„Fünf Jahre sind vergangen. Nichts ist mehr, wie es war. Viel Unsicherheit und viele neue Fragezeichen. Es findet mitten in Europa ein Krieg statt, keiner weiß, wie es da weitergeht. Und man weiß nicht, wie lange uns das Virus eine Atempause gönnt“, fährt sie fort.
Nehammers Rede
Kanzler Karl Nehammer nimmt ihren Faden auf. „Als ich Bundeskanzler wurde, waren wir in einem Lockdown. Anfangs war es nach dem Lockdown fast beklemmend - so viele Menschen, so viele Viren“, sagt Nehammer. Er berichtet, wie es ihm ging, als er in Kiew zum ersten Mal in seinem Leben an einem Massengrab stand („Das lässt einen nicht mehr los“) und von seiner Erleichterung, als er wieder zurück in Österreich war. Nehammer sagt, die aktuellen Krisen seien enorm und verursachen komplexe Probleme, aber man dürfe sich davon nicht überwältigen lassen. „Wir können Krisen schaffen. Wir haben nach der Pandemie ein höheres Wachstum als davor, wir haben Vollbeschäftigung, wir helfen den Geflüchteten und helfen vor Ort in der Ukraine. Wir schaffen Krisen, weil wir Österreicher sind.“
Nehammer bekommt von den Hunderten Delegierten auffallend viel Applaus. Der Name Sebastián Kurz fällt auf diesem Parteitag nicht, nur Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka erinnert an „die Turbulenzen vom vergangenen Herbst“. Nun habe die ÖVP aber „die Chance, mit Kanzler Nehammer auch auf Bundesebene wieder Fuß zu fassen“.
Zentrale Bedeutung
Für Mikl-Leitner ist der Parteitag am Samstag von zentraler Bedeutung. Sie braucht den Rückhalt der engmaschigen Parteiorganisation für den vor ihr liegenden Wahlkampf. 2018 hat Mikl-Leitner, auch mit dem Rückenwind durch die damals noch junge, türkise Bewegung, die absolute Mehrheit errungen.
Mit Rückenwind vom Bund ist diesmal kaum zu rechnen, im kommenden Wahlkampf wird sich die Landes-ÖVP voll auf die Landespolitik konzentrieren, die Bundespolitik wird gemieden werden. Das ist bereits auf dem Parteitag spürbar: Die nach St. Pölten angereiste ÖVP-Ministerinnenriege (Schramböck, Köstinger, Raab, Staatssekretärin Plakolm) wird erst begrüßt, nachdem bereits sämtliche niederösterreichische Honoratioren von den 500 Delegierten mit Applaus bedacht worden sind.
In ihrer Rede stellt Mikl-Leitner denn auch „Heimat“ in den Mittelpunkt, den „Raum des Vertrauten“ in einer Zeit, in der „vieles Berechenbare unkalkulierbar wird“. In einer „Zeit des Umbruchs“ sollte die Landespolitik „die starke Schulter für die Menschen sein“.
Die Ermittlungen und den ÖVP-U-Ausschuss erwähnt Mikl-Leitner nur indirekt. Sie sagt: „Die Politik vermittelt heute ein Bild, das ich so nicht möchte. Sind wir wirklich schon so weit, dass Aggressionen gegenüber Politikern nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind? Dass anonyme Anzeigen die politische Debatte ablösen? Es tut mir weh, wie die ÖVP in der Kritik steht, weil es viel zu oft nicht angemessen und nicht gerecht ist, was uns viele vorwerfen.“
470 stimmberechtigte Delegierte sind nach der Rede zur Wahl aufgerufen. Das Wahlergebnis für Johanna Mikl-Leitner lautet: 99,5 Prozent oder 412 der 415 abgegebenen Stimmen. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner erhält als Vize-Parteiobfrau 407 Stimmen oder 98,1 Prozent. Das letzte Mal erhielt Mikl-Leitner 98,5 Prozent der Delegiertenstimmen auf dem Parteitag.
Die Landtagswahl findet turnusmäßig im Jänner 2023 statt, der späteste Termin ist der 5. März 2023. Die ÖVP erreichte 2018 49,6 Prozent.
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