Sobotka gewählt, viele Proteststimmen an Kopf
Die erste Nationalratsitzung von Türkis-Blau beginnt mit Schlappen für die neuen Nationalpräsidenten: Wolfgang Sobotka (ÖVP) erhält 106 Stimmen, Anneliese Kitzmüller 102 Stimmen. ÖVP und FPÖ verfügen gemeinsam über 113 Mandate. Sebastian Kurz hat seine erste Parlamentsrede als Bundeskanzler gehalten , auf ihn folgt Vizekanzler Heinz-Christian Strache.
Ab 13:00 startet hier der Livestream
Sobotka gewählt, viele Proteststimmen an Kopf
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Damit haben sich alle Klubobmänner zu Wort gemeldet und wir beenden unsere Live-Berichterstattung. Vielen Dank fürs Mitlesen und einen schönen Abend!
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In Europa gäbe es keinen Cent für die Geschädtigten des VW-Skandal, beklagt Kolba - falls Sie sich fragen, was das mit dem Regierungsprogramm zu tun hat: Ich weiß es auch nicht. Er stellt jedenfalls einen Entschließungsantrag, um eine ähnliche rechtliche Lage wie in den Niederlanden zu erreichen.
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"Die Giftzähne sind noch gar nicht auf dem Tisch", glaubt Kolba, im Regierungsprogramm stehe ständig, was alles evaluiert werden soll. Die werden nach den Landtagswahlen sichtbar werden, glaubt er.
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"Die Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft werden von Ihnen unter Generalverdacht gestellt", sagt Kolba.
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Die Machtfülle für eine Partei im Innen- und Verteidigungsministerium, die sich vom rechten Rand nicht abgrenzen könne, findet Kolba besonders problematisch.
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Als letzter im Reigen der Klubobmänner (keine Frauen) ist Peter Kolba (Liste Pilz) am Wort. Freuen über die Regierung können sich vor allem die Spender der Regierung Kurz, sagt der. Man sage jenen, die jetzt Studiengebühren zahlen müssen, dass sie sich am besten Eigentum anschaffen sollen.
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Rosenkranz verteidigt Programm
Wenn die Opposition ein "Retro-Programm" sieht, findet Rosenkranz: Wenn der Weg im Gebirge der falsche sei, dann muss man manchmal auch umkehren.
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Rosenkranz beschwert sich über Opposition
Walter Rosenkranz, neuer geschäftsführender Klubobmann der FPÖ, weist den Vorwurf der sozialen Kälte zurück. Wenn die SPÖ und andere Kritiker der Bundesregierung nun feststellen würden, dass es kälter in Österreich werde, "dann kann das höchstens an der Jahreszeit liegen".
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Halleluja, Pensionen
Eine große Enttäuschung sei das Regierungsprogramm auch beim Thema Pensionen, findet Strolz. "Halleluja, Pensionen", leitet der Neos-Obmann seine Vorwürfe ein. "Es gab einmal einen mutigen JVP-Chef", sagt er in Richtung von Kanzler Kurz. Aber die nicht Wahlberechtigten, sprich die Jugendlichen und Kinder, würden sträflich vernachlässigt werden und später einmal die Zeche zahlen müssen. Kritik übt Strolz auch an Ex-Rechnungshofpräsident Moser.
Eher ungläubig sieht Strolz den offiziellen EU-Kurs der neuen Regierung. Dass die deutsche AfD etwa Hoffnungen in die FPÖ-Regierungsbeteiligung setze, sei ein schlechtes Zeichen.
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Neos-Chef: Sie tun nichts für die Chancengerechtigkeit
Das Parlament werde "sehr wachsam sein", kündigt Matthias Strolz an. Besonders sorgenvoll sehe er das Thema Bildung. Er appelliert an Minister Heinz Faßmann, denn die Bildung sei der Schlüssel zur Selbstermächtigung der Menschen. Es laufe in Österreich aber nicht gut genug, und das Regierungsprogramm sei uninspiriert.
"Wo wird die Chancengerechtigkeit auf ein höheres Niveau gebracht", fragt Strolz verärgert.
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Falls Sie sich fragen, warum es keinen ÖVP-Abgeordneten mit Videostatement gibt: Die reden heute alle nicht so gerne.
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Strolz: Regierungsprogramm "eine Enttäuschung
Bei 180 Seiten Prosa finde sich auch Gutes, meint der Neos-Chef zum Regierungsprogramm von ÖVP-FPÖ. Insgesamt sei es aber "eine Enttäuschung". Dem Vorarlberger fehlen die mutigen Ansagen. Viele Pläne der Regierung seien nicht ambitioniert und unverbindlich.
