Mitterlehner fühlt sich von Lopatka hintergangen

ÖVP-Chef Mitterlehner (li.) hatte mit Klubchef Lopatka mehrfach seine liebe Not
Nach seiner intern umstrittenen Wahl-Empfehlung für Norbert Hofer muss der Klubchef Reinhold Lopatka heute zum Rapport.

Reinhold Mitterlehner reicht’s. Allerdings nicht – wie weiland Vorgänger Wilhelm Molterer – mit dem Koalitionspartner, sondern pikanterweise mit dem eigenen Klubobmann im Parlament, mit Reinhold Lopatka.

Nachdem der Oststeirer in der Krone zuletzt ausnehmend deutliche Sympathien für den freiheitlichen Hofburg-Kandidaten Norbert Hofer hat erkennen lassen, will ihn der ÖVP-Parteichef heute, Montag, zu einem klärenden "Vier-Augen-Gespräch mit offenem Ausgang" treffen (kurier.at berichtete).

Lopatkas Verhalten sei ein "klarer Fall von Illoyalität", klagte Mitterlehner in den Oberösterreichischen Nachrichten. Lopatka nütze der Volkspartei mit seinem Verhalten absolut nicht.

Bereits Freitagabend hatte Mitterlehner im kleinen Kreis moniert, dass Lopatka ohne Not und Vorankündigung eine Wahl-Empfehlung für Hofer abgebe. Offizielle Parteilinie für den Präsidentschaftswahlkampf ist nach dem Ausscheiden des ÖVP-Kandidaten Andreas Khol, dass es keine Wahlempfehlung der Partei gebe. Mitterlehner selbst hatte aber zuletzt Sympathie für Alexander Van der Bellen anklingen lassen.

Wunsch-Kandidat Mitterlehners schlecht gemacht

Was den Vizekanzler dabei fast noch mehr magerlt als die eigentliche Wahlempfehlung ist, dass Lopatka die Gelegenheit im Boulevard dafür genutzt hat, um deutliche Kritik an Alexander Van der Bellen loszuwerden.

"Hofer unabgesprochen zu bewerben, das ist das eine Problem. Den dezidierten Wunsch-Kandidaten des Parteichefs aber gleichzeitig auch noch schlecht zu machen, das ist eigentlich ein doppeltes Foul", sagte ein ÖVP-Insider Sonntagabend zum KURIER.

Zum Artikel: Wer außer Lopatka noch Hofer unterstützt

Der letzte Tropfen

Für Beobachter in der Volkspartei ist der jüngste Disput lediglich der viel zitierte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Bereits bei früheren Gelegenheiten wie beispielsweise der Kür des Rechnungshofpräsidenten habe Lopatka, so die Sicht von Mitterlehner, weidlich bewiesen, dass er sich weniger um die Nöte und Bedürfnisse des Parteichefs und mehr um sein eigenes Fortkommen kümmere.

Ob Mitterlehner seinem Klubobmann heute allenfalls sogar den Rücktritt nahe legen will, das konnte man in der Führungsriege der ÖVP gestern Abend nicht bestätigen – aber auch nicht gänzlich ausschließen.

Über Gebühr enttäuscht

Mitterlehner fühlt sich jedenfalls böse hintergangen und ist über Gebühr enttäuscht, heißt es.

Eine Ablöse des schwarzen Klubobmannes wäre technisch gesehen jedenfalls schwierig. Im Parlament wird der Klubchef von der Mehrheit der Mandatare des Klubs für die gesamte Legislaturperiode gewählt (siehe unten). Und ob sich diese mehrheitlich gegen ihren Chef wenden werden, das war zunächst völlig unabsehbar.

Ein ÖVP-Klubobmann kann nicht abgewählt werden. Weil der schwarze Klub bei der Wahl von Klubfunktionen sinngemäß die Geschäftsordnung des Nationalrats anwendet, ist der Klubobmann für die gesamte Legislaturperiode gewählt, erklärte Parlamentsexperte Werner Zögernitz.

Stimmberechtigt, wenn es um die Klubfunktionen der Volkspartei geht, sind alle Mitglieder des Klubs - also nicht nur die Nationalratsmandatare, sondern auch die Bundesratsabgeordneten und die EU-Abgeordneten. Für die Wahl des Klubobmanns reicht eine einfache Mehrheit.

Selbst wenn sich der Großteil der ÖVP-Abgeordneten im aktuellen Kräftemessen mit Parteichef Reinhold Mitterlehner gegen Klubchef Reinhold Lopatka stellen würde, können sie rein formal keine Ablöse in die Wege leiten. Denn eine Abwahl des Klubobmannes ist schlicht nicht möglich. Statt eigens erstellter Regeln wendet der schwarze Klub laut Zögernitz nämlich die Bestimmungen zur Wahl der Nationalratspräsidenten an. "Alle Wahlen gelten für die ganze Gesetzgebungsperiode", heißt es dabei in der Geschäftsordnung in Paragraf 5 ("Wahl der Präsidenten").

In einem ähnlich gelagerten Fall - im Rahmen des Parteiobmannwechsels von Alois Mock zu Josef Riegler in den späten 1980er-Jahren tauchte auch die Frage des Klubobmanns auf - habe man dies bereits klargestellt, betonte Zögernitz. Ein Wechsel des Klubchefs während einer Gesetzgebungsperiode ist bei der Volkspartei also nur möglich, wenn dieser von sich aus als Klubobmann zurücktritt - zum Beispiel auch auf Druck seiner Abgeordneten.

Mit deutlicher Kritik an ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka hat sich am Montag der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zur Wort gemeldet. Dass dieser dem Parteichef, ohne ihn zu informieren, etwas über die Medien ausrichte, sei "unverständlich".

Bei der Pressekonferenz zum Thema ländlicher Raum erklärte Platter auf entsprechende Nachfragen zum Vorgehen des Klubobmanns: "Das war nicht in Ordnung. So kann man nicht Politik machen."

Bedauert wurde die öffentliche Auseinandersetzung zwischen Parteichef Reinhold Mitterlehner und seinem Klubobmann von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter. Man hätte die Diskussion auch intern machen können.

Eine Wahlempfehlung oder ein Bekenntnis, wen man selbst zu wählen gedenkt, gab es von Platter und Rupprechter eben so wenig wie von Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer. Letzterer betonte, die Bürger seien mündig genug, selbst zu entscheiden.

Strache kritisiert "Maulkorberlass"

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ortet einen "Maulkorberlass", den es in der ÖVP für Wahlempfehlungen für Norbert Hofer setze. Auf seiner Facebook-Seite sprach er am Montag von einem "demokratiepolitischen Skandal" und springt ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka zur Seite.

Lopatka "darf nicht einmal äußern", dass er FPÖ-Bundespräsidentenkandidat Hofer für den besseren Präsidentschaftskandidaten hält, kritisierte Strache. Laut seinen Angaben hätten auch andere "hochrangige ÖVP-Vertreter" geplant, sich im Lauf der Woche "positiv in Richtung Norbert Hofer" zu äußern. "Es handelt sich hier anscheinend um einen Einschüchterungsversuch von Noch-ÖVP-Parteichef (Reinhold, Anm.) Mitterlehner", stellte der FPÖ-Obmann fest. An alle Bürger und ÖVP- sowie auch SPÖ-Funktionäre gerichtet schreibt Strache: "Lasst euch von Eurer Parteispitze nicht bevormunden und nichts vorschreiben, lasst euch das nicht gefallen!"

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