FH-Chef Mahr über Causa Aschbacher, Plagiate und Corona

FH-Chef Mahr über Causa Aschbacher, Plagiate und Corona
"Natürlich hat uns das getroffen." FH-Geschäftsführer Armin Mahr über den Fall Aschbacher und die Rückkehr zum Hochschulleben.

Der Plagiatsfall der Ex-Ministerin Christine Aschbacher war für die Fachhochschule Wiener Neustadt ein schwerer Schlag. Die Untersuchung dazu ist noch nicht abgeschlossen. Im Ausbau und in der Weiterentwicklung will man sich aber durch diese negativen Schlagzeilen nicht bremsen lassen. Für den Herbst wurden bereits wieder zusätzliche Studiengänge genehmigt.

KURIER: Wie sehr hat Sie das getroffen, als die Plagiatsvorwürfe gegen Ex-Ministerin Christine Aschbacher wegen ihrer Abschlussarbeit an der Fachhochschule Wiener Neustadt publik geworden sind?

Armin Mahr: Wir hatten davor noch keinen einzigen Fall, wo wir einen akademischen Grad aberkennen mussten. Natürlich hat uns das getroffen, weil wir von unserem Selbstverständnis her eine Hochschule sind, die auf Qualität setzt. Wir streben nicht die kurzen Wege an, sondern stehen für Qualität auf allen Linien. Ich bin zwar erst seit eineinhalb Jahren hier, habe die Kollegen aber als extrem wissenschaftlich engagierte Menschen kennengelernt. Da tut es natürlich weh, wenn man mit so einer Meldung konfrontiert wird.

Wie geht man jetzt mit diesem Fall um?

Wir haben einen hoch professionellen und ruhigen Umgang mit diesem Fall. An Fachhochschulen läuft das Verfahren ein wenig anders als an Universitäten. An Fachhochschulen gibt es den Vorsitzenden des Kollegiums, der einerseits Behördenfunktion hat, wenn es darum geht, akademische Grade zu verleihen, andererseits auch, wenn es darum geht, akademische Grade anzuzweifeln. So haben wir dort ein verwaltungsbehördliches Ermittlungsverfahren aufgesetzt, um alle Fragen rund um die Arbeit zu klären. Das war gar nicht so einfach. Da musste man etliche Dinge außer Streit stellen, etwa die damalige Rechtslage und den Maßstab ermitteln, der an eine Arbeit im Jahr 2005 zu legen war. Eine externe Stelle, die Agentur für wissenschaftliche Integrität (ÖAWI), soll das Verfahren nun mit einem Gutachten unterstützen. Wir haben auch nicht selber Gutachter beauftragt, sondern den Schritt dieser Stelle überlassen.

Was ist das Ziel dieses Verfahrens?

Ziel ist die Erkenntnis, ob es eine Täuschungs- oder Plagiatsabsicht durch unsere Studentin gegeben hat. Dieses Gutachten schaut sich aber auch die Rolle des Professors an. Da sind wir ergebnisoffen.

Unterrichtet der Professor noch an der FH?

Nein, bis zum vergangenen Semester war er noch als externer Professor bei uns. Zur Zeit der besagten Arbeit war er fix an der FH angestellt. Wobei wir auch in diesem Fall sehr überrascht gewesen sind, weil der Professor seit Jahren an mehreren Hochschulen tätig ist. Er ist jemand, der nicht nur in der Praxis steht, sondern auch als mitreißender Vortragender bekannt ist. Als jemand, zu dem man auch gerne in die Vorlesung geht, der auch selber Bücher schreibt.

Wissenschaftsminister Heinz Faßmann hat zuletzt den Einsatz der Plagiatssoftware angekündigt.

Diese Software wird bei uns schon seit 2007 erprobt und seit dem Jahr 2010 routinemäßig eingesetzt (Anm.: Arbeit der Ex-Ministerin war davor). Ich möchte aber betonen, dass wir auch 2005 und 2006 auf qualitätsvolle Abschlüsse geschaut haben. Das ist uns auch gelungen, was man daran sieht, wo unsere Alumni beruflich gelandet sind. Gleichzeitig muss man dazu sagen, dass die FHs in den vergangenen 15 Jahren bei der Akademisierung und bei der Wissenschaftlichkeit einen großen Sprung gemacht haben.

Die Fachhochschulen hatten immer damit zu kämpfen, sich gegenüber den Universitäten zu behaupten. Wenn dann so ein Plagiatsfall auftritt, ist das natürlich ein Rückschlag.

Der Fachhochschulsektor ist im Vorjahr 25 Jahre alt geworden und da hat es eine Umfrage gegeben, die zeigt, dass wir in der Öffentlichkeit mittlerweile fest verankert sind, als ein Sektor, der Wissenschaftlichkeit und Praxis miteinander vereint. Unser Erfolgsgeheimnis ist, dass wir unsere Wurzeln in der Praxis niemals verloren haben, aber nicht zuletzt durch eigene Forschung radikal an Wissenschaftlichkeit zugelegt haben. Wir sind mittlerweile auf Augenhöhe und in engen und guten Partnerschaften mit den Universitäten vernetzt.

Wenn es in der Zeit der Lockdowns um Distance-Unterricht gegangen ist, wurde über alle möglichen Bereiche diskutiert. Über die Fachhochschulen aber kaum. Hat es so gut funktioniert?

Es hat wirklich sehr gut funktioniert. An Fachhochschulen gab es dabei auch niemals die Diskussion, die es anderswo gegeben hat, dieses Semester einfach zu streichen. Wir haben mit den Studenten gut zusammengearbeitet, um auch die Berufspraktika zu ermöglichen, um das Studium abzuschließen. Wir haben es geschafft, dass unsere Studenten kein Semester verlieren.

Gerade die Fachhochschule Wiener Neustadt wurde ausgebaut, ist ins Zentrum der Stadt gerückt. Ist man jetzt im Nachhinein nicht zur Erkenntnis gekommen, dass man diese Räumlichkeiten gar nicht gebraucht hätte, wenn ein Studium ohnehin per Video abgeschlossen werden kann?

Im Gegenteil. Wir haben in der Pandemie wahnsinnig viel gelernt. In der Online-Lehre und in der Digitalisierung haben wir uns wahnsinnig profiliert. Aber wir verstehen uns als eine digital vernetzte Anwesenheitshochschule. Wir wollen Hochschulleben ermöglichen. Deswegen haben wir uns sehr bemüht, dass im Herbst die Erstsemestrigen den Weg zu uns finden. Hochschulleben ist wesentlich mehr als reine Wissensvermittlung.

Ein wichtiger Punkt ist auch immer wieder die Weiterentwicklung einer Fachhochschule. Ist die durch die Pandemie gebremst?

Nein. Auch das ist weitergegangen. Wir haben an verschiedenen Standorten neue Akzente gesetzt. Wir haben zum Beispiel in Wieselburg mit den Unternehmen aus der Region ein Standortkonzept erarbeitet, woraus sich der Bachelor-Studiengang „Produktionstechnik und Kreislaufwirtschaft“ ergeben hat, der im kommenden Herbst an den Start gehen soll. Für Wiener Neustadt ist „Health Care Informatics“ als hoch spannender neuer Master-Studiengang an der Schnittstelle zwischen digitaler Technologie und Gesundheitswesen vorgesehen sowie ein Bachelor-Studiengang für Journalismus und Unternehmenskommunikation, der viel Wert legt auf Faktencheck, Berufsethos und solides Handwerkszeug fürs digitale Zeitalter.

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