Nicht treffsicher? Brunner zerlegt Gewesslers Förderungen

Nicht treffsicher? Brunner zerlegt Gewesslers Förderungen
Die hohen Mittel für Gewesslers Ressort würden "am Ende des Tages oft nicht die gewünschte Wirkung" erzielen, erklärt der Finanzminister.

Die ÖVP will in der kommenden Legislaturperiode vor allem Steuern und Abgaben senken. Gegenfinanzieren will sie das unter anderem über eine Reduktion der Förderungen. Dort sieht die Volkspartei ein Sparpotenzial von 3,5 Milliarden Euro. Erreicht werde dieses, wenn man die heimische Förderquote um 0,8 Prozentpunkte, also auf den EU-Durchschnitt, senken würde. Aber in welchen Bereichen wird mehrfach, zu hoch oder nicht treffsicher gefördert?

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), den es im Herbst als EU-Kommissar nach Brüssel verschlägt, hat von seinen Experten den Klima- und Energiesektor genauer prüfen lassen. Die Ausgaben des Klimaschutzministeriums (BMK) seien seit 2019, also in der Ägide von Ministerin Leonore Gewessler (Grüne), um 300 Prozent gestiegen. 

"Als Finanzminister habe ich aber nicht nur die Aufgabe, die notwendigen Mittel bereitzustellen. Ich sehe es auch als meine Verantwortung sicherzustellen, dass diese Mittel effizient und zielgerichtet eingesetzt werden. Denn jeder Steuereuro, der nicht sinnvoll eingesetzt wird, fehlt an einer anderen Stelle", sagt Brunner. Und der Minister kritisiert Gewesslers Förderinstrumente deutlich: "Die Mittel erzielen am Ende des Tages oft nicht die gewünschte Wirkung. Das Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher könnte durchaus effizienter eingesetzt werden."

Nur 160 Millionen von drei Milliarden abgeholt

In den kommenden Jahren würden 14 Milliarden Euro in die Hand genommen, um die Wirtschaft ökologisch zu transformieren. Brunner betont, dass das grundsätzlich richtig und wichtig sei. Doch diese Transformation dürfe nicht auf Basis neuer Schulden erfolgen. Aber wo genau liegt das Problem bei den Förderungen des BMK?

Manche seien nicht effektiv und würden nicht die erhoffte Wirkung zeigen, auch mangels nötiger Begleitmaßnahmen. Brunner nennt den Heizkesseltausch als Beispiel. Hier zeige sich, dass dieser vor allem "unter steigenden Förderkosten in Anspruch genommen" werde. Etwa deshalb, weil Fachkräfte fehlen, um den Tausch im gewünschten Umfang voranzutreiben.

Zweitens würden laut Brunner in manchen Bereichen die Budgetmittel nicht zur Gänze abgeholt. Zum Beispiel drei Milliarden Euro im Rahmen des Transformationsfonds für die Industrie. Bisher hätten die Unternehmen nur 160 Millionen Euro abgerufen. Mit Stand Ende 2023 sind es laut Finanzministerium (BMF) mehr als 5,5 Milliarden Euro an transformationsrelevanten Rücklagen, die im BMK aufscheinen.

Brunners Gegenvorschläge

Brunner ortet jedenfalls Reformbedarf und schlägt mehrere Maßnahmen vor, die jetzt angegangen werden müssten. Etwa eine Steigerung der Kosteneffektivität, ein neuer Budgetprozess oder ein stärkerer Fokus auf Green Budgeting. Beim Green Budgeting wird analysiert, wie "klimafreundlich" welche staatlichen Subventionen wirken. 

Und: "Die Förderlandschaft hat sich in Europa komplett verändert. Darauf müssen wir auch in Österreich als Mitgliedstaat reagieren." Man müsse zudem überlegen, eine EU-weit einheitliche Förderplattform ins Leben zu rufen, so Brunner.

CO2-Reduktion wird immer teurer

Jose Delgado, Leiter des BMF-Climate Hub, betont ebenso, dass – um das klimapolitische Budgetrisiko zu reduzieren – öffentliche Transformationsmittel möglichst hohe klimafreundliche Investitionen auslösen sollten. Das würde eine Erstanalyse von 34.000 Förderprojekten bestätigen. Ziel müsse es aber sein, die Klimavorgaben der EU möglichst ohne neue Schulden einzuhalten.

"Die förderbasierten Kosten der CO2-Reduktion werden immer teurer", sagt Delgado. "Wenn die CO2-Reduktionskosten in der Form ansteigen, wird das für den Staat nicht finanzierbar sein." Deshalb empfehle man, die Fördersätze so zu reduzieren dass die Investitionswirkung maximiert wird. Auch sollten die Förderangebote der Institutionen vereinfacht und deutlich besser aufeinander abgestimmt werden.

Was erwartet man sich davon? Im Photovoltaik-Bereich gebe es etwa gleich fünf Schienen für Förderungen und Anreize: Die Abwicklungsstelle für Ökostrom, den Klima- und Energiefonds, neun unterschiedliche Länderförderungen, die Umsatzsteuer-Befreiung oder das Kommunale Investitionsprogramm.

Grüne: "Kann nur ein schlechter Scherz sein"

Der grüne Noch-Koalitionspartner zeigt sich über Brunner echauffiert. Dass der Minister finde, dass die Förderbudgets nicht die gewünschte Wirkung zeigen würden, "kann eigentlich nur ein schlechter Scherz sein", sagte der Klimaschutzsprecher der Grünen, Lukas Hammer. "Dank unserer Lenkungsmaßnahmen und klimafreundlichen Förderungen sind die Treibhausgasemissionen in den letzten zwei Jahren um insgesamt 11,9 Prozent gesunken."

Klimafreundliche Förderungen zu streichen würde auch bedeuten, kein Geld mehr für Familien zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre fossilen Heizungen umstellen können, sowie keine Anreize mehr für verbilligte Photovoltaikanlagen und keine Subventionierung von Reparaturleistungen zu haben, sagte auch Grünen-Budgetsprecher Jakob Schwarz in einer Aussendung. "Wenn die ÖVP Geld einsparen will, dann soll sie das dort tun, wo wir mit Steuergeld klimaschädliches Verhalten subventionieren, wie etwa beim Dieselprivileg, von dem vor allem ausländische Frächter profitieren."

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