Edtstadler wird Landeshauptfrau in Salzburg: "Ich bin angekommen"
Zusammenfassung
- Karoline Edtstadler wird neue Landeshauptfrau von Salzburg und folgt damit auf Wilfried Haslauer.
- Stefan Schnöll tritt aus familiären Gründen zurück, bleibt jedoch Landeshauptmann-Stellvertreter.
- Der Koalitionspartner FPÖ zeigt sich distanziert und beruft die Gremien ein.
Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer hat am Donnerstag recht kurzfristig eine Pressekonferenz mit dem Thema "Aktuelle politische Ereignisse und Erklärung des Landeshauptmanns" angesetzt, um dort seinen Rückzug und seine Nachfolge zu erklären.
Schon im Vorfeld der Pressekonferenz ist durchgesickert, dass es da eine Überraschung geben wird: Zwar wurde bis vor Kurzem noch kommuniziert - auch von Haslauer selbst -, dass Stefan Schnöll ihn beerben soll. Der 36-Jährige galt schon länger als Kronprinz und wurde als solcher auch kontinuierlich aufgebaut. Nun ist die Salzburger Landespartei auf Karoline Edtstadler, aktuell noch Verfassungsministerin, umgeschwenkt.
Edtstadler soll ab 2. Juli übernehmen
Kurz nach 13 Uhr trat Haslauer dann - mit Edtstadler zu seiner Rechten und Schnöll zu seiner Linken - vor die Mikrofone.
In den vergangenen Monaten sei diskutiert worden, wer ihm nachfolgen solle - er wolle nun für Klarheit sorgen. "Ich darf Ihnen mitteilen, dass ich dem erweiterten Präsidium mitgeteilt habe, dass ich meine Funktion zur Landtagssitzung am 2. Juli zurücklege und ferner meine Funktion als Landeshauptmann bereits mit Ende Jänner."
Edtstadler soll ihm nachfolgen. "Es wäre schade", so Haslauer, ihre Fähigkeiten nicht für Salzburg zu nutzen. Sie verfüge über eine profunde Ausbildung, sei in verschiedenen Funktionen tätig gewesen, verfüge zudem über "enorme innenpolitische, aber auch internationale Erfahrung" und sei dabei immer zutiefst in Salzburg geerdet geblieben.
Haslauer hob auch Edtstadlers kulturelles Interesse hervor, die wirtschaftliche Entwicklung sei ihr bewusst und ein Anliegen.
Schnöll stehe wie Edtstadler für einen Generationenwechsel, so Haslauer.
"Ich bin angekommen"
Anschließend erklärte Schnöll seinen Schritt, zur Seite zu treten und Edtstadler das Amt zu überlassen. Er habe zwei kleine Kinder und zuletzt zunehmend gemerkt, dass sich dies mit einer Tätigkeit als Landeshauptmann nicht ausgehen könne.
Er sei daher froh, dass Edtstadler nun diese Position übernimmt. Die Hoffnung seiner Frau, dass er nun Hausmann werde, müsse er aber enttäuschen: "Ich bleibe Landeshauptmann-Stellvertreter." Edtstadler, künftige Landeshauptfrau, muss grinsen.
Edtstadler schildert, wie emotional und intensiv die vergangen Tage für sie persönlich gewesen seien. Zunächst sei geplant gewesen, dass sie Stellvertreterin eines Landeshauptmannes Stefan Schnöll werden soll. "Diese Planänderung ist jetzt etwas, das mir höchsten Respekt abringt. Dass du, Stefan, entschieden hast, deine Familie weiterhin an die erste Stelle zu stellen."
Sie freue sich auf die Aufgabe - es gebe keine spannendere Aufgabe, als den Menschen als Landeshauptfrau dienen zu dürfen und die Auswirkungen von politischen Maßnahmen direkt zu erleben. "Nach sieben Jahren in der Bundespolitik hat es mich auch ganz persönlich zurückgezogen nach Salzburg", gesteht Edtstadler ein.
Karoline Edtstadler, geboren am 28.3.1981 in Salzburg, ledig, ein Sohn.
Jus-Studium mit Magistra-Abschluss. Richterin am Landesgericht Salzburg 2008-2011.
Tätigkeit im Justizressort von 2011-2016 (davon zwei Jahre im Kabinett von Minister Wolfgang Brandstetter).
Mai 2016 bis Dezember 2017 Mitglied des EGMR, danach Staatssekretärin im Innenministerium, ab Juli 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments.
Ab Jänner 2020 Verfassungsministerin.
