Rauch hat auch beim Stellenplan für Ordinationen das Vetrorecht der Kammer gekippt. Negative Auswirkungen hatte das bis dato aber keine.
Es wird aber zu Verschlechterungen führen. Wir haben uns immer um eine gute Verteilung der Stellen gekümmert, damit die Patienten bestmöglich versorgt sind. Etwa wenn sich ein Primärversorgungszentrum 50 Meter neben einem Allgemeinmediziner ansiedeln wollte, der dort schon 20 Jahre seine Ordination betreibt, und gleichzeitig die Versorgung andernorts fehlte. Gerade in diesem Bereich herrscht derzeit seitens von Immobilieninvestoren eine Goldgräber-Stimmung. Ich bin enttäuscht von Rauch. Wir hatten immer eine gute Gesprächsebene, doch jetzt feiert er sich dafür ab, dass er – wie er selbst sagt – die Ärztekammer zurückgeschnitten hat.
Geplant ist ein bundesweit einheitlicher Gesamtvertrag für Kassenärzte, der es für Mediziner attraktiver machen soll in diesem System zu arbeiten. Wann wird er kommen?
Man wird neben einem bundesweit einheitlichen Grundgerüst auch weiterhin Rücksicht auf lokale Gegebenheiten nehmen müssen, weil für einen Arzt in der Stadt Salzburg einfach mehr Kosten etwa für Immobilien anfallen als in Eisenstadt. Eine völlige Vereinheitlichung wäre nur möglich, wenn man sich an den höchsten Tarifen orientiert und diese regionalen Unterschiede mitberücksichtigt. Es kann nicht sein, dass ein Bundesland nach der Reform schlechter dasteht als davor.
Kommen wir zu den Wahlprogrammen der einzelnen Parteien: Die ÖVP fordert eine Berufspflicht für frisch ausgebildete Ärzte, um sie im System zu halten. Eine sinnvolle Idee?
Das ist für uns ein unglaublicher Affront. Wieso soll jemand bestraft werden, weil er Medizin studiert? Dann müsste auch jeder Architekt ein Jahr lang Brücken bauen gehen. Jahrzehnte waren wir froh über das freie Studium. Jetzt, weil es uns gerade freut, führen wir Zwangsmaßnahmen ein. Das lehne ich kategorisch ab.
Gefällt Ihnen die SPÖ-Forderung nach einem garantierten Facharzttermin binnen 14 Tagen besser?
Wenn Andreas Babler die nötige Infrastruktur und die vielen zusätzlichen Kassenstellen zur Verfügung stellt, gerne. Aber das kann er nicht, deshalb kann er diese Forderung auch nicht erheben.
Bablers Vorschlag ist: Wahlärzte sollen notfalls kassenmedizinische Leistungen erbringen, wenn Engpässe bestehen.
Es ist völlig der Polit-Polemik geschuldet, wenn man jetzt einer Gruppe von Ärzten den Hautgout von angeblich hohen Einkünften umhängt, um sie dann bestrafen zu können. Das klingt nach Planwirtschaft und ist völlig ungerecht. Die Wahlärzte entlasten jetzt schon das Kassensystem. Ohne sie hätten wir noch viel längere Wartezeiten.
Vor einem Jahr erschütterte die Causa Equip4Ordi die Wiener Kammer, wo Sie ebenfalls Präsident sind. Es ging um Unregelmäßigkeiten im Unternehmen. In den großteils wieder eingestellten Verfahren wurde auch gegen Sie ermittelt. Wie ist der Stand?
Es zeigt sich: Ein Großteil der Beschuldigungen hat sich schon in Luft aufgelöst. Ich bin sicher, dass das Thema sehr bald abgeschlossen wird.
Inzwischen wurde der ehemalige Vizepräsident Erik Huber, der die Causa ins Rollen brachte, seinerseits geklagt. Eine Racheaktion?
Die Kammer ist nicht involviert.
Ihre Lehren aus der Causa?
Tatsächlich haben diese Herrschaften das Ansehen der Kammer massiv beschädigt. Ich will jeden Funktionär schützen, dass er nicht so etwas wie ich erleben muss. Dass man unschuldig derart angeprangert wird, dass man an die Grenze seiner Existenz getrieben wird. Wir werden daher umfassende Compliance-Regelungen erstellen.
Die Ärztekammer will weiblicher werden. In NÖ hat sie sich in „Ärztinnen- und Ärztekammer“ umbenannt. Welche Schritte folgen noch?
Gemeinsam mit dem Finanzreferenten bin ich in der Wiener Kammer mittlerweile ein Minderheitenprogramm (lacht): Ich habe zwei Vizepräsidentinnen, eine Kammeramtsdirektorin, zwei Kurienmanagerinnen und eine PR-Chefin.
Auf Ebene der Länder-Präsidenten und der Österreichischen Ärztekammer ist die Standesvertretung immer noch sehr männlich. Reicht es, die Türschilder zu ändern?
Wir müssen hier nicht irgendetwas festschreiben. Das wird sich in den nächsten Jahren sowieso entwickeln und das ist auch gut so.
Kommentare