Die Alkofahrt
Pilnacek wohnte damals zeitweise bei Karin W. in einem Haus in Rossatz, das diese gemeinsam mit Anna P. bewohnte. Die Frauen schilderten, dass Pilnacek, als er von seiner Alkofahrt abgeholt wurde, „wie wild am Handy herumgetippt habe“.
Gemutmaßt wird, der Justiz-Spitzenbeamte habe versucht, seine politischen Kontakte zu nutzen, um die Anzeige zu seiner Alko-Geisterfahrt verschwinden zu lassen. Ein Publikwerden hätte das endgültige Aus seiner Karriere bedeutet.
Das BMI schreibt: Da es sich bei Pilnacek „um eine Person des öffentlichen Lebens handelte“, sei gemäß Dienstanweisung telefonisch die Schichtleitung der Landesleitzentrale über den Vorfall in Kenntnis gesetzt worden; in der Früh dann auch der Tageskommandant, der Leiter der Landesverkehrsabteilung und später auch der Landespolizeidirektor und die Staatsanwaltschaft St. Pölten; diese hätten „keinerlei Anordnungen“ erteilt. Zu dem Zeitpunkt war bereits der Leichnam Pilnaceks entdeckt worden.
Der Fund
Die Besatzungen von zwei Streifen (Mautern und Weißenkirchen) sowie eine Bedienstete der Polizeiinspektion Mautern, die als Kommandantin eingeteilt wurde, waren am Fundort; ebenso eine Gemeindeärztin. Diese behauptete später, von der Kommandantin sei „massiver Widerstand gegen eine Obduktion“ ausgegangen, weil man den Fall als Suizid habe abhaken wollen. Die Gemeindeärztin aber konnte ein Fremdverschulden nicht ausschließen.
Im BMI-Schreiben heißt es, dass erst die Gemeindeärztin und dann die Kommandantin mit der Journal-Staatsanwältin in Krems telefoniert hätten. Diese habe angeordnet, dass die Entscheidung erst auf Basis des Anlassberichts getroffen werde.
„Die Obduktion der Leiche wurde folglich von der Kriminalpolizei angeregt“, steht im BMI-Bericht. Und: Die Richtlinie für Tatortarbeit sei „ordnungsgemäß beachtet“ worden.
Die Kommunikation
Zeitgleich liefen die Telefone heiß: Zwischen 8 und 9 Uhr sei laut BMI-Bericht der nö. Landespolizeidirektor informiert worden – und zwar von Bundespolizeidirektor Michael Takacs. Anna P., die mit ihm befreundet ist, hatte ihn zuvor angerufen. Takacs spielt im Buch von Pilz eine tragende Rolle und hat deshalb wegen übler Nachrede geklagt.
Der Leiter des nö. Landeskriminalamts sei dann von Andreas Holzer, Direktor des Bundeskriminalamts, informiert und mit der „lückenlosen Aufklärung des gesamten Geschehens“ beauftragt worden, heißt es weiter.
Die Tatortarbeit
Es ist unklar, wann genau Pilnacek gestorben ist – irgendwann zwischen Mitternacht (da hat Pilnacek laut seiner Freundin das Haus verlassen) und 7.50 Uhr (da wurde der Leichnam entdeckt), heißt es im BMI-Bericht – und was er in der Zwischenzeit gemacht hat. Die Auswertung seiner Smartwatch, die er am Handgelenk trug, ergab weder Gesundheits- noch Geodaten.
Dem Vorwurf, der Tatort sei nicht ausreichend abgesperrt worden, weshalb ein Lkw durchfahren und Spuren vernichten konnte, begegnet das BMI so: Das Fahrzeug habe sich „außerhalb des kriminalpolizeilich relevanten Bereichs“ befunden. Genannt werden der Bergungsort und die Einstiegstelle am Ufer.
Die Einschätzung ist offenbar eine Frage des polizeilichen Gespürs. So heißt es weiter: Wie und welcher Bereich abzusperren ist, könne aufgrund der „Vielfältigkeit und Unvorhersehbarkeit der verschiedenen Situationen nicht in konkrete schriftliche Vorgaben gegossen werden“.
Die Schuhabdrücke am Ufer seien jedenfalls mit dem Profil von Pilnaceks Schuhen ident. Andere, die auf eine weitere Person hingedeutet hätten, seien nicht vorgefunden worden. Eine leere (nicht durchfeuchtete) Zigarettenpackung lag da, wo „die letzte sichtbare Schuheindruckspur in Richtung Gewässer“ führte.
Zur Frage, warum DNA-Proben an Zigarettenstummeln oder an den Örtlichkeiten unterblieben seien, heißt es sinngemäß, das wäre nicht „zielführend“ gewesen. Und: „Andere relevante Spuren waren nicht vorhanden.“
Die Leiche
Pilnaceks Kleidung sei auch nicht in einer Weise beschädigt gewesen, die einen „begründeten Verdacht in Richtung Auseinandersetzung oder Handgreiflichkeiten sowie Beteiligung einer weiteren Person am Geschehen ergeben hätte“.
Auch die Abschürfungen und Hautunterblutungen sowie eine Rissquetschwunde an der Stirn des Leichnams hätten in der Zusammenschau aller maßgeblichen Erkenntnisse und Spuren für die Ersteinschreiter der Polizei „keine bedenklichen Umstände“ ergeben.
Ein Fremdverschulden habe „auch durch die weiterführenden Ermittlungen des Landeskriminalamts“ ausgeschlossen werden können.
Die (Nicht-)Sicherstellung
Für Spekulationen sorgte auch die Tatsache, dass Beamte bei Pilnaceks Freundin seine persönlichen Gegenstände abholten, um sie seiner Witwe zu übergeben – und diese das Handy mit einem Bunsenbrenner zerstörte.
Auf die Frage, warum das Gerät nicht sichergestellt worden sei, schreibt das BMI, es habe „für die Todesfallerhebung aufgrund eines angenommenen Suizids als Beweismittel zu keinem Zeitpunkt Relevanz“ gehabt. Pilnacek habe es nämlich im Haus zurückgelassen.
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Welchen Effekt die Prüfung der Volksanwaltschaft hat, bleibt abzuwarten (unten). Die strafrechtlichen Ermittlungen laufen unabhängig davon weiter.
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