Die scheidende Verfassungsministerin bedankte sich auch bei Haslauer, dass er bereit sei, einen Generationenwechsel durchzuführen. "Es geht darum, dein Vermächtnis fortzuführen", sagt Edtstadler. Haslauer habe bewiesen, was es bedeutet, Kontinuität und Stabilität in die Politik zu bringen.
Sie habe deshalb nicht lange nachgedacht und dieses "Ja" aus vollem Herzen gesagt. "Und so meine ich es auch."
Politische Gegner könnten daraus ableiten, dass dieser Schwenk unehrlich sei, dass man sprunghaft sei. "Einige werden mir auch eine schwere Zeit, die Corona-Pandemie, vorwerfen. Ich stehe nicht an, hier auch zu sagen, dass in dieser Zeit nicht alles fehlerlos gelaufen ist und man einiges anders hätte machen können."
Aber, so Edtstadler. "Ich stehe heute vor Ihnen und sage aus vollem Herzen: Ich bin angekommen."
Werte, Wirtschaft und Kultur
Die künftige Landeshauptfrau nannte drei inhaltliche Säulen, die sie in den Fokus ihrer Arbeit stellen will:
- Werte und soziale Sicherheit
- wirtschaftliche Stabilität und Attraktivität
- Tradition und Moderne in der Kultur
"Ich freue mich sehr darauf, mich in den nächsten Wochen intensiv auf dieses Amt vorzubereiten", sagte Edtstadler.
Fahrplan
Bereits Ende Jänner soll Edtstadler geschäftsführende Parteichefin werden. Am 13. Juni soll dann ein Landeskongress geplant sein, bei dem Edtstadler offiziell in die Funktion der Parteivorsitzenden gewählt werden kann. Haslauer soll dann am 2. Juli offiziell zurücktreten.
Edtstadler würde anschließend im Landtag zur Landeshauptfrau gewählt.
Die ÖVP ist dabei auf die Stimmen ihres Koalitionspartners FPÖ angewiesen, diese hat sich laut Salzburger Nachrichten aber noch nicht festgelegt. Am Sonntag ist bei den Blauen ein Parteipräsidium geplant.
"Zwei starke Frauen"
Haslauer erklärte in der Pressekonferenz, dass er den Koalitionspartner bereits informiert hat. Im Koalitionspakt sei vereinbart worden, dass der jeweilige Partner bei personellen Änderungen des anderen mitstimmt.
Er geht davon aus, dass die FPÖ mitstimmt - wenn nicht, dann würde das das Ende der Koalition bedeuten. Und damit auch Neuwahlen - was Haslauer nicht ausschließen kann. "Ich gehe aber nicht davon aus, dass das sehr sinnvoll ist." Es gebe auch eine gute persönliche Gesprächsbasis zwischen Edtstadler und der FPÖ im Land.
Das bestätigte Edtstadler: Sie habe auch heute schon mit Marlene Svazek, stellvertretende Landeshauptfrau und FPÖ-Chefin in Salzburg, telefoniert. "Und ich gehe davon aus, dass zwei starke Frauen, die persönlich gut miteinander können, auch gut miteinander arbeiten werden."
"Neue Situation" für FPÖ
Die Salzburger FPÖ zeigt sich unterdessen ausgesprochen distanziert. Die Absicht, Karoline Edtstadler zur Landeshauptfrau zu machen, sei "kurzfristig und überraschend" erfolgt und eine "neue Situation", die ihre Partei über das Wochenende grundsätzlich bewerten wolle, sagte Landeshauptmann-Stellvertreterin Svazek in einer Aussendung.
"Die grundsätzlichen Rahmenbedingungen der Regierungszusammenarbeit sind zwischen ... Wilfried Haslauer und mir vereinbart. Hierbei war auch stets Grundlage, dass Landeshauptmann-Stellvertreter Schnöll der designierte Nachfolger sein soll. Die Salzburgerinnen und Salzburger haben sich Vertrauen in die Politik sowie politische Stabilität, Verlässlichkeit und Ehrlichkeit verdient. Das Vorhaben der ÖVP, jemanden zur Landeshauptfrau machen zu wollen, der sich der Wahl zum Salzburger Landtag noch nie gestellt hat, entspricht nicht voll und ganz diesen Voraussetzungen. Ich werde daher übers Wochenende die Parteigremien einberufen, um die neue Situation grundsätzlich zu bewerten, sowie über die weitere Vorgangsweise der Salzburger FPÖ zu beraten", so Svazek.
Wie kam es zu dem Schwenk?
Der Wechsel von Schnöll auf Edtstadler kam plötzlich. Was steckt dahinter? Hört man sich um, dann wird dieser Schritt unter anderem mit der Stimmung im Land erklärt, seit die schwarz-blaue Koalition im Sommer 2023 gestartet ist.
