Pröll gestärkt, Häupl geschwächt

Morgen, Montag, werden die Spitzengremien von SPÖ und ÖVP die Weichen für weitere fünf Jahre rot-schwarze Koalition stellen. Andere Regierungskonstellationen gehen sich nach dem Wahlergebnis nicht aus, entweder arithmetisch nicht (Rot-Grün-Neos, Schwarz-Grün-Neos) oder politisch nicht (Rot-Blau). Und freiwillig sind SPÖ und ÖVP nicht gewillt, eine dritte Partei in die Regierung zu nehmen. Rot-Schwarz wird also in den nächsten Jahren im Parlament nicht nur wie bisher von rechtspopulistischer und grüner Seite unter Beschuss genommen werden, sondern zusätzlich auch noch liberale Kritik einstecken müssen.
Ganz wohl ist es vor allem den Wiener Landesparteien nicht bei der Aussicht, dass die Neos aus dem Oppositionsbonus heraus 2015 in die Wiener Wahlschlacht ziehen werden. Bei der Wiener Gemeinderatswahl 1996 ergatterte allein das Liberale Forum acht Prozent – jetzt kommt das Potenzial der bürgerlichen Neos noch hinzu. Das schadet hauptsächlich der ÖVP und den Grünen, aber auch in der Stadt-SPÖ schrillen die Alarmglocken. Trotz vieler Hausbesuche und des Einsatzes ihrer Funktionäre zeigte Michael Häupls SPÖ bei der Nationalratswahl Mobilisierungsschwächen bei den Stammwählern. Und bei Wechselwählern ist sie sowieso weitgehend abgemeldet. Sichtbares Zeichen für die Nervosität der Wiener SPÖ: Diese Woche grenzte sie sich erstmals demonstrativ von der chaotischen Verkehrspolitik der grünen Vizebürgermeisterin ab. Ende November ziehen sich die Roten Wiens zu einer nicht-öffentlichen Krisen-Klausur zurück. Einziges Thema: Wie kann sie eine programmierte Niederlage 2015 abwenden?
Die nächsten Wochen werden geprägt sein vom politischen Kräftemessen um die Inhalte des Koalitionspakts und um die Ministerposten. Für die Einschätzung, wer sich wo durchsetzt, ist es recht nützlich, die innerparteilichen Kräfteverhältnisse zu kennen.
In der ÖVP wurde bei dieser Nationalratswahl die Dominanz der Niederösterreicher wieder klar dokumentiert: Die Fußtruppen Erwin Prölls haben mehr als jede vierte Stimme zum ÖVP-Gesamtergebnis beigetragen.
Danach kommt lang nichts.
Dann kommt Oberösterreich.
Die neue Westachse, die die Landeshauptleute Markus Wallner, Günther Platter und Wilfried Haslauerausgerufen haben, bringt gemeinsam nur ein Fünftel der ÖVP-Stimmen auf die Waage (siehe Grafik). Wobei Tirol ein überdurchschnittlich gutes Wahlergebnis beigesteuert hat: In dem kleinen Land wählten fast gleich viele Leute ÖVP wie im großen Wien (was alles über das innerparteiliche Gewicht der Wiener ÖVP sagt).
Im Gegensatz zu Tirol sind die traditionell bürgerlichen Länder Vorarlberg und Salzburg auf das Niveau des roten Burgenland abgesackt: in allen drei Ländern kam die ÖVP auf 26/27 Prozent.
In der SPÖ sind die Machtverhältnisse anders gelagert als in der ÖVP. Die einflussreiche Wiener SPÖ und die aufmüpfigen Steirer haben wegen schlechter Wahlergebnisse allen Grund, vor ihrer eigenen Tür zu kehren. Schließlich wählen beide 2015. Und überhaupt sind in der SPÖ nicht nur große Ländern, sondern Gruppen wie die Gewerkschaft und die Pensionisten tonangebend.


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