ÖVP verkündet "Agrardiesel"-Paket – Grüne reagieren irritiert

ÖVP verkündet "Agrardiesel"-Paket – Grüne reagieren irritiert
Laut dem ÖVP-Landwirtschaftsminister erhalten Bauern 20 Cent je Liter Diesel. Die Grünen widersprechen dieser Darstellung.

Die Bundesregierung hat am Mittwoch im Ministerrat ein rund 300 Millionen Euro schweres Entlastungspaket für die Land- und Forstwirtschaft auf den Weg gebracht. Die Betriebs- und Treibstoffkosten würden derzeit weiterhin auf hohem Niveau bleiben, gleichzeitig aber die Einkommen der Bauern sinken, sagte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) im Pressefoyer nach der Ministerratssitzung. Es gehe darum, eine nachhaltige Lebensmittelversorgung zu garantieren.

Abseits des Dieselmotors gebe es derzeit in der Landwirtschaft keine alternativen Antriebsmöglichkeiten, begründete Totschnig die Unterstützung beim Diesel. Die CO2-Bepreisung habe in diesem Sektor keinen Lenkungseffekt, sondern stelle nur eine zusätzliche Belastung dar.

Grüne: "Das ist kein Agrardiesel"

Insgesamt werden für den "Agrardiesel" für 2024 Mittel von 209 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Dies soll eine Entlastung von 20 Cent je Liter Diesel bringen. Es handle sich bei den 20 Cent je Liter weder um einen „Agrardiesel“, noch um ein gänzlich neues Entlastungspaket, widerspricht Grünen-Budgetsprecher Jakob Schwarz der Darstellung des Ministers. 

Das Paket setze sich aus zwei Entlastungsmaßnahmen zusammen, so Schwarz. Bei der ersten Maßnahme handle es sich um eine Kompensation im Zusammenhang mit der CO2-Bepreisung, die bereits 2021 beschlossen, bisher aber nicht ausbezahlt wurde. Laut Totschnig habe man sich noch mit der EU abstimmen müssen.

Die Höhe der CO2-Kompensation liegt bei maximal 13 Cent pro Liter. Wie hoch sie ausfällt, hängt von der Ackerfläche ab, nicht vom Verbrauch oder der Antriebsart. „Sie gilt nicht nur für Diesel-, sondern auch für Elektro- oder Biodieseltraktoren“, sagt Schwarz zum KURIER. Die Rückvergütung der CO2-Bepreisung für die Jahre 2022 bis 2025 ist mit 134 Millionen Euro dotiert. 

Wie kommt die ÖVP dann auf 20 Cent? Neu beschlossen sei eine Förderung von 7 Cent pro Liter, die ebenfalls nicht nur für Dieseltraktoren gelte, so Schwarz. Sie macht 75 Millionen Euro aus und gilt vom 2. Halbjahr 2023 bis Ende 2025.

Darüber hinaus sind 2024 jeweils 50 Mio. Euro für einen Bodenbewirtschaftungsbeitrag sowie für ein Paket für Sondermittel für mehr Tierwohl vorgesehen, so Totschnig. Eine Schwerpunktsetzung soll bei der Schweinehaltung erfolgen, um die Umstellung auf tierfreundlichere Haltung besonders attraktiv zu gestalten.

Freude und Kritik

Von einem "Durchbruch im Sinne der heimischen Bäuerinnen und Bauern" sprach Niederösterreichs LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP), der aktuell auch Vorsitzender der österreichischen Agrarlandesräte ist. Für das Jahr 2024 betrage die Entlastung insgesamt 37,5 Cent pro Liter, hielt er in einer Aussendung fest. "Damit stärken wir gleichzeitig auch die Versorgungssicherheit in Österreich."

Bauernbund-Präsident Georg Strasser sprach heute von einer "spürbaren Entlastung" für die Landwirte. "Danke an Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, der sich in der Bundesregierung für dieses Paket stark gemacht und das notwendige Verständnis dafür geschaffen hat", so Strasser. Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger zeigte sich ebenfalls zufrieden, wünscht sich aber mehr. "Unsere bäuerlichen Familienbetriebe brauchen am Binnenmarkt einen deutlich besseren Schutz vor industriellen Agrarexportriesen und eine Anpassung der Ausgleichszahlungen für die immer höheren Umwelt- und Klimaleistungen", erklärte Moosbrugger in Richtung EU.

Kritik kommt hingegen von Global 2000. "Die heute von Landwirtschaftsminister Totschnig vorgestellten Maßnahmen unterstützen die Bauern und Bäuerinnen in keinster Weise im Umgang mit der Klimakrise. Vielmehr braucht es Umweltschutzmaßnahmen, die die natürlichen Ressourcen bewahren, ein Voranschreiten der Biodiversitäts- und Klimakrise stoppen und die Produktionsfähigkeit der Landwirtschaft für nachfolgende Generationen sichern", so deren Landwirtschaftssprecherin Brigitte Reisenberger.

Einkommen der Bauern sinken

2023 sind die bäuerlichen Einkommen - nach sehr hohen Zuwächsen im Jahr davor - gesunken. Das Faktoreinkommen pro Arbeitskraft sank 2023 zum Vorjahr real um 21,5 Prozent, so die Statistik Austria

Laut "Grünem Bericht" - der die durchschnittlichen Einkünfte der Betriebe ausweist - wurden zwischen 2012 und 2015 jeweils Rückgänge im Bereich von 5 bis 15 Prozent verzeichnet, ehe die Gewinne 2016 und 2017 um etwas mehr als 10 Prozent zulegten. Nach einem neuerlichen Minus im Jahr 2018 folgte eine Phase der Stagnation, 2021 gab es dann erstmals wieder ein Plus von 15 Prozent. Aufgrund der höheren Erzeugerpreise stand 2022 ein kräftiges Plus von 42 Prozent zu Buche.

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