Rendi-Wagner rückt in die Mitte: "Ohne Industrie wird es nicht gehen"
Die SPÖ hat sich vorgenommen, ihre Themen zu verbreitern, um neue Wähler anzusprechen. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner rückt neuerdings Wirtschaftspolitik ins Zentrum ihrer Botschaften. Und so widmet sich die Neujahrsklausur der SPÖ am Dienstag in Krems einem „fundamentalen Umdenken“. Rendi-Wagner: „Der Staat soll nicht mehr nur im Nachhinein Marktversagen reparieren, sondern eine pro-aktive Rolle einnehmen.“ Beispiel: Für die Energiewende müsse die öffentliche Hand die Entwicklung von Technologien zum Energiesparen und Speichern fördern sowie die 100.000 zusätzlich benötigten Fachkräfte – Techniker und Ingenieure – ausbilden. Wirtschaft müsse künftig eine Kooperation von Staat und Industrie sein. Einmal mehr warnt die SPÖ-Chefin, die Klimapolitik dürfe nicht hunderttausende Jobs vernichten und die Industrie vertreiben: „Ohne Wirtschaft, ohne Industrie wird es nicht gehen.“
"Behauptung Lügen gestraft"
In der gemeinsamen Pressekonferenz erzählt der SPÖ-Chef von Niederösterreich, Franz Schnabl, vom Kremser Bürgermeister Reinhard Resch, der vor zwölf Jahren eine Stadt mit 180 Millionen Schulden übernommen habe. Inzwischen sei die Zahl der Jobs gestiegen, die öffentliche Infrastruktur wesentlich verbessert und dennoch die Schulden halbiert. Schnabl: „Resch hat die Behauptung der Konservativen, die SPÖ könne nicht wirtschaften, Lügen gestraft.“
„Gefühl des Schutzes“
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig steuert eine ähnliche Geschichte bei, um den neuen Wirtschaftskurs der SPÖ-Chefin zu untermauern: In der Daseinsvorsorge seien einige Aufgaben, die in den neoliberalen 1990ern privatisiert wurden, inzwischen wieder in der öffentlichen Hand, weil diese die Aufgaben besser und günstiger erledige.
Wie das Regieren mit einem „pro-aktiven Staat“ aussehen könnte, erzählt Peter Kaiser: Seit er 2013 in Kärnten Landeshauptmann ist, gibt es regelmäßig gemeinsame Sitzungen der Landesregierung mit den Sozialpartnern. Dabei würden gemeinsame Aufgaben erarbeitet und die Bevölkerung darüber informiert. „Das gibt Bürgern und Unternehmen ein Gefühl des Schutzes und der Sicherheit“, sagt Kaiser.
Milliarde für Kinderbetreuung, Preisbremse bei Energie
Die SPÖ stellt in Krems auch zwei konkrete Forderungen: Sie fordert Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz gegenüber dem Bund (nicht gegenüber Ländern und Gemeinden), denn der Bund müsse das Geld dafür bereitstellen. Die Kinderbetreuungsmilliarde, die „Kurz und seine Freunde verhindert haben“, solle endlich fließen, sagt Schnabl.
Ludwig fordert, die Mehrwertsteuer auf Energie auf begrenzte Zeit zu halbieren, um die Preissteigerungen zu dämpfen.
SPÖ-Granden für Van der Bellen
Das SPÖ-Präsidium berät auch über Wahlen. Die Entscheidung über einen eigenen Hofburg-Kandidaten wird vertagt, bis Van der Bellen kundtut, ob er noch einmal antritt. Das ist erst im Mai zu erwarten. Ludwig, Kaiser und Schnabl – und wohl auch Rendi-Wagner – wollen im Fall des Falles VdB unterstützen.
Omikron bremst Neuwahlforderung
Ist die SPÖ für Neuwahlen im Bund? Da verweist Rendi-Wagner auf ihre Aussagen im KURIER: „Sobald es die Corona-Situation zulässt.“ Derzeit „stehen wir aber vor einer ernsthaften neuen Corona-Welle. Als SPÖ werden wir mithelfen, sie zu bewältigen“, sagt Rendi-Wagner. Aber dass ÖVP-Grün nicht mehr das Vertrauen der Bevölkerung habe, sei offensichtlich.
Und wie steht es mit ihrem Vertrauen in der SPÖ? Bis auf den Burgenländer Hans Peter Doskozil scharen sich auf der Klausur alle um Rendi-Wagner und unterstützen sie in Wort und (gemeinsamem) Bild.
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