Robert Holzmann in der ZIB 2: "Sie werden vielleicht bis 70 arbeiten"
Die Österreichische Nationalbank hatte am Freitag keine erfreulichen Nachrichten für die kommende Regierung: Nächstes Jahr dürfte das wirtschaftliche Defizit auf 4,1 Prozent der Wirtschaftsleistung (statt im Juni erwarteten 3,3 Prozent) steigen.
Das würde einen Konsolidierungsbedarf 2025 von 7,1 Mrd. Euro mit sich bringen, um das Maastricht-Ziel von 3,0 Prozent zu erreichen, sagte Birgit Niessner, Direktorin der Hauptabteilung Volkswirtschaft der Nationalbank.
Schlechte Entwicklung "unvorhersehbar"?
Wie geht es nun weiter mit der heimischen Wirtschaft? Den Vorwurf, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen zu langsam gesenkt hätte, verneinte Robert Holzmann, Wirtschaftswissenschaftler und Gouverneur der Nationalbank, am Freitagabend in der ZIB 2: "Die Aufgabe der EZB ist es nicht, die Wirtschaft anzukurbeln, sondern Preisstabilität zu garantieren," so Holzmann.
Nach den hohen Inflationsraten sei ein Eingreifen notwendig gewesen. "Wir hoffen, in Zukunft wieder Wirtschaft bei positiven Realzinsen betreiben zu können."
Moderatorin Margit Laufer wollte von ihrem Gast wissen, woher denn nun "der Pessimismus" kommt, mit dem die Nationalbank am Freitag das Defizit von 4,1 Prozent für das kommende Jahr prognostiziert hat - und ob die schlechte wirtschaftliche Entwicklung tatsächlich "unvorhersehbar" gewesen sei.
"Wir hatten gehofft, dass der Konsum im vergangenen Jahr anspringt." Doch die Haushalte würden nun mehr sparen, der Konsum sei somit gesunken. Aber: "Wir glauben, dass die Aussichten für nächstes Jahr besser sind."
Nichtsdestotrotz geht die Nationalbank davon aus, dass 2025 7,1 Mrd. Euro eingespart werden müssen. "Wie soll das gelingen?" fragte Laufer den Experten.
"Einsparungen sind immer sehr schmerzlich, man muss hier rasch die Prioritäten festlegen. Dafür ist die Regierung verantwortlich," meinte Holzmann, wobei er die OeNB nicht in der Rolle sieht, der Regierung "Ratschläge zu geben." Jedoch betonte er, dass Sparziele "klar definiert" werden müssten. "Die österreichische Bevölkerung erwartet sich jetzt Entscheidungen.“
Pensionen: Arbeiten bis 70?
Als Problem verortet Holzmann zudem den "teilweise zu frühen" Antritt in die Pension hierzulande. "Eine längere Arbeitsbeteiligung der Älteren wird sehr wesentlich sein." Moderatorin Laufer bricht das Thema auf eine wesentliche Frage herunter: "Das bedeutet, die Menschen sollen länger arbeiten. Wie lange?"
Holzmann könne sich für den "Großteil der Österreicher" ein Antrittsalter ab 68 vorstellen, ähnlich wie in den nordischen Staaten. Die Erhöhung der Lebenserwartung müsse mit einbezogen werden. "Das könnte in Zukunft bei über 70 sein. Das heißt, Sie könnten vielleicht bis 70 arbeiten müssen“, so der Nationalbank-Gouverneur zu Moderatorin Laufer.
Ein Defizitverfahren in Österreich in Kauf zu nehmen, hält er hingegen zwar für möglich, jedoch auch für reputationsschädigend, denn die Finanzmärkte könnten darauf negativ reagieren. "Die Bonität und die Zinsen, die wir bezahlen, wenn wir Staatsschulden aufnehmen, würden sich erhöhen. Das könnte ins Gegenteil umschlagen," so Holzmann.
Kommentare