Der Pensionshunderter à la Jörg Haider
Der von der Bundesregierung Anfang Dezember beschlossene Pensionshunderter wurde heute, Donnerstag, im Nationalrat fixiert (mehr dazu hier). Zu den 0,8 Prozent Pensionsanpassung für das kommende Jahr bekommen alle Pensionisten – ASVG- und Beamtenpensionisten - hundert Euro zusätzlich als Einmalzahlung. Ausbezahlt wird am 30. 12. mit der Dezember-Pension.
Wie berichtet, hat die Regierungskoalition weder eine soziale Staffelung noch eine Deckelung, ähnlich wie sie bei der Mindestsicherung diskutiert wird, vorgesehen. Deshalb bekommen alle Pensionisten den Hunderter, unabhängig davon, ob es sich um einen Mindestrentner oder einen Luxuspensionisten handelt; ob es eine ehemalige Kanzleikraft ist oder ein Ex-Generaldirektor mit seiner Höchst-, Zusatz- und bestimmt auch Betriebspension. Gescheitert ist die Obergrenze an der Sozial-Bürokratie. Heißt: Die Pensionsversicherungsanstalt schafft es nicht, die Auszahlungsprogramme schnell genug umzuprogrammieren. Die Regierung wollte den Hunderter aber unbedingt noch heuer auszahlen - und so blieb es der Einfachheit halber beim Pensions-100er für alle.
Kritik am "Gießkannenprinzip"
Für die "Geld-für-alle"-Strategie gibt es freilich Kritik von der Opposition. Von einer "Almosenverteilung" ist die Rede, aber auch von einer "Frechheit". Es sei nicht sozial fair, wenn "Privilegienpensionisten, die zigtausende Euro haben, noch einen Hunderter" bekommen. Die Regierung hält dagegen. Die Einmalzahlung bringe gerade jenen deutlich mehr, die eine niedrige Pension haben, und sei daher alles andere als unsozial.
Das "Gießkannenprinzip" hat in der Politik eine lange Tradition. Vor allem in Kärnten galt der "Hunderter" Jahre lang als selbstverständlich. Vorgemacht hat es Jörg Haider. 2007 tingelte der ehemalige Landeshauptmann durchs Land und verteilte den Haider-Hunderter, einen Teuerungsausgleich für alle, die ihn sich wegen der gestiegenen Preise verdient haben. Haiders Nachfolger Gerhard Dörfler stand dem um nichts nach. Unter bestimmten Kriterien durften sich Kärntner den "Hilfshunderter" abholen. Entweder wurde das Geld bar im Bürgerbüro ausbezahlt oder auf das Konto überwiesen. Dann war da noch der "Jugendtausender". Ein "Startgeld" für alle 18- bis 19-jährigen Kärntner zur Finanzierung des Führerscheins oder anderer jugendspezifischer Ausgaben. Ex-FPK-Politiker Uwe Scheuch und der damalige ÖVP-Chef Josef Martinz reservierten dafür sechs Millionen Euro aus dem Kärntner Zukunftsfonds, der aus den Erlösen des Hypo-Verkaufs entstanden ist.
Mit der neuen Kärntner Landesregierung (SPÖ-Grüne-ÖVP) wurde die "Geldverteiligungsaktion" dann 2013 gestoppt. Die Einmalzahlungen hätten zur Armutsbekämpfung in Kärnten nachhaltig nichts beigetragen, begründete man das Aus damals. Ein "Anstellen um Geld" werde es deshalb sicher nicht mehr geben.
Zurückschicken und spenden
Freilich ist der Pensionshunderter anders. SPÖ-Sozialminister Alois Stöger wies bisher jegliche Kritik zurück. Es sei ein Rechtsanspruch und würde die Einkommenskurve "etwas glätten". Für den roten Sozialsprecher Josef Muchitsch würde der Hunderter schon bald wieder über Konsum in der Wirtschaft angekommen sein. Also nachhaltig. Dass aber frühere Spitzenverdiener den Pensionshunderter nicht wirklich brauchen, zeigen der rote Pensionisten-Chef Karl Blecha und sein schwarzes Pendant, Ingrid Korosec. Beide wollen das Geld spenden, Blecha für eine Aktion der Volkshilfe, bei der das Geld wieder an bedürftige Pensionisten geht (mehr dazu hier).
In einem Gastkommentar für Die Presse kritisiert der Wiener Sozialwissenschaftler Rudolf Bretschneider den Beschluss der Regierung als "Schmierenkomödie". Es sei eine leichtfertige Politik von der Art "immer billigeres Populismusbrot und immer lächerliche Medienspiele". Der 72-Jährige werde seinen Hunderter jedenfalls zurückschicken. Finanzminister Schelling soll ein Konto dafür anlegen und das Geld besser investieren. Der Chef des Fiskalrats, Bernhard Felderer, fühlt sich in die Ära Jörg Haider zurückversetzt. Über den damaligen Populismus habe man gelacht, "jetzt sollten wir eigentlich auch lachen. Aber wir lachen nicht, wir sind dem Weinen näher", sagte er zum Standard.
Kein Pensionshunderter in Salzburg & Tirol
Trotzdem: Der Extra-Hunderter wird ausgezahlt, an ASVG-Pensionstien und pensionierte Beamte. Nicht aber in Salzburg. Den Salzburger Nachrichten zufolge, nachdem es für die rund 1300 pensionierten Landesbeamten, 370 Witwen und 19 Waisen es keinen Pensionshunderter geben wird, bestätigt Martin Wautischer, Pressesprecher des Personallandesrates Josef Schwaiger (ÖVP) gegenüber kurier.at. Man sei nicht verpflichtet, das umzusetzen, was der Bund macht, sagt er.
Der Grund für die Ablehnung: "Pensionisten, die ohnehin schon eine satte Pension bekommen, brauchen den Hunderter weniger als andere", heißt es. "Wir geben das Geld den Richtigen." Deshalb will Landesrat Schwaiger eine soziale Staffelung. Jene pensionierten Landesbediensteten, die bis zu 1560 Euro monatlich Pension beziehen, sollen eine Steigerung von 1,3 Prozent erhalten; alle darüber müssen sich mit dem österreichweiten Aufstockungssatz von 0,8 Prozent begnügen. Derzeit stehe man in Verhandlungen mit den Personalvertretern.
In Tirol verlässt man sich übrigens auf das "Modell Tirol". Gemäß Landesbeamtengesetz gilt eine "Pensionsautomatik", wonach die Pensionen grundsätzlich im selben Ausmaß erhöht werden wie die Aktivbezüge, heißt es in einem Schreiben der Landesregierung an kurier.at. Ein Pensionshunderter würde deshalb zu einem "nicht ausgewogenen Ergebnis, in dem eine Gruppe bevorzugt werden würde", führen.
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