SPÖ-Vorsitz: Männlicher Ansturm auf den Chefsessel
Die Zeit ist abgelaufen. Bis Freitag, 23.59 Uhr konnten sich aktive SPÖ-Parteimitglieder um den Parteivorsitz bewerben. Und offenbar wollten das erstaunlich viele: 73 Menschen möchten SPÖ-Chef oder Chefin werden.
Dass die Frist um ist und die Bewerberzahl veröffentlicht wurde, bedeutet allerdings noch nicht, dass nun Klarheit im turbulenten Rennen um den SPÖ-Vorsitz herrscht. Denn wer sich von den 73 Bewerbern als Kandidat oder Kandidatin auf dem Stimmzettel der Mitgliederbefragung zwischen dem 24. April und dem 10. Mai wiederfinden wird, ist weiterhin offen.
Der oberösterreichische Landesvorsitzende der SPÖ, Michael Lindner, sagte gegenüber den Oberösterreichischen Nachrichten: „Wir werden am Montag im Präsidium das Kandidatenfeld sichten und dann entscheiden, ob wir für eine tatsächliche Kandidatur auf dem Stimmzettel noch Hürden einbauen müssen.“ Diese könnten zum Beispiel eine bestimmte Anzahl an Unterschriften sein, die man sammeln muss, um ins Rennen zu gehen.
Als fix gilt allerdings die Kandidatur von Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner, ihrem erbittertesten Herausforderer, Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und dem bekanntesten Repräsentanten des linken Parteiflügels – dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler.
Bei diesen drei dürfte es sich auch um die einzigen überregional prominenten Kandidaten handeln. Namen nannte die Partei am Samstag nicht.
Erschreckend ist die Geschlechterquote unter den Bewerbern. Von den 73 Interessenten sind nur vier Frauen.
Rechte Show bei Bewerbung
Dass die Abstimmung durch die niedrige Barriere – und dadurch mit etlichen Kandidaten – zur „Farce“ avancieren könnte, wurde schon parteiintern kritisiert (siehe dazu auch S. 5). Genauer: Für das aktive und passive Wahlrecht bei der Abstimmung um den SPÖ-Parteivorsitz wurde lediglich vorausgesetzt, dass man bis Freitag registriertes SPÖ-Mitglied ist.
Das hatte zur Folge, dass es zu teils skurrilen Bewerbungen kam. So wollte sich etwa der rechte Ex-BZÖ Politiker und ehemalige Bundespräsidentschaftskandidat Gerald Grosz als Mitglied registrieren und um den Vorsitz bewerben. Seine Kandidatur wurde von der SPÖ abgelehnt. Aber auch der Rechtsextreme Martin Sellner hatte auf Twitter seine Kandidatur um den SPÖ-Vorsitz angekündigt. Die SPÖ erklärte gegenüber dem KURIER hingegen, dass auch Sellner kein Parteimitglied ist und zudem auch abgelehnt werden würde.
Tausende neue Mitglieder
Das Ringen um die Parteispitzen hat geradezu einen Ansturm auf eine SPÖ-Mitgliedschaft ausgelöst. Wie die Partei am Samstag bekannt gab, verzeichnet sie 9.000 neue Mitglieder. Der Kurzzeitkandidat Nikolaus Kowall – der Wiener Bezirksfunktionär hatte seine Bewerbung zurückgezogen, nachdem sich Andreas Babler ins Rennen gebracht hat – gab auf Twitter bekannt, dass alleine in Wien Alsergrund 750 Personen der SPÖ neu beigetreten sind. Sie alle dürfen wohl an der Mitgliederbefragung teilnehmen. Damit werden 147.000 Personen stimmberechtigt sein. Endgültig wird die Entscheidung, wer den Parteivorsitz übernimmt, aber erst beim Parteitag am 3. Juni getroffen. Am Montag sollen Details geklärt werden.
Die aktuelle Partei-Chefin Rendi-Wagner hatte sich am Samstag per Social-Media-Video zu Wort gemeldet und die Vorgehensweise verteidigt. Sie sieht so die Chance, „Debatten über uns selbst, die uns als Bewegung lähmen“, beenden zu können.
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