Sobotka hält Sanktionen gegen russischen Oligarchen Kantor für "bedauerlich"

Sobotka bewegt Hand während Gespräch
Nationalratspräsident trägt die Sanktionen jedoch "vollinhaltlich mit“. Für Ariel Muzicant, Ex-Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, hat Polen mit Kantor "ein Hühnchen zu rupfen“

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hält die EU-Sanktionen gegen den russischen Oligarchen Moshe Kantor für „bedauerlich“. Er unterstütze aus diesem Grund, „wie alle anderen jüdischen Gemeinschaften, inklusive der ukrainischen“, die Überprüfung der Vorwürfe gegenüber dem früheren Präsidenten des European Jewish Congress (EJC), hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme seines Sprechers am Freitag. Nichtsdestotrotz trage Sobotka die Sanktionen "vollinhaltlich mit“.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) soll laut Informationen des Standard für den von der EU sanktionierten russischen Oligarchen Moshe Kantor interveniert haben. Der ehemalige Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses und Propagandist des russischen Präsidenten Wladimir Putin steht seit April 2022 auf der aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine erstellten Sanktionsliste der EU.

Der 69-jährige Russe leitete über ein Jahrzehnt lang den European Jewish Congress (ECJ). Sobotka solle bei Besuchen in Brüssel mit hochrangigen EU-Politikern über die Personalie gesprochen haben, obwohl er für Sanktionen und Außenpolitik nicht zuständig sei. Ein Sprecher Sobotkas war vorerst für die APA nicht zu erreichen.

Sobotka hält Sanktionen gegen russischen Oligarchen Kantor für "bedauerlich"

Der ehemalige Präsident des European Jewish Congress (ECJ), Moshe Kantor, landete im April 2022 auf der Sanktionsliste der Europäischen Union.

Gegenüber dem "Standard" hieß es, Sobotka tausche sich "regelmäßig mit den unterschiedlichsten Persönlichkeiten über die unterschiedlichsten Themen aus". Und: "Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür, dass diese Gespräche vertraulich sind und auch so behandelt werden."

➤ Sobotka sprach im Video-Interview über sein Rollenbild: "Das tut oftmals weh"

Schallenberg und Edtstadler: Es ist offizielle Regierungslinie, Sanktionen mitzutragen

Die offizielle Regierungslinie Österreichs sei jedenfalls, die Sanktionen gegen Kantor mitzutragen, hieß es aus dem Außenministerium und von Europaministerin Karoline Edtstadler. Weder sie noch Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) hätten "Bemühungen gesetzt, dass einzelne Personen, etwa Moshe Kantor, von diesen Sanktionslisten wieder gestrichen werden". Immerhin habe man die Sanktionen ja auch selbst mitbeschlossen.

Aus dem Umfeld von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hieß es gegenüber der Tageszeitung, er finde die Sanktionierung von Kantor zwar ungerecht, habe sich aber nicht für ein Ende der Maßnahmen starkgemacht. Geschäftsbeziehungen zu Kantor gebe es nicht.

Kurz hatte wenige Wochen nach seinem Rückzug aus der Politik beim Europäischen Rat für Toleranz und Versöhnung (ECTR), der im Jahr 2008 von Kantor gegründet worden war, angedockt. Drei Monate später stellte das ECTR aufgrund der Sanktionen seine Arbeit ein und Kurz legte sein Mandat zurück.

Kultusgemeinde-Präsident Muzicant sieht "enormen Schaden" für jüdische Gemeinschaften

Die jüdischen Gemeinschaften würden "enormen Schaden" nehmen, weil die finanzielle Unterstützung durch Kantor nicht mehr möglich sei, sagte Ariel Muzicant, der von 1998 bis 2012 Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien war und Kantors Nachfolger als Präsident des European Jewish Congress ist.

Er selbst kämpfe jedenfalls gegen Kantors Sanktionierung, in dieser Sache habe er auch mit dem Bundeskanzler und dem Außenminister geredet und das Thema in anderen Ländern angesprochen, so Muzicant. Kantor selbst, der neben der russischen auch die britische und die israelische Staatsbürgerschaft besitzt, bekämpft seine Sanktionierung mit einer Beschwerde beim EU-Gerichtshof.

Kommentare