Es gebe zu wenige Zeitleisten, da äußert Strolz Zweifel an der Umsetzbarkeit.
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Gesundheitssystem im Umbruch
ÖVP-Klubobmann Wöginger wärmt sich schon einmal für die nächsten Jahre als Fürsprecher der Regierung auf. 20 Jahre lang sei im Gesundheitssystem nichts an Reformen gegangen, nun sei es so weit.
Der SPÖ richtet er außerdem aus, der 12-Stunden-Tag sei nicht Standard, sondern der 8-Stunden-Tag bleibe aufrecht. Die Flexibilisierung der Arbeitszeit sei auch im Sinne der Arbeitnehmer - wegen der Arbeitsplätze, bezahlter Überstunden und der Freizeitgestaltung.
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Neos-Abgeordnete Claudia Gamon sieht die Wahl als Zeichen dafür, "dass wir nicht alle nach der Pfeife des Bundeskanzlers tanzen".
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Die dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller mit einer ersten Reaktion auf ihre Wahl:
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Woraufhin er die Rede beendet. Es folgt ÖVP-Klubobmann Wöginger.
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Dass der FPÖ der Zugang zu allen Geheimdiensten gewährt wurde, wird von der Regierung bleiben, beklagt Kern - woraufhin ihn Sobotka darauf hinweist, dass seine Redezeit vorbei ist.
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In Sachen EU-Politik beklagt er, dass sie FPÖ nicht aus ihrer europafeindlichen Fraktion ausgetreten sei - auch wenn er das Bekenntnis zu Europa positiv findet.
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Kern beklagt, dass es keine Leuchttürme gibt - wie geht es weiter mit der Arbeit? Wie mit dem Steuersystem? Wie mit dem Kliamwandel? Auf all das gäbe es keine Antworten. "Ihre Leuchttürme bestehen aus einem Berg leerer Zigarettenschachteln", sagt Kern, was auch immer er damit sagen will.
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Die Regierung plane bei den Menschen zu sparen und nicht im System, sagt Kern.
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Es passiere eine Politik, die einen Rückschritt in die ferne Vergangenheit bedeute. Die Regierung sei als Tiger losgesprungen und als Bettvorleger geendet.
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Dass der Verband der Zinshausbesitzer in Jubel ausgebrochen sei, das sei bedenklich - die Mieten werden weiter steigen.
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"Was sagen Sie den Menschen, die um vier Uhr in der Früh aufstehen und nach Wien pendeln und jetzt dann zwölf Stunden arbeiten müssen, ohne dass sie dafür etwas bekommen?", fragt Kern Richtung Regierungsbank.
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Kern halte es für bemerkenswert, dass man jene Menschen, denen man Arbeitslosengeld kürze, auch noch zu arbeiten verpflichten wolle. Er sei eine Politik, die sich "gegen die Armen, nicht gegen die Armut" richte.
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Kerns Eindruck sei, dass wir einen Wahlkampf und eine Regierung erleben, wo im Rekordtempo Versprechen verworfen werden. Die Wähler der FPÖ seien verraten worden, die Politik der neuen Regierung sei für die Großspender des Herrn Kurz gemacht.
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Er gibt Kurz recht: Das Programm hat keine Überraschungen. Und Strache auch: Er habe nicht hundert Prozent erreicht.
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Er glaube, dass die Regierung erst nach den Landtagswahlen 2018 mit der ganzen Wahrheit herausrücken werde - so wie das auch in Oberösterreich passiert sei.
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Persönliche Worte von Strache an Kurz
Es sei nicht die Frage des Alters, sondern der persönlichen Reife. Kurz sei ein junger Mann, der "gewissenhaft und fleißig arbeitet". Der ÖVP-Chef habe in seiner Art und Weise gezeigt hat, dass es ihm ernst ist. Das verdiene Respekt. Der FPÖ-Chef wünscht ihm alles Gute, dann Handshake zwischen Strache und Kurz.
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Von einem "türkisen Weihrauch" spricht der Mann, der vergangene Woche noch Kanzler war, Christian Kern, nunmehr Oppositionschef.
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Strache begrüßt sein Team
Lob für Kneissl, Kickl und Co. Der Vizekanzler betont vor allem die fachliche Kompetenz seiner Regierungsmitglieder.
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Durchaus Unterschiede zwischen FPÖ und ÖVP bei Europa
Strache spricht über die "Weiterentwicklung der Europäischen Union". Mit der ÖVP kann man sich offenbar auf den gemeinsamen Nenner einigen: "Weniger, dafür effizienter". Die FPÖ sei für das Vereinigte Europa, man übe aber "da und dort Kritik", auch gebe es zu viel Zentralismus.
