Nehammer: "Energie wird als Mittel der Kriegsführung eingesetzt”
Der deutsche Klima- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) macht es vor und spricht schonungslos offen über die brenzlige Energieversorgungsanlage, in der sich Deutschland befindet. Die österreichische Bundesregierung zieht jetzt nach und möchte künftig regelmäßig und transparent über die Versorgungskrise kommunizieren. Das verkündeten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) am Mittwoch nach dem Ministerrat.
Man tue dies, sagt der Bundeskanzler, um der Unsicherheit und den Desinformationen durch den Kriegstreiber Russland entgegenzuwirken. Denn, so Nehammer, “Energie wird als Mittel der Kriegsführung eingesetzt”. Was wiederum zu stärkerer Verunsicherung führt. Dass die russische Sperrung für Öl-Lieferung aus dem Hafen von Kasachstan ein Zufall sei, glaube Nehammer nicht.
Mehr Offenheit bei Erfolgen und Vorratsstand
Im Rahmen des Kernteams des Krisen-Kabinetts rund um die Minister Magnus Brunner (Finanzen, ÖVP), Gewessler und Kocher werde künftig offen und transparent über den Stand des Gasvorrats und den Erfolg der Energie-Diversifizierung berichten. Wie weit man dabei sei, beziehungsweise, welche Mengen von welcher Energiequelle Österreich benötige, werde aber weiterhin nicht kommuniziert. Argumentiert wird das mit der Gefahr, dass diese Infos dann am Markt zu Spekulationen und Preissteigerungen führe, erklärt Energieministerin Leonore Gewessler.
Gewessler betont, dass Österreich vor großen Herausforderungen stehe, daraus “darf man keinen Hehl machen”. Allerdings ist das Land aktuell nicht in einer Versorgungs-Notlage. Auch die angekündigten Wartungsarbeiten an der Gas-Pipeline Nord Stream 1, die am 11. Juli beginnen, berge neuerlich ein Risiko für die Versorgungslage in Österreich, sagt Gewessler.
Drei Punkte zu mehr Unabhängigkeit
Das Trio wiederholt vor versammelten Journalisten den aktuellen drei-Punkte-Plan, wie Österreich durch diese Krise kommen möchte:
Einerseits wurde am Dienstag verordnet, dass das Großverbraucher ihren Energie-Antrieb umrüsten und für Erdöl bereit machen sollen. Zweitens wurde die Bevölkerung offiziell aufgerufen, beim Energiesparen mitzuhelfen. Gewessler betont dabei, dass es jetzt wichtig sei, die Therme warten zu lassen, die Heizungen zu entlüften und andere Energiesparmaßnahmen umzusetzen. Damit könne bis zu 15 Prozent des Gasverbrauchs gespart werden.
Der dritte Punkt betrifft das Gasdiversifizierungsgesetz, bei dem auch Unternehmen, die nicht-russisches Gas nach Österreich bringen, rückwirkend mit 1. Juli für ihre Mehrkosten entschädigt werden.
Bei der Pressekonferenz erinnerten die Regierungsmitglieder denn auch an bereits eingeleitete Maßnahmen: Österreich lege eine strategische Gasreserve an, man habe das Use-it-or-Lose-it-Prinzip bei Gasspeichern eingeführt und arbeite daran, die Abhängigkeit von russischem Gas durch Erneuerbare Energien zu reduzieren und kurzfristig andere Gasanbieter zu finden, bekräftigte Nehammer.
Die Alarmstufe des Gas-Notfallsplans werde vorerst nicht ausgerufen, betonte Gewessler einmal mehr. Diese trete erst dann in Kraft, wenn die Speicherziele für die Heizsaison gefährdet seien. Aktuell seien die Speicher mit 44 Terawattstunden Erdgas gefüllt, das entspreche fast der Hälfte des österreichischen Jahresverbrauchs. Dies sei freilich auch „kein Grund, beruhigt zu sein“, mahnte die Ministerin.
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