Schule, Hort, Kindergarten: Wie es jetzt weitergehen kann
Heute, Donnerstag, ist Tag 14 der Schulschließungen, und nicht wenigen Familien kommt es bereits wie der 140. Tag vor. Neben einer grundsätzlichen Überforderung treibt viele Eltern eine Sorge um: „Mein Kind lernt zu wenig.“
Doch diese Angst ist unbegründet, wie der Bildungsforscher Stefan Hopmann meint: „Wir wissen aus Studien nach Katastrophen wie dem Hurrikan Katrina, dass der Rückstand in zwei bis drei Jahren nicht mehr feststellbar ist. Das Vermitteln von Stoff sollte derzeit auch gar nicht im Vordergrund stehen“, sagt der Uni-Professor: „Man kann denen, die es wollen, ein Lernangebot machen. Doch 30 bis 50 Prozent der Familien kommen durch die Krise in eine prekäre Situation. Da ist es wichtiger, dass Lehrer den Schülern ermöglichen, zu reden – mit Pädagogen oder Mitschülern.“
Was Schule nämlich vermitteln soll, sei vor allem Selbstvertrauen und Teil einer Gemeinschaft zu sein. Wenn Einzelne schauen, dass sie nur für sich und ihre Kinder möglichst gut aus der Situation kommen, sei das langfristig kontraproduktiv: „Schauen Sie in die Forschung. Die funktioniert nur in weltweiter Kooperation.“
Wie soll es mit den Schulen weitergehen? Das sind die möglichen Szenarien:
Matura: Verschieben oder ausfallen lassen?
Aktueller Plan ist, dass die Zentralmatura verschoben wird, zumindest auf den 18. Mai. Faßmann kann sich aber vorstellen, dass die Schüler der Maturaklassen ab Mai mit Mundschutz in die Schule dürfen.
Andere Länder haben andere Pfade eingeschlagen: Kanada, die Niederlande und auch England setzen die Matura ganz aus – wer bis dahin die Schule geschafft hat, bekommt ein Reifezeugnis. In England dürfen Schüler, die mit ihren Noten nicht zufrieden sind, Einspruch erheben und zu einem späteren Zeitpunkt die Reifeprüfung machen.
„Österreich sollte sich das zum Vorbild nehmen“, sagt Bildungsforscher Hopmann. Begründung: „Viele junge Menschen müssen jetzt mit schweren Sinn- und Existenzkrisen klar kommen, etwa Krankheit oder Arbeitslosigkeit der Eltern. Andere leben hingegen in einer behüteten Familie mit Eltern in jobsicheren Berufen. Da von beiden das Gleiche zu verlangen, ist geradezu sozialdarwinistisch.“
Nachsatz: „Maturanoten geben sowieso keine Prognose ab, wie erfolgreich der weitere Bildungs- und Berufsweg eines Schülers ist. Viel bedeutender ist, dass er die vergangenen 12, 13 Jahre in der Schule gut überstanden hat.“
Stufenplan: Wie die Schulen öffnen
Sollte grünes Licht für ein langsames Öffnen der Schulen kommen, ist eine Idee, zuerst die Schüler der 12., 8. und 4. Schulstufe – die also vor einem Bildungsübergang stehen – vielleicht mit Masken wieder in die Schule zu lassen.
Der Reihe nach sollen die Schulstufen darunter starten – samt penibler gesundheitlicher Überwachung.
Im Gespräch ist, in den Volksschulen die Kinder der 1. und 2. Schulstufe an zwei und jene der 3. und 4. an drei Tagen die Woche kommen zu lassen. So könnte das Prozedere dann an den NMS, Gymnasien und Oberstufen aussehen. Angepeilter Termin ist im Mai.
Sommer opfern
Spannend auch das Ergebnis einer aktuellen Umfrage von Peter Hajek Public Opinion: Mehr als drei Viertel der befragten Eltern hätten kein Problem, die Ferien später beginnen zu lassen. 31 Prozent sind für mindestens zwei Wochen Schule im Juli, 34 Prozent sogar für mehr als zwei Wochen.
Anders bei der Idee, die Schule schon im August wieder starten zu lassen. Da gebe es Widerstände, sagte Faßmann dazu im ORF.
Weiter im Herbst
Es kann zur Stunde nicht ausgeschlossen werden, dass es zu dieser radikalen Lösung kommt: Bis Ende Juni blieben die Schulen geschlossen, los ginge es erst wieder im Herbst.
Alles wird digital
Weil Not erfinderisch macht und die Not schon groß ist, mehren sich die Stimmen, die digitalen Möglichkeiten der Schule daheim massiv auszubauen. Keine Arbeitsblätter mehr zu verschicken, sondern z. B. über Videotelefonplattformen jeden Schüler optimal abzuholen.
Minister Faßmann hat für kommende Woche eine neue Offensive angekündigt, dass Endgeräte wie Laptops – zwar gebraucht, aber voll funktionsfähig – angeschafft werden sollen, um sie jenen Schülern zur Verfügung zu stellen, die in ihrem Haushalt keine Möglichkeit haben, sich über das Internet an der Schule daheim zu beteiligen.
Die Horte
Glück, wer sein Kind in Bundesbetreuung hat, Pech, wer einen privaten Verein hat: Faßmann hat klargestellt, dass keine Gebühren zu zahlen sind, wenn der Bund Träger ist.
Anders bei den vielen privaten Vereinen, die einen Hort betreiben: Da wird es nach aktuellem Stand keinen Kostenersatz vom Bund geben. Will man den Hortplatz des Kindes nicht verlieren, muss man also weiter zahlen.
Die Kindergärten
Diese sind Aufgabe und Kompetenz der Gemeinden. In Wien werden laut Stadtrat Jürgen Czernohorszky Eltern von Gemeindekindergärten und -horten das Essensgeld und die Beiträge erlassen. Die privaten Träger bekommen neben den Förderungen noch weitere Unterstützung, wenn sie die Beiträge, die Eltern zahlen müssen, reduzieren oder erlassen.
In Niederösterreich ist die Situation in den 573 Gemeinden sehr uneinheitlich. In der Landesregierung erhebt man derzeit, wie es um die finanzielle Situation der Kindergärten steht und wie hoch der Bedarf an Betreuung ist. Nach wie vor haben die Einrichtungen geöffnet – nicht nur für Kinder von medizinischem Personal. Erst nach der Erhebung will man eine Lösung suchen, die für alle passt.
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