„Pro Kopf produktiver zu werden, ist nicht schwer: Man arbeitet einfach länger“, sagt der Ökonom. Doch die Teilzeitquote ist seit der Jahrtausendwende bei den Männern von vier auf heute 13 Prozent, bei den Frauen von 32 auf nunmehr 51 Prozent gestiegen. Kluge führt das unter anderem auf die zu hohen Steuern auf den Faktor Arbeit zurück. „Wer pro Woche 40 statt 20 Stunden tätig ist, hat am Ende nur knapp 68 Prozent mehr netto.“
Zudem sei es zu attraktiv, neben der Arbeitslosigkeit geringfügig zu arbeiten, statt wieder richtig in Erwerbsleben einzusteigen. Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher wollte den geringfügigen Zuverdienst für Arbeitslose einschränken, scheiterte aber am Widerstand der Grünen. Kluge schlägt vor, das nachzuholen und zudem einen flacheren Steuertarif („Flat Tax“) einzuführen, um mittlere Einkommen zu entlasten.
Technischer Fortschritt
Und wie kann die Produktivität pro Stunde erhöht werden? SPÖ-Chef Andreas Babler sieht in der gestiegenen Produktivität ja einen Ansatzpunkt, die gesetzliche Arbeitszeit zu reduzieren: auf 36, wenn nicht sogar 32 Wochenstunden. Laut Statistik Austria ist die Produktivität pro Kopf von 2010 bis 2022 um zehn Prozent gestiegen, danach leicht zurückgegangen.
Kluge moniert, dass es in Österreich nicht genügend „hochproduktive Jobs“ gebe – insbesondere in jenen Bereichen, wo eine Effizienzsteigerung durch technischen Fortschritt möglich wäre. Das würde auch die EU blockieren, etwa mit der strengen Regulierung künstlicher Intelligenz.
Der Ökonom lobt, dass Türkis-Grün deutlich mehr in Forschung und Entwicklung (F&E) investiert hat und Österreich hier bei den öffentlichen Ausgaben zu Europas Top 3 zähle. Viel treffsicherer sei es aber, wenn private Unternehmen selbst in Forschung investierten und dabei gezielt durch die öffentliche Hand gestützt würden, meint Kluge mit Verweis auf OECD-Studien. Ob die derzeit gängige indirekte Finanzierung über die Forschungsprämie zielführen sei, sei dagegen noch nicht ausreichend evaluiert.
Kapitalmarkt
Laut Kluge ist Österreichs Kapitalmarkt „zu klein und isoliert“. Unternehmen seien nach wie vor gezwungen, Kredite bei der Hausbank aufzunehmen. Die seien aber vor allem während Finanzkrisen schwieriger zu bekommen. Eine richtige Reform ist wohl nur auf europäischer Ebene möglich.
Und national? Die Agenda Austria plädiert etwa für „steuerliche Anreize für private Investoren“ oder die steuerliche Gleichstellung von Fremd- und Eigenkapital.
Freihandel und Entbürokratisierung
Laut einer Eurobarometer-Umfrage von 2022 sind nur die Franzosen globalisierungskritischer als die Österreicher. Dementsprechend breit ist hierzulande die Front gegen internationalen Freihandel. Für das Mercosur-Abkommen zwischen EU und Südamerika treten nur die Neos ein. „Freihandel nutzt nicht die Armen aus, sondern hat sie in den letzten Jahrzehnten milliardenfach aus der Armut herausgeführt“, empfiehlt Kluge mehr Aufklärung.
Weitere Schwerpunkt der Agenda Austria: weniger Bürokratie, insbesondere auf EU-Ebene, sowie deutlich mehr digitale Dienstleistungen. „Auch der Breitbandausbau im ländlichen Raum muss beschleunigt werden“, sagt Kluge – insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die dort häufig angesiedelt sind.
Wer soll das umsetzen?
Bleibt die Frage, welcher Partei Kluge am ehesten zutraut, dies Punkte umzusetzen. Wenig überraschend: der SPÖ nicht. Die habe „ganz andere Vorstellungen“, etwa beim Thema Arbeitszeitverkürzungen, so der Ökonom.
Die ÖVP sehe sich zwar „immer gerne als Wirtschaftspartei, hat aber in all diesen Bereichen wenig weitergebracht“, obwohl sie seit 37 Jahren in der Regierung sitze. Beide Parteien würden daher dringend Koalitionspartner brauchen, die Wachstumsimpulse setzen wollen, meint Kluge.
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