereinbarung in keiner Formulierung finde.

UNO-Migrationspakt: Österreich unterschreibt nicht

"Toxische Passagen"

Innenminister formulierte seine Kritik am UN-Migrationspakt noch schärfer. Es gebe "toxische Passagen" in der Einigung, "von denen eine Gefahr ausgeht". Die Regierung wollte etwa nicht sicherstellen müssen, dass Migranten vollständig über ihre Möglichkeiten und Risiken beim Zurücklassen ihrer Heimat informiert werden.

Den Punkt "Erleichterung des Statuswechsels regulärer-irregulärer Migrant" im UN-Papier hält Kickl für einen "Pull-Faktor", also ein Vorhaben, das Migranten anziehen würde.

Strache betonte einmal mehr, Österreich werde auch niemanden im Dezember nach Marrakesch für die Proklamation des Pakts entsenden.

ÖVP steht zum Nein

Stellvertretend für die ÖVP-Spitze wurde die Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler (ÖVP), beim Ministerrat von Journalisten zur Kritik am Vorgehen der Regierung befragt. Edtstadler begründete das Nein der ÖVP damit, es "wäre ein hinter das Licht Führen", wenn man – wie die Regierung es tue – bei bestimmten Punkten nicht mitkönne, aber diese dann unterschreibe, ohne sie später umzusetzen.

"Führen reaktionären Ostblock an"

Führende FPÖ-Politiker wie die Generalsekretäre Harald Vilimsky und Christian Hafenecker verbuchten die Entscheidung der Regierung als blauen Erfolg. Auch Strache dankte Kurz auf Facebook demonstrativ, dass der Kanzler "meine massiven Bedenken und inhaltlichen Ablehnungsgründe ernst genommen hat und wir gemeinsam den UN- Migrationspakt für Österreich und seine Bevölkerung verhindert haben".

Von SPÖ, Neos, Liste Pilz und den Grünen hieß es hingegen unisono, die türkis-blaue Regierung treffe eine Fehlentscheidung. Andreas Schieder (SPÖ) findet das Vorgehen sachlich falsch, außerdem beschädige Türkis-Blau den Ruf Österreichs als verlässlicher Partner der westlichen Wertegemeinschaft. Der Grünen-EU-Abgeordnete Michel Reimon meinte sogar, mit dem Rückzug aus dem Migrationspakt sei Österreich "nicht nur Teil des reaktionären Ostblocks, wir führen diesen auch an".

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