"Grenzfall" Tirol: Was die Abriegelung des Landes bedeutet
Wenn ab Freitag alle Ausreisenden aus Tirol einen negativen Corona-Test vorweisen müssen, stellen sich viele Fragen: Was ist mit Kindern? Was ist mit Transitreisenden? Was mit Pendlern?
Und immerhin: Sollten auch anderswo in Österreich Cluster mit gefährlicheren Mutanten auftauchen, könnte auch dort Mobilitätsbeschränkungen und Testpflicht drohen. So gesehen ist Tirol ein doppelter Testfall.
Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen zu den neuen Reisebeschränkungen innerhalb Österreichs.
Der Gesundheitsminister verfügt für einzelne Bezirke bzw. Tirol Ausreisebeschränkungen. Kann er das überhaupt? Ja, und zwar auf Basis des Epidemiegesetzes. Als oberste Gesundheitsbehörde kann der Gesundheitsminister Quarantänen verfügen, die auch nur einzelne Bezirke oder Bundesländer treffen. Land bzw. Landeshauptmann sind daran gebunden. Wichtig ist: Das Ministerium muss sachlich und klar nachweisen, inwiefern die Beschränkungen helfen, die Pandemie einzudämmen. Andernfalls droht die Aufhebung vom Verfassungsgerichtshof.
Wie sieht die Regelung für Tirol aus, und ab wann gilt sie? Ab Freitag, 0 Uhr treten Verkehrsbeschränkungen für Nordtirol in Kraft (das an Salzburg und Kärnten angrenzende Osttirol ist ausgenommen). Die Ausreise ist dann nur noch mit einem negativen Corona-Test erlaubt, Kinder sind davon ausgenommen. Die Regelung ist vorerst auf zehn Tage begrenzt.
Muss das ein PCR-Test sein, oder reicht ein Antigen-Test? Laut Gesundheitsministerium wird beides akzeptiert. Der Test darf aber nicht älter als 48 Stunden sein.
Was heißt das für Pendler? Sie müssen sich nun öfter testen lassen als bisher, die Landesgrenze darf nur mit negativem Test überschritten werden.
Gibt es Ausnahmen für die Durchreise? Nein. „Es gibt keine Ausnahmen“, heißt es dazu aus dem Gesundheitsministerium. Das heißt in der Praxis: Wer von Vorarlberg nach Salzburg will, muss einen aktuell gültigen negativen Test mitführen. Immense Probleme könnte die Regelung im Transitverkehr durch Tirol zwischen Deutschland und Italien bringen. Denn auch für den ist keine Ausnahme geplant. Somit muss jeder Lkw-Fahrer einen negativen Test mitführen. Auf der wichtigsten Nord-Süd-Achse Europas könnte das zu erheblichen Staus führen.
Wer kontrolliert, ob die Maßnahmen eingehalten werden? Laut Innenministerium werden alle Landesstraßen und -grenzen kontrolliert. Die regulären Polizeikräfte werden dabei von Polizeischülern und Soldaten des Bundesheeres unterstützt.
Wie hoch sind die Strafen? Wer die Testpflicht missachtet, muss laut Innenminister Karl Nehammer mit Strafen von bis zu 1.450 Euro rechnen.
Warum tritt die Regelung erst am Freitag in Kraft? Laut Bundeskanzler Sebastian Kurz ist das den notwendigen Vorbereitungen geschuldet. Wie immer in Pandemie-Zeiten muss zudem eine Verordnung vom Gesundheitsministerium vorgelegt werden. Diese wurde in Grundzügen erst am Dienstag finalisiert.
Welche Regeln gelten für Züge, Autofahrten oder Flüge? Die Verkehrsbeschränkungen gelten auf allen Routen aus Tirol, sei es über den Luft- oder den Landweg.
Wird Tirol in Bezug auf die Quarantäne wie ein Risikogebiet im Ausland behandelt? Nein. Wer ausreist, muss sich zuvor testen lassen. Mit einer Quarantäne in einem anderen Bundesland ist das aber nicht verbunden.
Was ändert sich für die Tiroler durch die Auflagen? Wer nicht – beruflich – über die Landesgrenze muss, wird keine zusätzlichen Einschränkungen erleben. Innerhalb Tirols kann sich die Bevölkerung weiter frei bewegen. Bund und Land bitten aber, die Mobilität möglichst einzuschränken. Die am Montag wieder geöffneten Geschäfte bleiben ebenfalls offen.
Wie sehr ist die Mutation in Tirol schon verbreitet? Zwischen Bund bzw. Virologen und Tirol hatte zuletzt ein Streit um Zahlen getobt, inzwischen hat das Land eingelenkt: Es gibt bzw. gab in Tirol seit 23. Dezember rund 400 Fälle, bei denen die südafrikanische Virusmutation nachgewiesen wurde oder ein Verdacht vorliegt. Hotspot ist der Bezirk Schwaz. Wie alle anderen Corona-Infizierten werden die Betroffenen in Quarantäne geschickt. Wie viele noch positiv sind, ist also zweitrangig. Fakt ist, dass es sich um einen großen Cluster handelt.
Wo ist die Mutation sonst noch aufgetaucht? Drei bestätigte, bereits isolierte Fälle gab es bisher in Wien. Am Dienstag wurden zwei Mutationsfälle in der Kaserne Aigen im steirischen Ennstal bestätigt. Die Virusmutation dürfte aus Tirol übergesprungen sein. Als Erstinfizierter gilt ein Soldat, der im Tiroler Hotspot Schwaz wohnt. Er und ein zweiter Kadersoldat wurden am 25. Jänner symptomatisch und positiv getestet. Bei drei weiteren infizierten Kontaktpersonen steht die Analyse aus.
Kann ich über Italien oder Deutschland „flüchten“? Nein. Die Polizei will alle Grenzübergänge kontrollieren – auch jene nach Italien und Deutschland.
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