Ist das politische Mandat mit einem "normalen" Job vereinbar?

Ist das politische Mandat mit einem "normalen" Job vereinbar?
Mit Herzchirurg Günther Laufer kandidiert ein weiterer Quereinsteiger für das Parlament. Doch wer führt die Operation am Herzen durch, wenn das Plenum wichtige Gesetze verabschiedet?

Frische Quereinsteiger statt antiquierte Berufspolitiker, unerfahrene Neulinge statt bekannte Alteingesessene. Wöchentlich präsentieren die Parteien ihre Kandidaten für die kommende Nationalratswahl. Das Polit-Potpourri reicht von der Klimaforscherin bis zur Ex-Sportlerin. Aber auch ein Herzchirurg kämpft um ein Parlamentsmandat. Der bekannte Mediziner Günther Laufer (Bild unten) steht auf der Liste Sebastian Kurz. "Ab dem zwölften Platz aufwärts, aber nicht ganz hinten", wie die VP-Pressestelle mitteilt. Der Leiter der klinischen Abteilung für Herzchirurgie am Wiener AKH soll künftig für die Gesundheitsagenden im Nationalrat zuständig sein.

Das wirft aber zugleich auch ein paar Fragen auf: Lässt sich der Arztberuf mit der politischen Funktion vereinbaren? Wer führt die Operation am Herzen durch, wenn das Plenum wichtige Gesetze verabschiedet?

Ist das politische Mandat mit einem "normalen" Job vereinbar?

Parlamentsexperte Werner Zögernitz sieht keine Probleme. "Selbstverständlich ist das vereinbar", sagt er. Denn grundsätzlich ist den Parlamentariern erlaubt, neben ihrer politischen Tätigkeit einem bürgerlichen Beruf nachzugehen. "In den Ausschüssen kann man sich vertreten lassen, im Plenum muss der Mandatar anwesend sein", erklärt Zögernitz. "Eine Pflicht zu einer dauernden Anwesenheit besteht nicht, weil bei Abstimmungen bereits eine Mindestzahl von Abgeordneten reicht."

Berufspolitiker und Nebenberufler

Ohnehin ist Politiker sein in Österreich offensichtlich kein Fulltime-Job. Laut der "Transparenz-Liste" gibt weit mehr als die Hälfte der Abgeordneten an, neben dem Abgeordnetengehalt von 8.755,80 Euro im Monat auch noch Nebeneinkünfte zu beziehen. Auffallend dabei ist, dass viele Parlamentarier in der Partei werken oder Angestellte in den Kammern und Gewerkschaften sind. Naturgemäß haben sie weniger Probleme, die politische Funktion mit dem Nebenjob zu vereinbaren.

Anders sieht es bei Angestellten aus, die nicht in Interessensvertretungen oder parteinahen Organisationen beschäftigt sind. "Es braucht einen Arbeitgeber, der damit leben kann, dass das Politikgeschäft nicht planbar ist", sagt Gerald Loacker (Bild unten). Der Sozialsprecher der NEOS leitete während seines politischen Mandats die Personalabteilung einer Bank und bezeichnet die Zeit als "hoch anspruchsvoll". Immer sei er für das Unternehmen online und telefonisch erreichbar gewesen. "Es funktionierte, weil ich den Job jahrelang gemacht habe und mein Team eingespielt war."

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Gerald Loacker war acht Jahre lang Personalleiter der Dornbirner Sparkasse

Wie Loacker vertritt auch FPÖ-Mandatar und Zahnarzt Andreas Karlsböck die Meinung, dass es wichtig ist, "mit einem Bein in der Realität zu stehen, um den Anschluss nicht zu verlieren." Mit "Realität" meinen die Politiker die Wirtschaft, den Job außerhalb des Parlaments und politischen Institutionen. "Natürlich ist es manchmal stressig, alles unter einem Hut zu bringen. Aber ich habe Glück. Meine Tochter ist ebenfalls Zahnärztin. Wenn ich im Parlament bin, übernimmt sie die Praxis", erklärt der Freiheitliche.

"Das lässt sich schon vereinbaren"

Ob sich Herzchirurg Günther Laufer überhaupt die Frage stellen muss, wie er seine Leitungsfunktion im AKH mit einem politischen Mandat vereinbaren will, ist noch Zukunftsmusik. Als Analogie bietet sich allerdings Brigitte Povysil an. Die Linzer Primarärztin saß von 1996 bis 2002 auf ein FPÖ-Mandat und leitete zugleich die pädiatrische und gynäkologische Radiologie am Kepler Universitätsklinikum.

Als sie ihr Mandat angenommen hat, bekam Povysil eine 50-Prozent-Dienstfreistellung. "Das lässt sich schon vereinbaren", sagt sie. "Aber als Abteilungsleiterin ist man ohnehin immer so lange anwesend, wie es erforderlich ist."

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