Am kommenden Samstag wird Karl Nehammer auf dem Bundesparteitag in Graz formal zum Nachfolger von Sebastian Kurz als ÖVP-Obmann gewählt. Wie startet Karl Nehammer in seine neue Funktion? Traut ihm die Bevölkerung die Lösung der schwierigen aktuellen Probleme zu? Würde Kurz es besser machen? Und wie ist die Stimmungslage im für die ÖVP wichtigsten Bundesland Niederösterreich?
OGM befragte im Auftrag des KURIER knapp 1.000 Niederösterreicher und mehr als 1.000 Österreicher ab 16 (Cawi-Online-Interviews auf Basis des OGM-Online-Panels). Und das sind die Ergebnisse:
Die Sonntagsfrage Bei der Nationalratswahl-Sonntagsfrage bestätigt sich der Gleichstand zwischen ÖVP und SPÖ, den OGM als erstes Institut bereits vor fünf Wochen gemessen hat (inzwischen haben andere Meinungsforscher nachgezogen). Demnach würden ÖVP und SPÖ auf jeweils 26 Prozent kommen. „Angesichts der Krisen und Bedrohungen ringsum gibt es keine Veränderungen im Wählerverhalten“, sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Die Impfgegner-Partei MFG wäre derzeit im Nationalrat, was eine Regierungsbildung extrem erschweren würde. Außer der Großen Koalition hätte keine Variante eine stabile Mehrheit, eine Ampel aus Rot, Grün, Neos käme auf wackelige 48 Prozent.
Die Koalitionswünsche Ungeachtet dessen ist die Ampel die beliebteste Koalitionsvariante (34 Prozent).
Die zweitliebste Koalitionskombination ist mit 21 Prozent Zustimmung Türkis-Grün. Sie käme bei einer Neuwahl aber auf nur 38 Prozent, ist also weit entfernt von einer Mehrheit. Türkis-Blau wünscht sich jeder fünfte Befragte, bekäme derzeit gemeinsam aber nur 44 Prozent.
Die Kanzler-Direktwahl Bei der Kanzler-Direktwahl liegt Nehammer hochgerechnet leicht über dem Wert der ÖVP, Rendi-Wagner unter jenem der SPÖ. Deutlich unter den Werten ihrer Parteien schneiden Herbert Kickl und Werner Kogler ab.
Bester Krisenkanzler Bei der Frage, wem die Österreicher am ehesten zutrauen, die aktuellen Probleme (Teuerung, Energieversorgung, Pandemie etc.) zu lösen, kann Nehammer nur einen relativen Erfolg verbuchen. Zwar traut ihm eine Mehrheit von 51 Prozent die Krisenbewältigung weniger oder nicht zu, aber 46 Prozent vertrauen ihm. Hingegen zweifeln an Rendi-Wagners Managementfähigkeit 61 Prozent (36 Prozent vertrauen ihr). Kurz’ Lösungskompetenz misstrauen 64 Prozent (32 Prozent vertrauen ihm).
Das ÖVP-Imageproblem Die ÖVP hat ein massives Imageproblem. 38 Prozent der Befragten halten sie für korrupter als andere Parteien, nur vier Prozent für weniger korrupt. Selbst in den eigenen Reihen ist das Image verbesserungswürdig: 76 Prozent der ÖVP-Anhänger trösten sich, indem sie ihre Partei für gleich korrupt halten wie andere Parteien, 17 Prozent halten ihre Partei für sauberer. Satte 58 Prozent der Befragten trauen Nehammer nicht zu, in der ÖVP mehr Sauberkeit durchzusetzen. Nur 38 Prozent trauen dem künftigen ÖVP-Obmann das zu.
Das ÖVP-Personalproblem Das Zeugnis für das ÖVP-Regierungsteam gleicht einer Katastrophe. Nur zwei Personen schneiden positiv ab: Nehammer selbst und Arbeitsminister Martin Kocher. Die Ministerinnen Schramböck, Köstinger, Tanner, Raab und Polaschek liegen mit mehr als 30 Prozent im Minus.
Das ÖVP-Kernland Niederösterreich
Niederösterreich muss bis spätestens 5. März 2023 wählen. Nach heutigem Stand drohen der ÖVP deutliche Verluste von acht Prozentpunkten. Sie hat aber noch Potenzial nach oben, denn derzeit verliert sie an die impfgegnerische MFG, von der man jedoch nicht weiß, ob sie zum Wahlzeitpunkt noch eine relevante Gruppierung sein wird.
Auffallend ist die Schwäche der niederösterreichischen Konkurrenz zur ÖVP: Die SPÖ verliert sogar leicht, die FPÖ stagniert, auch Grüne und Neos kommen kaum vom Fleck. Entsprechend sind die Ergebnisse der Direktwahlfrage: 48 Prozent würden Johanna Mikl-Leitner zur Landeshauptfrau wählen, dahinter liegen abgeschlagen Franz Schnabl (SPÖ, 19 Prozent) und Udo Landbauer (FPÖ, 13 Prozent).
Sollte die ÖVP die Absolute in NÖ verlieren, sind 30 Prozent für eine Große Koalition mit der SPÖ. Wunsch nach Neuerung Dennoch gärt es auch in Niederösterreich: 41 Prozent hätten gern „einen politischen Wechsel“. 21 Prozent wünschen sich von der ÖVP „mehr Mut zu Neuem“.
Kommentare