Nach politischem Hickhack: Türkis-Grün einigt sich jetzt doch auf Klimaplan 2030

Nach politischem Hickhack: Türkis-Grün einigt sich jetzt doch auf Klimaplan 2030
Nach monatelangem Gezerre einigt sich die Koalition darauf, wie Österreichs EU-Ziel zur Senkung der Treibhausgase aussehen soll.

Nicht Klimaministerin Leonore Gewessler, sondern Finanzminister Magnus Brunner, der designierte neue österreichische EU-Kommissar, ließ die mediale Bombe am späten Mittwochnachmittag platzen: Die Einigung zum NEKP genannten Nationalen Energie- und Klimaplan steht.

„Die Arbeiten zum Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) sind in der Zielgeraden. Österreich wird in Kürze einen fertigen Klimaplan an die EU-Kommission übermitteln“, hieß es am späten Mittwochnachmittag aus dem Klimaministerium von Leonore Gewessler.

Der NEKP war einer der am heftigsten umstrittenen Punkte in der Regierung. Erst Anfang Dezember 2023 hatte nämlich Europaministerin Karoline Edtstadler den  mit den Türkisen nicht akkordierten Entwurf, den Gewessler an die EU-Kommission geschickt hatte, zurückziehen lassen, weil es „kein Plan der Regierung“ sei. 

Alles Schnee von gestern: Nun gibt die ÖVP grünes Licht – für einen nur in wenigen Punkten geänderten Klimaplan: „Im Klimaplan werden wir nachweisen, wie wir unsere Klimaziele durch Klimaschutzmaßnahmen im Inland erreichen. Denn wir schützen unser Klima in Österreich, anstatt teure Zertifikate aus dem Ausland zu kaufen,“ heißt es weiter aus dem Gewessler-Ministerium.  Auf Basis des Entwurfs aus dem Jahr 2023 seien dafür weitere Maßnahmen erforderlich. Dazu würde etwa die Abschaffung von klimaschädlichen Subventionen gehören. Diese werde im österreichischen Klimaplan festgeschrieben. 

Magnus Brunner zeigte sich zufrieden: „Österreich bekennt sich zum Klimaschutz – aber mit Hausverstand. Mit dieser Einigung beweisen wir, dass Klimaschutz auch funktionieren kann, wenn alle Interessen berücksichtigt und die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Mit diesem Plan stellen wir sicher, dass Klimaschutz nicht auf Kosten unserer Wirtschaft oder der Arbeitsplätze in Österreich geht. Wir haben einen Weg gefunden, der den Bedürfnissen der österreichischen Wirtschaft, der Menschen und unseren Klimazielen gerecht wird und vermeiden ideologisch getriebene Maßnahmen.“

Offenbar haben sowohl Grüne als auch ÖVP für die Einigung stark nachgeben müssen: Die Grünen mussten die sogenannten Sektorziele streichen, die ÖVP dafür der Abschaffung aller klimaschädlichen Subventionen zustimmen. Die bekannteste dieser klimaschädlichen Subventionen ist die Minderbesteuerung von Dieselkraftstoff gegenüber Benzin. Das muss nun fallen, die ÖVP hat dem zugestimmt.

Bei den Sektorzielen geht es  um spezifische Reduktionsvorgaben für Treibhausgasemissionen in verschiedenen Wirtschaftssektoren: also etwa für den Verkehr, die Landwirtschaft oder für die Energiewirtschaft. Die Grünen hatten die längste Zeit auf die Sektorziele als konkret messbare Zielvorgaben bestanden – und musste nun nachgeben

Bestätigt wird auch, dass im akkordierten NEKP Österreich seine Klimaziele jedenfalls rechnerisch einhalten kann. Das ist ein riesiger Schritt: Beschlossen ist ja längst, dass die EU-27 die Treibhausgasemissionen (immer im Vergleich zum Basisjahr 1990) um 55 Prozent senken werden. 
Jeder EU-Staat hat aber eigene Ziele, Österreich muss bis 2030 seine Emissionen „nur“ um 48 Prozent senken. Die EU-Kommission hat den Österreich nämlich zugutegehalten, dass es im Strombereich  – nach Schweden –  bereits am meisten Grün-Strom aus Wasserkraft, Wind- und Sonnenenergie  gewinnt.

Die Einigung bedeutet auch, dass Österreich keine teuren Strafzahlungen der EU-Kommission zu befürchten hat. Das Klimaministerium kündigte an, den Plan vorstellen zu wollen, sobald die letzten Details vorliegen. Das werde in den kommenden Tagen der Fall sein.

Anlässlich der Regierungseinigung auf den finalen NEKP fordert die Umweltschutzorganisation WWF eine ambitionierte und zügige Umsetzung der geplanten Maßnahmen in die Praxis. Greenpeace bezeichnete die Einigung als „erfreulich“, forderte aber, dass „Emissionen radikal eingespart werden“, sowie die Streichung klimaschädlicher Subventionen und Förderung einer klimafreundlichen Mobilität.

Zur Abschaffung klimaschädlicher Subventionen stellt sich für den ÖAMTC die Frage, „welche politischen Mehrheiten es dafür geben wird“, immerhin hätten sich die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten für die Nationalratswahl bereits „gegen weitere Belastungen bzw. Streichen von Entlastungen ausgesprochen“. Der Club setzt in Sachen leistbare Mobilität bei sinkenden CO2-Emissionen auf eine sukzessive Erhöhung der Biokraftstoff-Beimischung. Positiv zu bewerten ist laut Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, dass auf sektorspezifische Ziele verzichtet und „die CO2-Reduktion - wo auch immer sie stattfindet - in den Vordergrund gestellt“ werde.

SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr bezeichnete den NEKP-Entwurf als faulen Kompromiss: „Schon im letzten Entwurf des NEKP wurde das Ziel um 13 Prozent verfehlt. Jetzt fallen auch noch die einzelnen Sektorziele weg.“ Die ÖVP signalisiere „den Unternehmen 'wartet lieber mal ab, es wird sich schon ein Schlupfloch auftun'“.

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