Wer spart schon Energie? Wie sieht es in Unternehmen und bei privaten Verbrauchern aus? Und was macht die Regierung?
Die Lage in Handel und Industrie: Hausverstand einschalten und dabei die Stromkosten senken, so das Motto, das derzeit viele Unternehmer ausrufen. Unter anderem in den Filialen der Fussl-Modestraße. Firmenchef Ernst Mayr hat gerade ein Rundmail an seine Filialmitarbeiter ausgeschickt und zum Energiesparen aufgerufen. „Wir müssen unsere Komfortzone verlassen, die Klimaanlage später einschalten und im Winter wohl nicht mehr mit kurzen Ärmeln im Geschäft stehen“, sagt der Unternehmer. Große Würfe, wie die Umstellung auf Fotovoltaik bei allen Standorten würden nun mal nicht von einem Tag auf den anderen gelingen – schon allein weil dazu die Fachkräfte fehlen.
Auch andere Handelsketten arbeiten daran, energieautark zu werden. Unter anderem die Billa-Mutter Rewe, die derzeit bei rund 130 autarken Filialen hält und auf einen kontinuierlichen Ausbau in den nächsten Jahren setzt. Zudem laufen bei Billa derzeit erste Monitoringverfahren, die den Stromverbrauch in den Märkten optimieren sollen. Mitarbeiter an den Backöfen werden etwa geschult, wie das Brot und Gebäck mit möglichst wenig Energie-Einsatz aufgebacken wird, erläutert ein Sprecher des Unternehmens.
Ganz ähnlich sieht das Bild beim heimischen Ziegelkonzern Wienerberger aus. Man habe die Energieeffizienz schon länger am Tablet, heißt es aus dem Unternehmen. Im oberösterreichischen Uttendorf hat Wienerberger bereits eine Fotovoltaik-Anlage in Kooperation mit Wien Energie installiert. Auch auf den anderen sechs Werksstandorten wird es Fotovoltaik-Anlagen geben – die Installation soll jetzt forciert werden, heißt es aus dem Unternehmen.
Ebenfalls in Uttendorf hat der Konzern die laut Angaben des Unternehmens erste industrielle Hochtemperatur-Wärmepumpe im Einsatz, die das Austrian Institute of Technology (AIT) entwickelt hat. Die Energieeffizienz könne damit um bis zu 80 Prozent gesteigert und CO2-Emissionen um bis zu 75 Prozent reduziert werden. Auch die Sensibilisierung des Personals auf das Thema Energiesparen ist ein Faktor. Wienerberger hat ein „Team Green“ ins Leben gerufen, im Oktober wird es einen firmeninternen Klimatag geben.
Energiesparen bei Privatverbrauchern: Das Thema Energie und Gas sparen ist bei den Menschen angekommen. Raus aus Gas und weniger Strom ist ein Thema. Etwa beim Heizen. Wer kann, (re)aktiviert seinen Holz- oder Kachelofen. Das Brennholz in Baumärkten ist knapp oder aus. Vor allem deshalb, weil es aus dem Ausland importiert wird. Bei Obi wird man um Wochen vertröstet; seit Monaten sei das Brennholz nicht eingelangt, weil Lieferketten unterbrochen seien.Der burgenländische Holzlieferant Franz Ochs weist genau auf diesen Umstand hin. Nämlich, dass man sich auch beim Brennholz von ausländischen Lieferanten abhängig gemacht habe – jetzt gebe es etwa am Balkan schon ein Exportverbot für Holz.
Und auch aus Polen und Tschechien komme das Holz derzeit nicht. „Bei mir sind seit Mittwoch die Anfragen für Brennholz explodiert“, schildert er. Das war, als die Kunde vom möglichen Ende der Gaslieferungen die Runde machte. Er selbst habe darauf geachtet, ausschließlich Holz aus Österreich zu verkaufen: „Wir können uns mit Sicherheit autonom mit Holz versorgen.“ Der Preis fürs Holz sei stabiler, aber dennoch um 25 Prozent gestiegen. Wegen der bei der Produktion und Lieferung gestiegenen Kosten.