Der Vizekanzler gibt zu, dass es zwischen FPÖ und ÖVP bei gewissen EU-Themen unterschiedliche Meinungen gibt. Strache sieht die Unterschiede aber nicht als gravierend an.
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Strache betont seine Zuständigkeit für Sport
Spitzensportler sollen die nötigen Förderungen bekommen, auch Randsportarten untestützt werden.
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Kein österreichischer Bürger soll vom Passivrauch belästigt werden
Zugleich pocht Vizekanzler Strache auf die Freiheit des Einzelnen. Niemand werde gezwungen, in ein Raucherlokal zu gehen. Die neue Regelung, dass Rauchen in Gaststätten erlaubt bleibt, sei der "Zugang einer freien Gesellschaft".
Klingt ein wenig nach der gesundheitspolitischen Quadratur des Kreises.
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Direkte Demokratie
Obwohl die FPÖ sich hier nicht durchgesetzt hat, tröstet Strache sich damit, dass die Schritte bis 2022 eingeleitet worden seien.
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Strache: Geringverdienern helfen
Diese würden durch Türkis-Blau steuerlich entlastet werden. Und auch die Familien sollen wie bereits bekannt einen Bonus erhalten.
In den vergangenen Jahren - also unter Rot-Schwarz - habe es keine Entlastungen, sondern immer nur Steuererhöhungen gegeben. Für einen Moment schlüpft Strache wieder in die bewährte Rolle des Oppositionspolitkers.
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Auch er spricht das Ziel an, die Steuerquote auf 40 Prozent zu senken und gleichzeitig die Schuldenquote zu senken.
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Wenig überraschend widmet Strache weite Teile seiner Rede dem Thema Migration.
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Die Exekutive habe bislang nicht den entsprechenden politischen Rückhalt bekommen, sagt Strache. Er will die Grenzen schützen - zunächst die EU-Außengrenze und wenn das nicht gelingt, dann die nationalen Grenzen.
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Strache bedauert, dass es keine Volksabstimmung zu CETA geben wird, das wäre eine rote Linie für die ÖVP gewesen. Und die Regierungsbeteiligung sei ihm wichtiger gewesen.
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Gegenseitige Wertschätzung zwischen Partnern sei ihm sehr wichtig, sagt Strache - er will nur intern streiten.
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Jede Kritik sei willkommen, das Regierungsprogramm stehe unter dem Motto zusammenführen.
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Er weiß, dass nicht alles umzusetzen sein wird in einer Koalition. Es wird viele kleine Schritte brauchen, damit man am Gipfel ankommt.
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Das Wahlergebnis habe gezeigt: Die Österreicher wollen Veränderung, sagt Strache. Er bedankt sich für das Vertrauen und will ihm gerecht werden.
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Damit endet die Rede des neuen Bundeskanzlers. Jetzt ist Vizekanzler Strache am Wort.
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Der Hausverstand ist ab sofort nicht mehr nur Billa-Testimonial, sondern auch ein Wert der neuen Regierung, der "gesunde Hausverstand" nämlich, sagt Kurz.
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"Wir müssen es schaffen, am System zu sparen", sagt Kurz. Nur so könne den Menschen mehr Geld bleiben.
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Anstand soll der zweite Wert sein, auf den die Regierung baut. Das bedeute "mit geliehener Macht gut umzugehen", sagt Kurz. Man dürfe sich seine Entscheidungen nicht leicht machen.
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Das Bekenntnis zum neuen Stil: Respekt, Anstand und Hausverstand seien die wichtigsten Werte. Als er Staatssekretär wurde, wollte er seine eigenen Ideen umsetzen und nicht andere anpatzen. Es sei die Aufgabe und Pflicht der Opposition, zu kritisieren. Aber die Opposition müsse respektieren, dass das Regierungsprogramm widerspiegle, was die beiden Regierungsparteien im Wahlkampf gefordert hatten.
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Diese Regierung wird eine pro-europäische sein, sagt Kurz - er ist bereits gestern nach Brüssel gereist, in der zweiten Jahreshälfte steht die Ratspräsidentschaft an. Während des Ratsvorsitzes will Kurz entscheiden, wer nach Europa darf, und "nicht die Schlepper".
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Kurz weist auf das Gedenkjahr 2018 hin, das Gedenken an "die schrecklichen Ereignisse" des Jahres 1938. Es sei ihm bewusst geworden, dass er Teil der letzten Generation ist, die noch mit Zeitzeugen sprechen kann - der Kampf gegen Antisemitismus sei eine wichtige Aufgabe für die Regierung.
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