Düsterer Ausblick
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) beschwichtigte vergangene Woche im KURIER-Interview: „Nein, das Pensionssystem wird nicht kippen.“ Die Koalition will noch in dieser Legislaturperiode Anreize schaffen, damit Menschen länger arbeiten. Im Gespräch ist etwa eine Abschaffung der Pensionsversicherungsbeiträge für Personen, die über das reguläre Pensionsantrittsalter hinaus arbeiten. Aber bräuchte es nicht radikalere Reformen?
Die langfristigen Perspektiven der öffentlichen Finanzen in Österreich hat sich Ökonom Stefan Schiman-Vukan vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) im Vorjahr angesehen. Bei den Berechnungen im Dezember 2022 ging das WIFO noch davon aus, dass die Schuldenquote in den kommenden Jahren sinkt. Heißt: Die Aussichten waren somit weniger düster als heute.
Dennoch sind auch diese überholten Zahlen ernüchternd: Im Basisszenario steigen die Pensionsausgaben bereits 2030 von aktuell 13,8 auf 15,1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Dieser Trend ebbt dann leicht ab. Das liegt daran, dass das gesetzliche Pensionsalter der Frauen bis 2033 auf jenes der Männer – derzeit 65 Jahre – ansteigt. Die Annahme des WIFO: Frauen bleiben dann länger am Arbeitsmarkt.
Mit den Ausgaben für Pensionen steigen aber auch jene für die Gesundheit und den Pflegebereich. Selbst bei guter wirtschaftlicher Entwicklung steigt die Schuldenquote – der Schuldenanteil am BIP – von aktuell 76 auf 120,6 Prozent im Jahr 2060.
Gegenmaßnahmen
Doch so drastisch sich die Zahlen lesen, sie müssen nicht zwingend Auswirkungen auf die Höhe künftiger Pensionen haben. „Höhere Pensionsausgaben können durch höhere Schulden, höhere Steuern oder geringere Ausgaben in anderen Bereichen gedeckt werden“, sagt WIFO-Ökonom Stefan Schiman-Vukan, der die betreffende Studie verfasst hat. Welche Bereiche priorisiert werden, obliegt natürlich auch in Zukunft der Politik – und wie bereits skizziert, steigt die Zahl der Pensionisten anteilsmäßig deutlich. Künftige Regierungen, die wiedergewählt werden wollen, dürften es somit eher nicht einfacher haben, eine große Pensionsreform durchzuboxen.
➤ Mehr lesen: Wie sich längeres Arbeiten bezahlt macht
Wirksame Maßnahmen gibt es laut Schiman-Vukan mehrere: „Es hätte einen doppelt positiven Effekt, gesunde Menschen länger im Erwerbsleben zu behalten: Es senkt die Pensionsausgaben und erhöht gleichzeitig die Pensionsbeiträge.“ Zudem wäre eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters für viele Personengruppen sinnvoll, sagt Schiman-Vukan: „Den einen ist mehr zumutbar, den anderen weniger.“ Hier könne man nach der Art und Schwere der Tätigkeit differenzieren – wie es schon jetzt bei der Schwerarbeitspension stattfindet.
Für eine Anhebung des Regelpensionsalters auf 67 Jahre plädierte zuletzt auch IHS-Chef Holger Bonin. Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker fühlte sich bestätigt, während der SPÖ-nahe Pensionistenverband Bonin umgehend kritisierte und meinte: Österreichs Pensionssystem sei stabil.
Die erwähnten Zahlen suggerieren das Gegenteil. Und eine Frage drängt sich auf: Wie konnte es so weit kommen? „Einerseits sind ältere Beschäftigte oft zu teuer und werden daher als Belastung wahrgenommen. Hier hätten steuerliche Maßnahmen gesetzt werden können. Andererseits fällt es den Unternehmen zu leicht, sich älterer Beschäftigter über das Sozialsystem zu entledigen“, sagt Schiman-Vukan. „Es ist in den letzten Jahren keine Kultur der Beschäftigung älterer Menschen entstanden.“
Kommentare