Häupl kritisiert "lupenreinen Sozialabbau"

Wiener Bürgermeister Michael Häupl
Der Wiener Bürgermeister befürchtet durch das neue Regierungsprogramm einen Anstieg von Obdachlosigkeit und Kriminalität in den Städten.

Nach Ansicht des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl (SPÖ) plant die neue ÖVP-FPÖ-Bundesregierung einen "lupenreinen Sozialabbau". Man spare bei den "Ärmsten der Armen", gleichzeitig gebe es Steuererleichterungen für die großen Unternehmen und Millionäre, kritisierte er am Dienstag im Gespräch mit Journalisten. Widerstand kündigte der Stadtchef etwa im Bereich Mieten oder Mindestsicherung an.

Bei letzterer werde etwa das Modell aus Oberösterreich nahezu übernommen - mit Nachteilen für anerkannte Flüchtlinge. Wien prüfe ein rechtliches Vorgehen, bekräftigte er: "Weil viele Verfassungsjuristen der Auffassung sind, dass eine Lösung, die auf eine Ungleichheit hinausläuft zwischen Mindestsicherungsbeziehern mit österreichischer Staatsbürgerschaft und Mindestsicherungsbeziehern mit positiven Asylbescheid, verfassungswidrig ist."

Wien als Gegenpol

Der Sozialabbau störe einen Sozialdemokraten in ganz besonderem Ausmaß, beteuerte er. "Wir haben in Wien die gegenteilige Politik gemacht, nämlich ein neues Sozialhilfegesetz zu beschließen, das darauf abstellt, Leute aus dem Bezug der bedarfsorientierten Mindestsicherung heraus- und wieder auf den Arbeitsmarkt zurückzubekommen. Das ist die Art und Weise, wie man sie von den Wiener Sozialdemokraten kennt."

Häupl vermisst laut eigenen Angaben konkrete Vorschläge in Sachen Asylpolitik, um die europäischen Außengrenzen zu schützen und einen geordneten Zuzug zu ermöglichen. "Auch wir wollen wissen, wer zu uns kommt. Was jetzt da so von Schwarz-Blau vorgeschlagen wird, ist, möglichst viele Menschen, die um Hilfe gesucht haben, wieder loszuwerden." Werde die Grundversorgung komplett gestrichen, befeuere dies Obdachlosigkeit und Kriminalität: "Nicht nur in Wien, in den Städten insgesamt." Dies werde sich nicht sofort, sondern in zwei, drei Jahren zeigen.

Gegen Einkommens-Checks für Mieter

Widerstand aus Wien ist auch bei den Einkommens-Checks für Mieter im Sozialen Wohnbau zu erwarten, wie Häupl durchblicken ließ. "Gott sei Dank" könne das die Bundesregierung nicht alleine entscheiden. Aber: "Man kann uns natürlich vieles erschweren." Geplant ist laut Regierungsübereinkommen, dass Mieter in geförderten Wohnungen mehr für ihre Bleibe zahlen müssen, sobald sie mehr verdienen.

Dass bei den Steuererleichterungen von einem Volumen von 14 Mrd. Euro die Rede war, erstaunt den Stadtchef. Denn noch sei völlig offen, wie dies gegenfinanziert werden solle. Häupl zeigte sich amüsiert darüber, dass der ehemalige Rechnungshofpräsident und nunmehrige Justizminister Josef Moser davon ausgehe, dass dies "machbar" sei. Dieser habe als RH-Präsident auch den Ratschlag erteilt, im Wiener Gesundheitssystem 600 Mio. Euro einzusparen. Dabei würden die Gesamtausgaben bei 1,2 Mrd. Euro liegen. "Die Hälfte meint er, könnte man einsparen. Das gelingt natürlich, wenn in jedem Spital kein Patient mehr ist, dann ist es denkmöglich, wobei ich mir sogar da nicht ganz sicher bin."

Kritik übte Häupl auch am Wunsch des scheidenden Vizebürgermeisters Johann Gudenus (FPÖ), Asylquartiere am "Stadtrand" einzurichten. "Bei den ungefähr 13.000 Flüchtlingen, die wir derzeit in Wien in Privatquartieren haben, da möchte ich wissen, wo die 150 Flüchtlingsquartiere oder Flüchtlingshäuser hinkommen", sagte Häupl. Und fügte süffisant hinzu: "Vielleicht in die Sisi-Villa im Lainzer Tiergarten."

ÖVP habe sich "abräumen" lassen

Mit Hohn kommentierte Häupl auch die Ressortverteilung. Die ÖVP habe sich von der FPÖ "abräumen" lassen: "Bei dem Unterschied im Wahlergebnis zwischen ÖVP und FPÖ ist es mir ein Rätsel, dass man alle Sicherheitsministerien der FPÖ übergibt - und auch noch das Außenministerium." Merkwürdig ist laut Häupl auch, dass die Europasektion ins Kanzleramt wandert. Dies alles müsse die ÖVP aber selbst intern mit sich ausmachen. "Ob sich die Landeshauptleutekollegen freuen, das weiß ich nicht", sagte Häupl. Gehört habe er aus den ÖVP-geführten Ländern diesbezüglich jedenfalls noch nichts, verriet er.

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