Dass die Privatkunden sparen, merkt auch die EVN. Signifikant beim Strom, wo der Verbrauch im Mai im Vergleich zum Vorjahr trotz vieler zurückgekehrter Kunden um 9,5 Prozent gesunken sei, im Juni um sieben. Mit anhaltender Tendenz, so EVN-Sprecher Stefan Zach: „Das deutet auf einen bewussteren Verbrauch hin.“ Das belegen auch die Gespräche beim seit Monaten überlasteten Servicetelefon: Längere Gespräche über Wechsel in Fernwärme oder Fotovoltaik, über Tarife und Beratung, wie der Verbrauch reduziert werden könne.
Einen Engpass gibt es auch bei Notstromaggregaten. Die Firma Steiner in Purgstall in Niederösterreich etwa registriert seit Monaten eine massiv gestiegene Nachfrage. Deshalb sei auch in großer Menge nachbestellt worden. Derzeitige Lieferdauer: vier Wochen. In Online-Shops in diversen Bauhäusern ist die Lieferzeit unterschiedlich – viele sind ausverkauft. Kleine Geräte gibt es in wenigen Tagen, andere aber erst in mehreren Wochen.
Wie macht es die Regierung? Konkrete Pläne und klare Ansagen: Was in Deutschland schon Realität ist, lässt bei uns auf sich warten. Der Deutsche Bundestag und einige Landtage rufen nicht nur regelmäßig zum Energiesparen auf, sondern handeln auch selbst. Im Winter sollen die Büroräume für Abgeordnete des Bundestages, ihre Mitarbeiter und die Bundesverwaltung nur noch auf 20 statt den bisherigen 22 Grad erwärmt werden. Im Sommer sollen die Klimaanlage in den Innenräumen lediglich auf 26-28 Grad kühlen und nicht wie bisher auf 24-26 Grad.
Und in Österreich? Auf KURIER-Anfrage heißt es aus dem Bundeskanzleramt, dass man etwa auf LED-Leuchtmittel sowie Bewegungssensoren setze. Die Serverraumkühlung wurde modernisiert. Ob auch bei Klimaanlagen eingespart wird, konnte man nicht beantworten. Im Parlamentsausweichquartier kommen ebenfalls LED-Leuchten und Bewegungssensoren zum Einsatz. Bei Klimaanlagen und Beleuchtung habe man wegen der angespannten Situation noch einmal „nachgeschärft“. Im neu sanierten Parlament soll der Energieverbrauch um 51 Prozent verringert werden. Erreicht soll das etwa mit Verbesserungen an der Fassade und eingebautem Sonnenschutz werden. Während der derzeitigen Sanierungsarbeiten wurden alle Beleuchtungskörper auf LED-Technik umgestellt, heißt es.
Noch allgemeiner äußert sich die Stadt Wien. Die Baudirektion sei letzte Woche beauftragt worden, eine Gesamterhebung möglicher Handlungsspielräume und Maßnahmen in öffentlichen Gebäuden durchzuführen und entsprechende Vorschläge darzulegen, heißt es auf KURIER-Anfrage. Die Erhebung laufe gerade intensiv, danach würden die Vorschläge evaluiert und ein Maßnahmenplan erstellt, der je nach Notwendigkeit im Spätherbst bzw. Winter umgesetzt werden kann.
An einem Leitfaden, wie im Haus Energie gespart werden kann, arbeitet derzeit auch eine eigens gebildete Gruppe im Klimaministerium, das sich den Standort mit dem Vizekanzleramt teilt. Der Plan soll bis zum Herbst stehen, dabei werde es vor allem um Optimierungen bei der Haustechnik gehen, heißt es.
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