„Das Wahljahr 2024 – Strategische Überlegungen“: So ist das 42-seitige Papier des SORA-Instituts – vor allem durch seine Hochrechnungen und Wählerstromanalysen bekannt – überschrieben. Auftraggeber ist die SPÖ – und es geht um die insgesamt sieben Wahlen, die im kommenden Jahr anstehen: Innsbruck, Salzburg-Stadt, Arbeiterkammer, EU-Parlament, Nationalrat, Steiermark, Vorarlberg.
Natürlich sind nicht alle gleich wichtig, aber, so heißt es in dem Papier, welches dem KURIER vorliegt: „Jedes Ergebnis einer Wahl beeinflusst die Stimmung für die folgenden Wahlen – stärker als jede publizierte Umfrage.“
SORA schickte das Strategiepapier irrtümlich an 800 Personen
Das Pikante daran: Dieses für die SPÖ bestimmte Papier ist offenbar durch ein Versehen seitens des Absenders nicht nur bei dieser gelandet. Seitens der SPÖ hieß es am Abend, SORA-Chef Günther Ogris habe am Montag das Papier SP-intern präsentiert – als Angebot und Vorschlag.
Entscheidung sei keine gefallen, das Papier somit auch kein SPÖ-Konzept. Ogris wollte die Unterlage am Dienstag der Partei schicken, habe sie aber versehentlich an einen Public-Health-Verteiler mit rund 800 (!) Personen geschickt.
Gegenüber der APA bestätigte Ogris am Mittwoch, er arbeite "seit Jahrzehnten" neben seiner sozialpolitischen Forschung und Wahlforschung auch an strategischen Modellen. Bei der an die Medien gelangten Unterlagen handle es sich um "eine persönliche Hypothesensammlung und Vorversion einer Gesprächsunterlage."
Diese enthalte "persönliche Überlegungen für eine eventuelle Beratungstätigkeit" und war nicht zur Veröffentlichung bestimmt, argumentierte Ogris. Auftrag der SPÖ dazu gab es keinen.
Die wichtigsten Inhalte im Detail:
Drei Ziele formuliert SORA für die wichtigste der Wahlen, jene zum Nationalrat, planmäßig im September 2024:
SPÖ wird stärkste Partei
SPÖ wird stärkste Partei links der Mitte
Eine Ampel-Mehrheit jenseits von ÖVP und FPÖ, um eine Regierung ohne diese Parteien zu ermöglichen
Eine zentrale Botschaft, die man vermitteln will, um diese Ziele zu erreichen, lautet: „Die ÖVP blockiert.“ Und zwar „seit 1986“. Und wenn es gelänge, diese Blockade zu lösen, könne Österreich „den großen Schritt nach vorn“ machen: Es gibt dann, so wird suggeriert, keine Teuerung mehr, keine Kinderarmut, dafür ein entfesseltes Bildungssystem, leistbares Wohnen …
Der Mann, der dies alles federführend bewerkstelligen soll, ist naturgemäß SPÖ-Chef Andreas Babler. „Er hat einen Plan, wie Österreich einen großen Schritt nach vorne macht!“, lautet die Botschaft, die man an die Leute bringen will.
Herausgestrichen werden soll sein „Charisma der Nähe“ („Er liebt die Menschen … fühlt sich ihnen nahe und verbunden“, verknüpft mit dem „Story-Frame“ zur Abgrenzung: „Liebe statt Hass = Babler statt Kickl“) und sein „Charisma der Kompetenz“.
"Schattenkabinett" mit Gerhard Zeiler als Finanzminister
Bei letzterem besonders bemerkenswert: In diesem Zusammenhang wird in dem Papier ein „Schattenkabinett“, ein „beeindruckendes Team“ präsentiert – aus dem Medienmanager Gerhard Zeiler als Finanzminister hervorsticht. Weniger überraschend: Volkshilfe-Chef Erich Fenninger wird als Sozial- und Frauenchefin Eva-Maria Holzleitner als Frauenministerin genannt.
Für jede Partei wird ein entsprechendes „Story-Telling“ skizziert. Die „Story“ der SPÖ ist natürlich die verheißene Wende zum Guten in jeder Hinsicht. Die ÖVP soll als Blockadepartei, „Hure der Reichen“ (Zitat aus den Schmid-Chats) und Partei, die „immer mehr zur FPÖ“ wird, vorgeführt werden.
FPÖ wird als "Hass-Partei" gebrandmarkt
Die FPÖ wird als „Hass“-Partei gebrandmarkt – und als jene, welche in der Regierung nie ihre (sozialen) Versprechen gehalten habe und stets an ihrer Regierungsbeteiligung gescheitert sei.
Die Grünen sind demnach quasi gefangen in der Regierung mit der ÖVP und – interessant – „am sozialen Auge blind“.
Noch interessanter: Die Neos will man imagemäßig „Richtung ÖVP drängen, damit sie (Neos; Anm.) von der ÖVP Stimmen gewinnt und nach links Stimmen verliert“. Fazit: „Gut, dass es die Neos gibt, die werden immer mehr wie die alte ÖVP.“
(kurier.at, jar)
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Aktualisiert am 27.09.2023, 11:20
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