SPÖ-Führungsdebatte: Vier Knackpunkte vor der Mitgliederbefragung
Wenn am Montag die neben dem Parteitag zwei wichtigsten Gremien der SPÖ – Parteipräsidium und Parteivorstand – zusammentreten, stehen wichtige Entscheidungen an. Sie müssen den Fahrplan zur Mitgliederbefragung und dem anstehenden Parteitag festlegen, die über die neue Parteiführung entscheiden.
Wie berichtet, haben sich neben Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner, ihrem großen Herausforderer Hans Peter Doskozil und dem bekannten Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler noch 70 weitere Kandidaten gemeldet.
Von einem Konsens über das weitere Vorgehen dürfte man aber noch einige hitzige Diskussionen entfernt sein. In gleich vier Knackpunkten ist man sich in der SPÖ noch uneinig.
Wer wird überhaupt als Kandidat zugelassen?
Als Bewerber für die Mitgliederbefragung haben sich insgesamt 73 Personen angemeldet. Dass der Stimmzettel – Parteimitglieder können zwischen dem 24. April und dem 10. Mai per Brief oder digital abstimmen – auch tatsächlich alle Namen auflisten wird, gilt aber als höchst unwahrscheinlich.
Beim Präsidium am vergangenen Mittwoch wurde die Bewerbungsvoraussetzung einstimmig beschlossen. Die sah für die Bewerbung als einzige Hürde vor, dass der Interessent am vergangenen Freitag um 23.59 Uhr ordentliches Parteimitglied sein und sich bis zu ebendiesem Zeitpunkt bewerben musste.
Genau darüber herrscht nun aber Unmut. Der oberösterreichische SPÖ-Landesvorsitzende Michael Lindner plädiert nun für weitere Hürden. Er fordert, dass jeder Kandidat Unterstützungserklärungen für sich sammeln muss. Und zwar von einem Prozent der Parteimitglieder österreichweit – das wären rund 1.400 Unterschriften – innerhalb von etwa zehn Tagen. „Mir geht es darum, dass wir die Mitgliederentscheidung ernst nehmen und zu einem seriösen Prozess machen und uns von Satirekandidaten abgrenzen“, sagte Lindner.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch erteilte diesem Vorschlag am Sonntag im KURIER-Gespräch eine Absage. Man habe sich im Vorfeld auf die Rahmenbedingungen geeinigt und damit nach Interessenten gesucht. Diese Bedingungen im Nachhinein zu ändern, halte er für „nicht fair“.
Überprüfen will Deutsch die Bewerber dennoch: Konkret werde kontrolliert, ob es sich um ordentliche Parteimitglieder handle. „Da werden wohl schon einige wegfallen“, sagte er. Außerdem wolle die Partei an alle Bewerber einen Fragebogen senden, bei dem jeder einen Lebenslauf, ein Porträtbild und ein Bekenntnis zu den Werten der Sozialdemokratie abgeben müsse, so Deutsch. Die fixe Kandidatenliste solle bis Ende der Woche stehen.
Auf eine Zahl, wie viele Bewerber es maximal auf den Stimmzettel schaffen dürfen, will man sich vorab nicht festlegen.
Welche Bedeutung hat die Mitgliederbefragung?
Noch unklar ist auch, welchen Wert das Ergebnis der Mitgliederbefragung für die Wahl des Bundesvorsitzenden (und Spitzenkandidaten) beim außerordentlichen Sonderparteitag am 3. Juni haben wird.
Laut Parteistatuten kann der Vorsitzende explizit nur durch die rund 640 Delegierten an einem Parteitag gewählt werden – und nicht durch eine Mitgliederbefragung. So ist es auch möglich, dass sich am Parteitag weitere Kandidaten zur Wahl stellen, die vorab gar nicht abgefragt wurden.
Dieser Umstand wurde am Sonntag von Vertretern der Bundespartei besonders betont. „Das Ergebnis der Mitgliederbefragung ist lediglich ein Stimmungsbild. Eine Wahl mittels Befragung wäre statutenwidrig“, sagt Deutsch.
Das verärgert einige Funktionäre, die darin den Versuch sehen, die Mitgliederbefragung zu delegitimieren. Der oberösterreichische Parteichef Lindner wünscht sich daher eine Statutenänderung, damit das Ergebnis der Mitgliederbefragung auch für den Parteitag gelte. Könnte heißen: Wer bei der Befragung siegt, der solle offizieller Kandidat der Bundespartei werden.
Was, wenn es kein deutliches Ergebnis gibt?
Diese Frage wird im Parteivorstand der nächste Zankapfel. Durch die Fülle an Bewerbern ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass kein Bewerber die 50-Prozent Marke überschreitet.
Wie der KURIER aus Parteikreisen erfuhr, soll es auch in diesem Fall weder eine Wiederholung der Abstimmung noch eine Stichwahl geben. Und zwar, weil die SPÖ für einen zweiten Durchgang vor dem Parteitag weder die Zeit noch die finanziellen Mittel aufbringen könne und wolle, heißt es. Aus der Bundespartei wird dazu erneut auf den Charakter der Befragung als „reines Stimmungsbild“ verwiesen. „Es wird keine Verlängerung der Befragung geben.“
In einem ORF-Interview vom 16. März hat Rendi-Wagner allerdings angekündigt, dass sie die Politik verlassen würde, wenn sie bei der Mitgliederbefragung gegen Doskozil verliere. Sie würde nicht im Team ihres Herausforderers mitarbeiten wollen, so die amtierende Parteichefin.
Wer darf bei der Befragung mitstimmen?
Noch nicht ausdiskutiert ist auch die Frage, wer zwischen 24. April und 10. Mai tatsächlich abstimmen kann. Bis zum Stichtag wurden rund 9.000 neue Parteimitglieder registriert – damit wären 147.000 Menschen stimmberechtigt.
Das Problem: Alle neuen Anträge mussten von SPÖ-Mitarbeitern bearbeitet werden, da kam es mancherorts zu einem Rückstau. Der Vize-Vorsitzende der SPÖ Alsergrund in Wien, Nikolaus Kowall – der zuerst selbst kandidierte, dann aber zurückzog –, fordert nun eine Nachfrist für die Registrierung der Neu-Mitglieder.
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