Die stellvertretende Landeshauptfrau Svazek soll sich - allen anfänglichen Protesten zum Trotz - gut in der Position schlagen, ihre Beliebtheitswerte in Umfragen sind hoch. Die Salzburger ÖVP befürchtet offenbar, die 32-jährige Blaue würde sie an die Wand spielen - nicht nur im tagespolitischen Geschäft, sondern auch in Hinblick auf künftige Wahlen. Die resolute Edtstadler wäre, so glaubt man, der bessere Gegenpart als der eher zurückhaltende Schnöll.
"Drexler-Schicksal"
Schnöll nannte in der Pressekonferenz "ausschließlich persönliche Gründe" wie seine Familie, warum er die anspruchsvolle Aufgabe des Landeshauptmannes doch nicht annehmen will.
Aus seinem Umfeld heißt es aber, dass auch die vergangenen Wahlen eine Rolle gespielt - Schnöll fürchte, so hört man, ein "Drexler-Schicksal". Der frühere steirische Landeshauptmann Christopher Drexler musste bei der Landtagswahl am 24. November eine herbe Niederlage für die ÖVP hinnehmen, die FPÖ gewann unter Mario Kunasek stark dazu und löste Drexler ab. Diesen ließ die Volkspartei zwar noch Koalitionsverhandlungen führen, kurz danach war er aber Geschichte.
Und auch für Schnöll, als Landesrat für Infrastruktur zuständig, lief es zuletzt nicht rund: Sein Herzensprojekt, die Regionalstadtbahn S-Link, fiel bei einer Volksbefragung durch. Nicht nur die ÖVP, sondern auch die mitregierende FPÖ bedauerte das.
Betont wird im Hintergrund jedenfalls, dass die bundespolitische Situation - also das Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos und der Wechsel zur FPÖ - mit dem Rückzieher Schnölls nichts zu tun habe.
Landeshauptfrau statt Anwältin
Pikant ist diese Entwicklung auch deshalb, weil alle Beteiligten seit jeher öffentlich bestritten haben, dass Edtstadler - eine gebürtige Salzburgerin - als Landeshauptfrau infrage kommen würde. Erst Anfang November, als die Ministerin ihren Rückzug aus der Bundespolitik ankündigte, wies sie derlei Spekulationen zurück.
Die 43-Jährige erklärte da, dass sie zwar ihr Mandat im Nationalrat behalten und weiter politisch aktiv sein will, sich für ihre Zukunft aber eine eigene Anwaltskanzlei in ihrer Heimat Salzburg vorstellt.
Und auch die Landespartei stellte zu diesem Anlass klar, dass Schnöll in dieser Legislaturperiode neuer Landesparteiobmann und Spitzenkandidat der Volkspartei werden soll. Erst am 4. Jänner bekräftigte Haslauer im Ö1-Interview: "Die Weichenstellung ist bekannt, die habe ich mehrfach kundgetan. Darüber gibt es keine Diskussion."
Darauf angesprochen erklärte Haslauer bei der Pressekonferenz: Das Interview habe mittags stattgefunden, am Nachmittag habe es dann ein Gespräch mit Schnöll gegeben, erst da sei klar gewesen, dass es ihm lieber sei, so Haslauer, wenn er dieses Amt nicht übernehmen müsste und sich auf seine Familie konzentrieren zu können.
Haslauer betont, dass Schnöll auch seine "größte Hochachtung" habe für diese Haltung. Früher sei es so gewesen, dass der Mann politisch Karriere macht und die Frau sich zuhause um die Kinder kümmert. Die Zeiten hätten sich geändert.
"Plan ist nicht, Festspielpräsident zu werden"
Spekulationen zu seiner eigenen Zukunft wischt er mit einem Lachen weg. Und sagt dann betont langsam und deutlich: "Mein Plan ist nicht, Festspielpräsident zu werden. Mein Plan ist nicht, eine andere politische Funktion zu übernehmen. Mein Plan ist auch nicht, in Pension zu gehen. Ich werde etwas anderes machen. Vorerst müssen Sie mich noch sechs Monate als Landeshauptmann ertragen."
Warum die offizielle Amtsübergabe erst im Sommer stattfindet, hat laut APA einen persönlichen Grund: Haslauer ist seit 2013 Landeshauptmann von Salzburg. 2025 wäre er zwölf Jahre im Amt - genauso lange wie sein gleichnamiger Vater (1977 bis 1989). Zu hören ist, dass ihm das durchaus wichtig sein soll.
Kommentare