Nachdem tausende deutsche Bauern per Traktor zur Jahreswende Richtung Berlin tuckerten, um gegen EU-Umweltstandards zu protestieren, wollte die FPÖ am 19. Jänner in Österreich für ähnliche Bilder sorgen. Das misslang. Nur elf Traktoren folgten dem Protestaufruf – und parkten am Wiener Ballhausplatz.
Da (größere) Proteste aber in vielen anderen EU-Staaten stattfanden, reagierte Brüssel dennoch und lockerte die Umweltstandards für Landwirte. Auch Österreichs Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) stimmte zu. Aber vielleicht kommt ja jetzt Proteststimmung auf. ÖVP und Grüne haben sich vergangene Woche auf den Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) geeinigt.
Die eigentliche Frist, Ende Juni, schaffte die Regierung nicht, Strafzahlungen dürften aber ausbleiben. Im NEKP soll stehen, wie Österreich bis 2030 48 Prozent seiner Emissionen gegenüber 2005 einsparen will. Das gilt für Sektoren, die nicht Teil des EU-Emissionshandelssystems sind – wie den Verkehr oder die Landwirtschaft.
Das "Dieselprivileg" soll fallen
Die Grünen hätten im NEKP gerne fixe Sparvorgaben für diese Sektoren festgeschrieben. Dagegen wehrte sich die ÖVP erfolgreich. Wie will Österreich die EU-Klimaziele dennoch erreichen? Vor allem durch die Streichung „klimaschädlicher Subventionen“. Für solche gibt der Staat laut einer WIFO-Studie von 2022 jährlich bis zu 5,7 Milliarden Euro aus. 61 Prozent entfallen auf den Verkehr. Prominente Beispiele: Pendlerpauschale, steuerliche Bevorzugung von Dienstwägen oder „Dieselprivileg“.
Letzteres, das aus Sicht der Grünen jedenfalls fallen soll, ist für Landwirte besonderes relevant: Die Mineralölsteuer auf Diesel ist in Österreich um rund 8,5 Cent pro Liter niedriger als auf Benzin. Streng genommen handelt es sich beim Dieselprivileg also um keine „Subvention“, sondern eine abgabenseitige Entlastung.
Die Maßnahme befeuert einerseits den „Tanktourismus“, hilft aber gleichzeitig Österreichs Industrie – etwa Betrieben mit großen Lkw-Flotten – und eben der Landwirtschaft. Denn aufgrund ihres höheren Drehmoments sind Dieselmotoren besonders geeignet für Traktoren – selbiges gilt für Baumaschinen oder Panzer. Eine ernst zu nehmende umweltfreundliche Alternative zum Dieseltraktor gibt es aktuell nicht. Heißt: Die Fixkosten der heimischen Landwirte würden automatisch steigen, sobald das Dieselprivileg fällt.
Wann soll das geschehen? Tatsächlich fehlen noch Details, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) will den konkreten Plan diese Woche präsentieren. Vom ÖVP-Bauernbund heißt es auf KURIER-Anfrage wiederum: „Grundsätzlich ist anzumerken, dass ein Ende des Dieselprivilegs nicht angekündigt wurde.“
"Agrardiesel"-Paket soll verlängert werden
Und wenn es trotzdem kommt? Natürlich könnte die nächste Regierung ein Dieselprivileg den Landwirten auch über anderweitige Förderungen kompensieren. Etwa, indem sie bestehende Entlastungspakete einfach verlängert. Heuer erhalten Landwirte für ihren „Agrardiesel“ bereits 20 Cent je Liter – über Förderungen und zur Kompensation der CO2-Steuer.
Hier hakt der Bauernbund ein: „Wir stehen für eine Verlängerung der kürzlich umgesetzten Agrardiesel-Rückvergütung und für einen Ausbau des Agrardiesels, um die Konkurrenzfähigkeit der heimischen Landwirtschaft im europäischen Wettbewerb aufrechtzuerhalten und zu stärken.“ Nur so könne man die flächendeckende Versorgung mit nachhaltigen Lebensmitteln gewährleisten.
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