Auf der Vorgartenstraße steht ein roter Kubus – die Hauptfeuerwache der Berufsfeuerwehr. Und das ist ein schräger Zufall. Denn Ebners Unternehmen heißt „Risk Experts“. Und deren Job besteht darin, Kunden vor absehbaren Schäden zu bewahren. Anders gesagt: Sie tun alles, damit die Feuerwehr erst gar nicht kommen muss.
Millionenschäden
Ganz allgemein klärt das Unternehmen, welche finanziellen und organisatorischen Konsequenzen Feuer- oder Wasserschäden haben können. Jetzt soll es aber nicht um kaputte Maschinen gehen, die Millionenschäden verursachen. Bei den Risk Experts interessiert etwas anderes, nämlich eine „Spezialität“, die sie im Vergleich zu anderen Unternehmen auszeichnet: die Altersstruktur.
18 von Ebners 43 Beschäftigten sind älter als 50, zehn sind älter als 55; und im Februar wird ein Mitarbeiter angestellt, der 63 Jahre alt ist.
Das ist, gelinde gesagt, erstaunlich. Denn was das Arbeiten im Alter angeht, ist Österreich im EU-Vergleich unter dem Durchschnitt.
Noch ein paar Zahlen: 2023 betrug die Quote der 55- bis 64-Jährigen im Job gerade einmal 57,3 Prozent (der EU-Schnitt liegt bei mehr als 60). Und auch beim tatsächlichen Pensionsantrittsalter ist Österreich mit knapp 60 Jahren eher schwach.
Wieso ist das bei Ebner anders? Und hat er Ideen, wie man ältere Menschen länger im Job halten könnte?
„Ganz wesentlich ist bei uns – und ich denke auch bei vielen anderen Unternehmen – der Einstellungsprozess“, sagt der Unternehmer.
Er muss es wissen, denn das erste Einstellungsgespräch ist bei ihm ausnahmslos Chefsache. Die formale Qualifikation sei wichtig, aber nicht entscheidend. „Der Schlüssel ist, ob jemand ins Team und ins Unternehmen passt. Je genauer ich das vorher klären kann, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es später funktioniert. Vermutlich wird das bei älteren Arbeitnehmern zu wenig berücksichtigt.“
Das sieht auch Gerald Bittermann ähnlich. In seinem früheren Berufsleben war der Baumeister Projektleiter. Er hat unter anderem Wiens ehemals höchstes Gebäude, den Millennium Tower, mitgebaut und Projektvolumina von einer halben Milliarde Euro verantwortet.
„Da schläft man nicht immer gut, der Druck ist groß“, sagt Bittermann. Heute leitet er die Immo-Sektion in Ebners Unternehmen und weiß, was er an älteren Mitarbeitern hat. „Da herrscht ein anderer Arbeitsethos. Man arbeitet gerne im Büro, tauscht sich mit Kollegen aus. Das passt gut zu unseren Kunden, denn die sagen nicht selten: Bitte schicken Sie uns keine Studenten.“
Wie aber kann man ältere Arbeitnehmer im Job halten oder besser vermitteln?
Ebner antwortet grundsätzlich: „Ältere haben eine Lebens- und Arbeitserfahrung, die man nicht hoch genug schätzen kann. Im Gegenzug habe ich als Arbeitgeber bei ihnen die Herausforderung, dass sie bei Krankenständen mitunter länger ausfallen. Dieses Risiko müsste die Allgemeinheit Unternehmern mehr abnehmen.“
Ein zweiter Faktor ist die Einschulung: „In unserem Unternehmen braucht ein Mitarbeiter bis zu einem Jahr, bis er für uns Geld verdienen kann. Das AMS fördert Einschulungsphasen oft nur wenige Monate.“
Würde die Allgemeinheit auch dieses Risiko etwas mildern, würden mehr Ältere wieder in einen Job kommen. „Die Alternative ist, dass die Allgemeinheit höhere Kosten für die Arbeitslosigkeit und -suche hat, weil die Unternehmer Ältere erst gar nicht anstellen.“
Bei der Lernfähigkeit älterer Arbeitnehmer sieht er übrigens kein Problem. „Lernfähigkeit ist eine Frage des Charakters, nicht des Alters. Ich kenne genug Über-50-Jährige, die sehr wissbegierig sind. Und ich kenne 20-Jährige, von denen man nicht behaupten kann, dass sie neue Dinge sehr interessieren.“
Für seine jüngeren Mitarbeiter gilt das überhaupt nicht. Von denen schwärmt Ebner. Und zwar mindestens genauso wie von den älteren.
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