Statistik Austria: Hohe Dunkelziffer bei Corona-Infektionen

Interview mit Tobias Thomas und Gabriel Felbermayr
Ende November waren rund 230.000 Personen oder 3,1 Prozent der Bevölkerung ab 16 infiziert. 55 Prozent der Infizierten "behördlich unerkannt". Faßmann: "Massentests notwendig"

Die Dunkelziffer der Corona-Infizierten ist hoch. Im November waren 3,1% der Bevölkerung ab 16 Jahren infiziert. Das zeigen erste Zwischenergebnisse der aktuellen landesweiten COVID-19 Prävalenzstudie, die die Statistik Austria im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung und in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Roten Kreuz sowie der Medizinischen Universität Wien durchführt.

Die Brutto-Stichprobe der Studie umfasste insgesamt 7.823 in Privathaushalten lebende Personen ab 16 Jahren. Davon haben bis Ende Oktober 2.504 Personen zugesagt, sich an einem vereinbarten Termin auf SARS-CoV-2 testen zu lassen.

Von 12. bis 14. November wurde bei 2.263 Personen ein Nasen-Rachen-Abstrich abgenommen. Bei 48 Personen ergab die PCR-Analyse des Abstrichs ein positives Testergebnis. Eine Nachbefragung bei Personen, die zum Testzeitpunkt nicht erschienen waren, ergab, dass sich zu diesem Zeitpunkt zumindest 24 Personen in behördlich angeordneter Quarantäne aufgrund eines positiven Testergebnis befanden. In Summe waren somit mindestens 72 Stichprobenpersonen im Zeitraum von 12. bis 14. November 2020 mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert.

Die hochgerechnete Gesamtzahl der Infektionen von 12. bis 14. November 2020 beträgt 228.000. Das entspricht einem Anteil von 3,1% der in Privathaushalten lebenden Bevölkerung ab 16 Jahren. Unter Berücksichtigung der statistischen Schwankungsbreite liegt dieser Wert zwischen 166.000 und 295.000 infizierten Menschen bzw. einer Prävalenz von 2,2% bis 4,0%.

Dabei ist die Prävalenz in Westösterreich (Tirol, Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich) signifikant höher als in Ostösterreich (Wien, Niederösterreich, Burgenland).

"Massentestungen dringend notwendig"

Heinz Faßmann, Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung sagt: „Die vergleichsweise hohe Dunkelziffer zeigt uns, dass Instrumente wie die bevorstehenden Massentestungen dringend notwendig sind, um die Infektionsketten zu durchbrechen und die Verbreitung der Pandemie einzudämmen. Auch asymptomatische Personen sind infektiös und können das Virus weitertragen. Mit der Massentestung wollen wir möglichst viele dieser Personen orten, damit sie nicht andere Personen anstecken können.“

Dunkelziffer im Westen höher als im Osten

Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas ergänzt: „Mitte November lag der Anteil SARS-CoV-2-Infizierter an der österreichischen Wohnbevölkerung ab 16 Jahren im Schnitt bei 3,1%. Dabei waren die Anteile in Westösterreich signifikant höher als in Ostösterreich. Im Vergleich zu den letzten Prävalenzstudien im April und Mai zeigt sich damit ein erheblicher Anstieg des Infektionsgeschehens kurz vor dem zweiten Lockdown.“

Bei der Anfang April von SORA durchgeführten Studie waren auf Basis der Hochrechnung noch maximal 0,8% der ab 16-jährigen Personen in Österreichs Privathaushalten infiziert. Ende April und Ende Mai sank der Anteil auf unter 0,2%.

55 Prozent der Infektionen behördlich nicht erfasst

55% der Infektionen kurz vor dem zweiten Lockdown waren behördlich nicht erfasst, und diese sind größtenteils symptomarm
Zwischen 12. und 14. November 2020 waren in Österreich zwischen 166.000 bis 295.000 Personen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert. Weniger als die Hälfte der in der Studie nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektionen (rund 103.000) waren laut Auskunft der in der Studie befragten bzw. getesteten Personen bereits behördlich bekannt (Personen in behördlicher Quarantäne mit positivem Testergebnis sowie Personen, die bereits zurückliegend ein positives Testergebnis hatten und in dieser Studie wiederholt positiv getestet wurden). Daraus lässt sich ableiten, dass rund 55% der akuten Infektionen behördlich unerkannt bleiben.


 

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