Rote Rückendeckung für Grüne Baerbock im deutschen Wahlkampf
„Die Gleichstellung von Männern und Frauen, die mir sehr wichtig ist, ist längst nicht erreicht“, sagt Olaf Scholz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das mache sich auch im Wahlkampf bemerkbar, attestiert der SPD-Spitzenkandidat, „auch im Umgang mit Annalena Baerbock ist manches nicht fair und gerecht“.
Scholz ist nicht der erste Spitzenpolitiker, der für die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, Partei ergreift.
CSU-Innenminister Horst Seehofer hält die gegenüber Baerbock erhobenen Vorwürfe für „übertrieben“, wie er die Süddeutsche Zeitung jüngst wissen ließ.
43 Plagiatsfragmente
Ob „übertrieben“ oder „nicht fair“: Die Kritik an der 40-jährigen Kanzlerkandidatin reißt nicht ab. Der Grund: Ihr unpräziser respektive geschönter Lebenslauf machte Wissenschafter wie Stefan Weber auf Baerbocks Erstlingswerk „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ aufmerksam. „Nur das hat mich neugierig gemacht auf das Buch“, sagt Weber im KURIER-Gespräch. „Ich dachte mir: Wenn es schon so schwer ist, an die Masterarbeit von Frau Baerbock ranzukommen, dann screene ich nun ihr erstes Buch. Und Sie dürfen mir glauben, dass ich es nicht fassen konnte, in diesem tatsächlich Plagiatsstellen zu finden.“
Bis dato weist das Buch, das Baerbock als auch ein Ghostwriter verfasst haben sollen, laut Weber 43 Plagiatsfragmente auf. Weber will beweisen, dass „jene Teile des Buches von Frau Baerbock, die nicht aus der Feder eines Mitarbeiters stammen, Ergebnis einer speziellen Montier- und Umschreibetechnik sind, bei der oftmals nur Wortketten aus Internet-Quellen als Vorlage dienten.“ Weber nennt das „Libretto-Plagiarismus“.
Ob Baerbock als Spitzenkandidatin zurücktreten muss – nachdem Politiker wegen Plagiatsvorwürfen in ihren wissenschaftlichen Arbeiten ihre Ämter verlassen mussten (Deutschlands Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg 2011, oder Österreichs Arbeitsministerin Christine Aschbacher 2021)beantwortet Weber wie folgt: „Die Vorstellung, dass jemand Kanzlerin werden könnte, der keinen Respekt vor dem geistigen Eigentum anderer hat und ein Sammelsurium aus bereits geäußerten Ideen, Sätzen und Satzteilbrocken anderer als eigene Arbeit ausgibt, verstört mich zutiefst.“
Einen Kandidatenwechsel zum Grünen Co-Parteichef Robert Habeck, wie seit Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe immer wieder ventiliert, hält die österreichische Politologin Kathrin Steiner-Hämmerle für hoch riskant: „Ich glaube nicht, dass Robert Habeck so einen Wahlkampf nervlich durchstehen kann.“
Fakt ist, dass Bündnis 90/Die Grünen durch Baerbocks Buch jedenfalls in Umfragen Schaden genommen haben. Erstmals seit März rutschen sie laut einer Forsa-Umfrage für das RTL/ntv-Trendbarometer unter die 20 Prozent-Marke. CDU/CSU bleiben laut Umfrage bei 30 Prozent und damit stimmenstärkste Kraft. SPD und AfD können im Vergleich zur Vorwoche um je einen Prozentpunkt zulegen. Die SPD rangiert ergo mit 15 Prozent auf dem dritten Rang, die AfD mit 10 Prozent auf dem fünften.
Könnte am 26. September der Regierungschef direkt gewählt werden, so sprechen sich 25 Prozent für Unionskandidaten Armin Laschet aus, für Baerbock 19 (Minus zwei Prozentpunkte) und für SPD-Mann Olaf Scholz 16 Prozent (Plus zwei Prozentpunkte).
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