Was der Polit-Erdrutsch in Salzburg für die Nationalratswahl bedeutet
Eine rot-rote Stichwahl um den Bürgermeistersessel und eine schwere Schlappe für die ÖVP, die bisher den Stadtchef gestellt hat. Was sich am Sonntag in der Stadt Salzburg getan hat, kommt einem Polit-Erdbeben gleich.
Ein Erdbeben, das für Politikberater Thomas Hofer allerdings keineswegs überraschend kommt. Allen voran der Absturz der ÖVP.
„Die Stadt ist bei weitem nicht so bürgerlich, wie viele annehmen. Schließlich regierte hier bis 2017 mit Heinz Schaden über 18 Jahre ein SPÖ-Bürgermeister“, gibt er zu bedenken.
Gleichzeitig habe die türkise Bürgermeister-Partei zuletzt vieles falsch gemacht, vor allem rund um den Rückzug von Amtsinhaber Harald Preuner. Dieser hatte 2023 angekündigt, nicht mehr bei der heurigen Wahl anzutreten. „Sein Nachfolger als Spitzenkandidat, Vizebürgermeister Florian Kreibich, machte zwar einen netten Eindruck, war aber nicht gut positioniert. Ihm wurde keine Chance gegeben, sich einzuarbeiten.“
Was der SPÖ nun die Chance gibt, die Stadt nach 2017 wieder zurückzuerobern. Der Vorteil von Spitzenkandidat Bernhard Auinger gegenüber Kreibich sei seine größere Erfahrung, sagt Hofer. Seit 2017 sei er schon Bürgermeister-Stellvertreter, „er ist eine eingeführte Marke.“
Wobei sich derzeit alle Augen auf den Zweitplatzierten richten. Mit seinem fulminanten Wahlergebnis fordert KPÖ-Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl den SPÖ-Routinier in der Stichwahl heraus.
Lebenshilfe-Partei
„Er ist ein sensationeller Kommunikator und hat die KPÖ in Salzburg erfolgreich als Lebenshilfe-Partei positioniert“, analysiert Hofer. So erfolgreich, dass er damit die historische und gegenwärtige Hypothek, die mit dem K im Parteinamen verbunden ist, hinter sich lassen konnte. „Mit dem Wohnen hat er auf ein Thema gesetzt, das vielen Menschen aktuell unter den Nägeln brennt.“
Wie die Stichwahl am Palmsonntag ausgeht, traut sich Hofer allerdings nicht zu prognostizieren. Es sei völlig unklar, wie viele der jetzigen Wähler von ÖVP, FPÖ und Grüne teilnehmen, und wem sie ihre Stimme geben.
Für die Nationalratswahl im Herbst rechnet Hofer ebenfalls mit KPÖ-Zugewinnen, wenngleich hier ihr Potenzial ungleich geringer sei. Schließlich müsse sie sich die Rolle als linke Protestpartei mit dem Musiker Dominik Wlazny und seiner Bierpartei teilen.
Hinzu kommt: Beide sind eher ein Angebot für ein urbanes Publikum. Außerdem konnte KPÖ-Spitzenkandidat Tobias Schweiger bis dato noch nicht die Strahlkraft seines Salzburger Genossen entwickeln.
Dennoch: Die Konkurrenz am linken Flügel könnte vor allem der SPÖ wehtun, ist Hofer überzeugt. Ihn erinnert die Situation an die Nationalratswahl 2013, als das Antreten von BZÖ und Team Stronach die FPÖ merklich einbremste.
Ähnliches könnte nun der SPÖ passieren, trotz des Linkskurses von Parteichef Andreas Babler. Hofer: „Die SPÖ wird jetzt wohl dagegenhalten – mit der Warnung, dass jede Stimme für KPÖ und Bierpartei der SPÖ im Kampf gegen ÖVP und FPÖ um das Kanzleramt schadet.“
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