Die Einnahmen stagnieren und die Ausgaben steigen deutlich. Der Bund hat im ersten Halbjahr 46 Milliarden Euro und damit nur marginal mehr eingenommen als im Vorjahr. Bei der Umsatzsteuer – Stichwort Konsumflaute – sind die Einnahmen um nur 2,8 Prozent gewachsen, bei der Körperschaftsteuer (KÖSt) sogar um 7,4 Prozent zurückgegangen.
Verursacher des Defizits sind aber die gestiegenen Ausgaben, die von Jänner bis Juni bei 59,7 Milliarden Euro lagen – und damit um 14,3 Prozent im Vergleich zu 2023 gestiegen sind. Die größten Brocken: 1,9 zusätzliche Milliarden für die Pensionen, 1,1 Milliarden für die Bundesländer im Rahmen des Finanzausgleichs und eine Milliarde für Klima und Energie.
Ob ein Defizit von 20,9 Milliarden bis Jahresende noch realistisch ist? „Mit diesem Tempo bei den Ausgaben wird sich das nicht ausgehen. Wir haben bereits zur Halbzeit 13,8 Milliarden, also zwei Drittel dieser Summe, verbraten“, sagt Ökonom Dénes Kucsera vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria. Die EU-Maastricht-Kriterien von drei Prozent des BIP einzuhalten, könnte „wirklich knapp werden“.
Finanzministerium sieht auch positive Punkte
Der Fiskalrat, der im Gegensatz zum Finanzministerium (BMF) ohnehin bereits einen Verstoß gegen Maastricht prognostiziert, sieht sich durch die Halbjahresbilanz übrigens nicht bestätigt und will diese nicht näher kommentieren. Der Grund: Der Budgetvollzug eignet sich eher nicht für unmittelbare Rückschlüsse, Ausgaben und Einnahmen können saisonal teilweise stark variieren.
Das BMF geht jedenfalls von einer besseren Performance in der Rückrunde aus: „Die in der Vergangenheit beschlossenen Maßnahmen im Kampf gegen die unterschiedlichen Krisen bilden sich nun im Budgetvollzug ab. Hierbei kam es zu keinen Überraschungen“, heißt es. Positiv sei, dass die Inflationsrate erstmals seit drei Jahren unter drei Prozent liege. Und: Die wichtigen Ratingagenturen Morningstar sowie Fitch würden Österreich ein sehr stabiles Rating ausstellen. Doch auch Brunners Ressort warnt: „Alle Institutionen müssen das Anspruchsdenken zurückfahren. Jedes Wahlzuckerl würde das Budget weiter belasten.“
Opposition schlägt Alarm
Die Opposition zieht hingegen ein vernichtendes Fazit. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger wirft der Regierung „Zukunftsraub“ vor: „Diese Bundesregierung hat mit ihrer ‚Koste es, was es wolle‘-Politik ein Rekord-Defizit zu verantworten.“ Sollten es die Neos in die nächste Regierung schaffen, verspricht Meinl-Reisinger einen „ehrlichen Kassasturz“ sowie „harte, aber mutige Reformen“.
Die Regierung stürzen will auch die SPÖ. Finanzsprecher Jan Krainer will alle türkis-grünen Projekte zur Disposition stellen. Während die SPÖ ihrer Nachfolgeregierung 2017 noch ein saniertes Budget übergeben habe, sei das Defizit seitdem nach oben geschnellt. Neben einem „Budgetdesaster“ ortet Krainer auch ein „Konjunkturdesaster“ – wegen hoher Preise und Arbeitslosenzahlen.
Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer muss gegenüber der APA „schon sagen, dass es mich etwas belustigt, dass ausgerechnet die Sozialdemokratie heute wieder in einer Pressekonferenz ankündigt, alles, was diese Regierung gemacht hat, stünde zur Disposition.“ Übersetzt heiße das nämlich, die SPÖ wolle auch Zukunftsinvestitionen wie das Klimaticket oder den Ausbau der Kinderbetreuung zurücknehmen. „Man kommt sich ein bisschen im falschen Film vor, wenn man sich anschaut, welche Partei hier jetzt schreit: ‚Hilfe, Hilfe, Budgetdefizit‘.“
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