Warum so fleißig?
Klar ist: Die Motivation dahinter ist nicht immer eine romantische. Die durchschnittliche Frauenpension kratzt an der Armutsgrenze. Länger zu arbeiten, um über die Runden zu kommen, ist deshalb oft eine Notwendigkeit, weiß Ilse Fitzbauer, Vorsitzende des Pensionistenverbands Floridsdorf. Doch das Finanzielle ist nicht das einzige Motiv, das Pensionisten länger im Berufsleben hält, erzählt die 66-jährige SPÖ-Politikerin.
Auch bei jenen, die nicht arbeiten müssten, habe sich die Perspektive geändert. „Ein Menschenleben ist mittlerweile so lange, dass es mehr geben muss“, sagt sie. „Man fühlt sich heute in den 60ern nicht wie 60. Ich fühle mich eher wie meine Mutter mit 45.“
Einen Faktor spielt die Ausbildung, sagt Mayrhuber. „Wenn ich besser gebildet bin und einen guten Job habe, ist der Anreiz, weiterhin mein Wissen zur Verfügung zu stellen, sicherlich ein höherer“, so die Ökonomin. Viele würden den Weg in die Selbstständigkeit einschlagen, belegen Daten. Denn dort ist der Anteil an Personen über dem Pensions-Antrittsalter in Relation weit höher als bei den unselbstständig Erwerbstätigen, analysiert Mayrhuber.
Womöglich weil man keinen Arbeitgeber braucht, der die Rahmenbedingungen für einen anpasst, schätzt die Expertin. Denn im gewohnten System Vollzeit weiter zu arbeiten, ist auf beiden Seiten oft nicht vorgesehen, sagt Fitzbauer. „Meine ganz subjektive Wahrnehmung ist, dass lieber Teilzeit mit flexibler Einteilung gearbeitet wird.“
Wie will ich in Pension arbeiten?
Um diese Vorstellung auch zu verwirklichen, sollte der nächste Karriereabschnitt noch vor Pensionsantritt geplant werden, rät Fitzbauer. Hier gibt es ein paar Entscheidungen zu treffen:
Schiebt man die Pension um bis zu drei Jahre auf, lässt sich die Gesamtgutschrift im Bestfall um 30 Prozent erhöhen, erklärt Monika Weissensteiner von der Arbeiterkammer Wien.
Tritt man die Pension an und ist zusätzlich erwerbstätig, sollte man zu rechnen beginnen. Denn beide Einkommen unterliegen der Lohnsteuer, erklärt Mayrhuber vom Wifo. „Das kann dazu führen, dass der Netto-Effekt geringer ist als erwartet.“
Und dann gibt es natürlich noch die Möglichkeit, ehrenamtlich tätig zu sein. Etwas, das viele gemeinnützige Vereine, aber auch die Pensionisten sehr begrüßen, sagt Fitzbauer.
Weil es Sinn macht
„Vielen geht es darum, etwas Sinnvolles zu machen“, berichtet Karriereberaterin Sabina Haas. Das Wissen, das man sich über die Jahrzehnte angeeignet hat, weiterzugeben. „Man kann sein Herz befragen, seine Leidenschaft. Die, die freiwillig in der Pension arbeiten können, achten noch mehr auf ihre wahre Berufung“, so die Coachin. Modelle gibt es mittlerweile einige, in denen ältere wie jüngere Generationen voneinander profitieren, sagt Haas. Und auch der Arbeitsmarkt zieht langsam nach, berichten die Gesprächspartnerinnen dem KURIER.
„Bis vor Kurzem war es so, dass man mit 60 oder 65 in Pension gehen musste, um Platz für die Jüngeren zu machen“, sagt Fitzbauer. Doch mittlerweile ändere sich das Bild in der Öffentlichkeit – nicht zuletzt aufgrund des großen Bedarfs an Arbeitskräften. Das „Alles oder nichts“-Prinzip – also voll einsatzfähig und belastbar zu sein oder gar nicht mehr gebraucht zu werden – hält sich in Österreich trotzdem noch, sagt Mayrhuber. „Da gibt es eine große Notwendigkeit, dass Unternehmen umdenken. Hier gibt es viel zu tun.“
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