Wie Schüler vom Leistungsdruck zu Bulimie-Lernen flüchten

Wie Schüler vom Leistungsdruck zu Bulimie-Lernen flüchten
Eine Umfrage unter 800 Schülerinnen und Schülern zeigt: Die Mehrheit glaubt, Erlerntes später im Leben nicht mehr zu brauchen.

Aus Sicht der Jugendlichen ist der Schulalltag in den vergangenen Jahren stressiger geworden. Das zeigt eine Online-Umfrage (800 Schülerinnen und Schüler zwischen 10 und 19 Jahren) für das Nachhilfeinstitut Lernquadrat. Mehr als drei Viertel müssen demnach häufig so viel lernen, dass sie das Gelernte gleich nach der Prüfung wieder vergessen. Bei einer vergleichbaren Umfrage vor sieben Jahren waren es noch weniger als die Hälfte. Auch der Leistungsdruck hat deutlich zugenommen.

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Lernquadrat-Unternehmenssprecherin Angela Schmidt erklärt die Zunahmen beim sogenannten Bulimie-Lernen auch mit immer mehr Leistungsüberprüfungen: Laut Umfrage stehen im Schnitt an fast jedem dritten Schultag Schularbeiten, Tests oder Referate an.

"Entwicklung von echtem Interesse kommt zu kurz"

"Gelernt wird dementsprechend, was sich halt ausgeht, die Entwicklung von echtem Interesse an den Inhalten kommt dabei oft zu kurz", wird Schmid in der Aussendung vom Mittwoch zitiert.

Ziel sei primär eine gute Note, mehr als drei oder vier Tage intensivere Beschäftigung mit dem Lernstoff schienen angesichts von wenig Zeit und gleichzeitig angesetzten Überprüfungen einfach nicht möglich.

Leistungsdruck steigt

Stark gestiegen ist auch der Anteil an Schülerinnen und Schülern, die Leistungsdruck verspüren. Drei Viertel machen sich dabei selbst hohen Druck, 69 Prozent verspüren starken Druck durch Lehrkräfte und 45 Prozent durch die Eltern. Das sind fast doppelt so viele wie bei der Umfrage von 2016.

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BHS schneidet besser ab als Gymnasium

Gleichzeitig stellt die überwiegende Mehrheit der Jugendlichen die Relevanz des Erlernten zu einem guten Teil in Frage: 72 Prozent glauben, nicht einmal die Hälfte des Gelernten im späteren Leben brauchen zu können. Besonders schlecht schneiden dabei die Wiener Schulen ab, an Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) sind die Werte besser als an Gymnasien. Nur bei Englisch gehen immerhin 89 Prozent davon aus, dass das Fach wichtig für ihre Zukunft ist. Bei Deutsch und Mathematik sagen das weniger als zwei Drittel, in den übrigen Fächern sind es noch deutlich weniger.

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Fächer wie Bildnerische Erziehung, Musik oder Religion hält jeder bzw. jede zweite Befragte für verzichtbar. Bei Chemie und Physik ist es knapp ein Drittel. Auf der Wunschliste der Befragten stehen unterdessen Fächer wie Finanzbildung, Wirtschaft oder "Alltagskunde". Insgesamt bekommt das Schulsystem von den Jugendlichen eine mittelmäßige Note (3,2). Am besten bewertet werden die Lehrerinnen und Lehrer (2,4) und die Lerninhalte (2,6).

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