Mitterlehner: Lopatka nicht um Rücktritt gebeten

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner anlässlich des Ministerrates
Die ÖVP-Regierungsmitglieder spielten am Rande des Ministerrats die Differenzen zwischen Parteichef Mitterlehner und Klubchef Lopatka herunter.

Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner war am Dienstag nach dem Machtkampf mit ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka um Beruhigung bemüht. Von einem "Streit" in der ÖVP wollte Mitterlehner nach dem Ministerrat nicht reden, es sei vielmehr um die "Abklärung der Vorgangsweise" gegangen, so der ÖVP-Chef.

Mitterlehner erklärte vor Journalisten, dass er nicht damit einverstanden gewesen sei, dass Lopatka seine Wahlpräferenz für den FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer vorher nicht mit ihm abgesprochen habe. "Wenn ich Parteiobmann bin, müssen solche Aussagen mit mir abgestimmt werden", so Mitterlehner. Sonst sei dies als "Querschuss" zu werten. Darüber habe er mit Lopatka gesprochen, die Angelegenheit sei damit geklärt. Um seinen Rücktritt habe er den Klubchef nicht gebeten, so der Parteichef.

"Eine Partei ist keine Freundschaftsgruppe"

Dass es in der ÖVP punkto Bundespräsidentenwahl verschiedene Meinungen und Präferenzen für Alexander Van der Bellen und für Hofer gebe, sei völlig in Ordnung und nachvollziehbar. Zum aktuellen Klima in der Volkspartei meinte Mitterlehner: "Eine Partei ist keine Freundschaftsgruppe, sondern eine Interessensgruppe."

ÖVP-Klubobmann Lopatka ging Fragen zur Causa beim Ministerrat aus dem Weg und zeigte sich den Journalisten nicht. Außenminister Sebastian Kurz, der bereits als Nachfolger Mitterlehners und ÖVP-Spitzenkandidat bei der nächsten Nationalratswahl gehandelt wird, wollte die aktuellen Diskussionen in der Partei nicht kommentieren. "Gar nix, gar nix", wolle er dazu sagen, so Kurz am Dienstag auf Journalistenfragen.

Sobotka: "Wo gab's einen Streit?"

Die schwarzen Regierungsmitglieder stellen nach dem Disput zwischen Parteiobmann Reinhold Mitterlehner und Klubchef Reinhold Lopatka einen Konflikt in der ÖVP in Abrede: "Wo gab's einen Streit?", reagierte Innenminister Wolfgang Sobotka am Dienstag vor dem Ministerrat auf Journalistenfragen. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder hofft auf eine "reibungslose" Parlamentsarbeit trotz der Querelen.

Mitterlehner: Lopatka nicht um Rücktritt gebeten
ABD0012_20161129 - WIEN - ÖSTERREICH: ÖVP Innenminister Wolfgang Sobotka anl. des Ministerrates am Dienstag, 29.November 2016, im Bundeskanzleramt in Wien. - FOTO: APA/HERBERT PFARRHOFER
Es handle sich um eine "thematische, inhaltliche" Diskussion, spielte Sobotka den Streit herunter. Einen Flügelkampf in der ÖVP sieht er dementsprechend auch nicht. Mitterlehner hatte Lopatka nach dessen medial geäußerter Präferenz für den blauen Hofburgkandidaten Norbert Hofer "Illoyalität" vorgeworfen und ihn zum Rapport bestellt. Mitterlehner hatte freilich selbst kundgetan, wohl Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen zu wählen.

Wahlempfehlung nur fürs "Christkind"

Auch Familienministerin Sophie Karmasin hatte sich für Van der Bellen ausgesprochen. Dass hier mit zweierlei Maß gemessen werde, sieht sie aber nicht so: Es handle sich um "keine Wahlempfehlung, sondern meine persönliche Meinung". Es habe gestern "gute Gespräche" gegeben, meinte sie zum Konflikt zwischen Mitterlehner und Lopatka.

Sobotka wollte am Dienstag keine Wahlempfehlung abgeben und auch nicht verraten, wen er wählt. Ähnlich auskunftsfreudig reagierte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter auf die Frage, wen er wählen wird: "Das Christkind." Es gebe in der ÖVP keinen Streit, betonte auch er.

SP-Klubchef hofft auf "reibungslose" Arbeit

Etwas anders sieht das SPÖ-Klubchef Schieder - er unterstrich aber vor Journalisten, dass er "zu Inner-ÖVP-Konflikten nix sagen kann, will und auch nix sagen braucht". Er brauche als Klubobmann einen Ansprechpartner und das sei der Klubobmann, meinte Schieder. "Man kann sich das nicht aussuchen, wer Klubobmann ist", machte er aber auch kein Geheimnis daraus, dass die Zusammenarbeit aus seiner Sicht manchmal etwas kompliziert sein dürfte.

Sein Ziel und Wunsch sei es, dass man nun im Parlament in den Ausschüssen die Vorhaben der Regierung wie den Ganztagsschul-Ausbau und den neuen Finanzausgleich "reibungslos" bearbeite. Er hoffe, dass man nun wieder in einen Rhythmus komme, wo nicht ein Klub blockiere. Dem Vernehmen nach gestaltet sich derzeit die Erstellung der Tagesordnungen für die Ausschüsse schwierig, weil die ÖVP auf Nachbesserungen beim Nachlass von Sozialversicherungsbeiträgen der Bauern besteht und dies mit dem Schulpaket junktimiere, wie es von roter Seite heißt.

Laut SPÖ-Regierungskoordinator Thomas Drozda haben die Debatten in der ÖVP keine Auswirkungen auf die Regierungsarbeit. "Ich habe heute zweimal mit dem Herrn Vizekanzler und viermal mit dem Herrn Klubobmann gesprochen, und ich habe keine Schockwellen mitbekommen", sagte Drozda nach dem Ministerrat.

Länder bekommen Krankenkosten weiter ersetzt

Ser heutige Ministerrat hat aber auch gute Nachrichten für die Bundesländer gebracht. Obwohl man sich auf keine Bund/Länder-Vereinbarung zur Mindestsicherung verständigen konnte, erhalten die Länder weiter einen Kostenersatz für die Krankenversicherung der Bezieher.

Dabei handelte es sich um 59 Millionen Euro, die für das kommende Jahr als Richtwert festgeschrieben werden. In etwa die selbe Summe werden die Länder auch selbst aufwenden müssen. Das Geld des Bundes fließt formal aus dem Gesundheitsbudget, wird aber vom Sozialministerium ersetzt.

Dass die Länder trotz der Verweigerung einer neuen 15a-Vereinbarung weiter die Mittel bekommen, wird im Sozialressort damit begründete, dass man so eine entsprechende medizinische Versorgung der Mindestsicherungsbezieher absichern wolle.

Der Kostenersatz war lange das einzige Druckmittel des Bundes zum Abschluss eines erneuerten Bund/Länder-Vertrags, half letztlich aber sichtlich auch nicht weiter. Denn auch die SPÖ-regierten Länder wie Wien, die gemeinsam mit dem Sozialminister auf eine neue 15a-Regelung drängten, wollen nicht auf das Geld des Bundes verzichten.

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