Für manch Beobachter wirken Sie wie ein Getriebener. Ein Plagiatsjäger, der vornehmlich politische Existenzen zu zerstören imstande ist. Sind Sie sich immer der Konsequenzen Ihres Tuns bewusst – nicht einzig auf einer wissenschaftlichen, sondern einer moralischen und auch menschlich-emotionalen Ebene?
Nun ja, ein guter Forscher, der etwas Neues finden will oder eine Hypothese beweisen will, ist doch auch meist ein Getriebener. Ich tue nichts anderes: Ich will jetzt beweisen, dass jene Teile des Buchs von Frau Baerbock, die nicht aus der Feder des Mitarbeiters stammen, Ergebnis einer speziellen Montier- und Umschreibtechnik sind, bei der interessanterweise oftmals nur Wortketten aus Internet-Quellen als Vorlage dienten. Ich nenne das den „Libretto-Plagiarismus“. Wichtig ist, dass in jedem Fall eine zufällige Wortketten-Gleichheit zwischen Baerbock und Quelle ausgeschlossen werden kann. Es geht mir in keinem Fall darum, Existenzen zu zerstören! Ich habe schon bei Aschbacher gesagt: Der Rücktritt war doch kein Sieg für mich. Aber ja, es stimmt: Mitleid mit Plagiatoren empfinde ich auch keines.
Baerbock selbst sagt in einem Brigitte-Interview: "Niemand schreibt ein Buch allein“. Müssen Ihres Erachtens nicht nur Universitäten, sondern auch Verlage künftig Werke auf Plagiate hin überprüfen, ehe sie in Druck gehen?
Der Satz „Niemand schreibt ein Buch allein.“ ist entweder ein Rückfall ins Mittelalter, in dem der Einzelautor keine große Rolle spielte oder ein Missverständnis der sogenannten Intertextualitätstheorie. Der Satz stimmt übrigens allenfalls für Bücher aus den Naturwissenschaften und technischen Wissenschaften, aber auf diesen stehen dann auch mehrere Autoren drauf! Und ja, es ist schlimm genug, wenn Verlage bislang nicht routinemäßig Plagiatssoftware vor Drucklegung eingesetzt haben. Ich könnte diese Reserviertheit nicht nachvollziehen. Womöglich hat man ernstlich Angst, dass man zu viel den Autoren zurückschmeißen müsste.
"Diese Suppe, die ist so dick wie die Guttenberg-Suppe“, werden Sie in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen-Zeitung zitiert. Guttenberg plagiierte seine Dissertation und musste seinen Doktortitel abgeben und seinen Posten als Verteidigungsminister. Arbeitsministerin Christine Aschbacher erging es ebenso, nachdem Sie Plagiate in ihrer Magister- wie Doktorarbeit nachweisen konnten. Ihrer Meinung nach: Heißt der Kanzlerkandidat der Grünen bald Habeck?
Ach, das weiß ich nicht. Aber die Vorstellung, dass jemand Kanzlerin werden könnte, der keinen Respekt vor dem geistigen Eigentum anderer hat und ein Sammelsurium aus bereits geäußerten Ideen, Sätzen und Satzteilbrocken anderer als eigene Arbeit ausgibt, verstört mich zutiefst. Da müssen schon die Fragen erlaubt sein: Hat Frau Baerbock überhaupt eigene Ideen? Kann sie selbstständig ein Thema strukturieren? Kann sie selbstständig texten, wenn sie nicht Internet-Vorlagen hat? Alleine schon, dass wir uns diese Fragen so stellen müssen, offenbart den Abgrund.
Apropos Aschbacher: Wissen Sie, ob die externen Prüfungen bereits abgeschlossen und die Titel aberkannt sind?
Nein, keine Ahnung. Das wird wohl frühestens im Herbst geschehen. Ich habe ja beiden Hochschulen meine Mitarbeit angeboten. Die FH Wiener Neustadt hat das abgelehnt, die TU Bratislava hat nicht einmal auf meine E-Mail reagiert.
Hatten Sie im Nachhinein jemals Kontakt mit Menschen, denen Sie ein Plagiat nachweisen konnten?
Ja. In Salzburg öfter. Die schauen mich böse an. Da hört der Spaß auf.
Ist es für Sie nachvollziehbar, dass nach glamorösen Fällen wie Veronica Saß, Karl-Theodor zu Guttenberg oder Christine Aschbacher weiterhin kein Umdenken bei Verfassern stattfindet? Egal ob prominent oder nicht, scheinen die Plagiate nicht weniger zu werden oder trügt der Eindruck?
Allerdings. Es geht mir um die wissenschaftliche Erforschung und dann Bewertung genau dieses Kulturwandels. Plagiatsfälle nehmen zu. Das scheint mir unstrittig zu sein. Und sie werden immer abgewehrt. Bei Guttenberg waren die bereits begründeten schwerwiegenden Vorwürfe „absurd“ und „abstrus“, bei Baerbock „bösartig“ und „Rufmord“.
Wie viele Arbeiten von in Österreich bekannten Menschen haben Sie derzeit auf Ihrem Tisch liegen, um Sie zu überprüfen? Sei es aus freien Stücken oder, weil man Sie damit beauftragt hat?
Natürlich mehrere. Aber im Moment habe ich keine Zeit und plane die Verfestigung der Plagiatsforschung in der Wissenschaft. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
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