Nationalrat: Gesundheitsministerin nennt Rauchverbot "grauslich"

Beate Hartinger-Klein
Im Nationalrat sorgt eine Dringliche Anfrage von Ex-Gesundheitsministerin Rendi-Wagner zum Stopp des Rauchverbots für eine äußerst kontrovers geführte Debatte. Der versprochene Jugendschutz in Lokalen kommt vorerst nicht - diesen können nur die Länder beschließen.

Bei der Nationalratsitzung am Mittwoch steht ein Thema im Fokus des öffentlichen Interesses: die Raucher-Debatte. Am Nachmittag brachte die SPÖ eine Dringliche Anfrage an Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein ( FPÖ) ein.

SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner rief die Bundesregierung eindringlich auf, die geplante Aushebelung des Rauchverbots wieder zurückzunehmen. In Österreich würden alljährlich 13.000 Menschen ihr Leben verlieren, weil sie dem Tabakrauch ausgesetzt sind, sagte die ehemalige Gesundheitsministerin. Andere EU-Länder hätten gezeigt, dass ein Rauchverbot in der Gastronomie die Raucherzahlen in der Bevölkerung halbiert.

Ex-Ministerin appelliert an Gewissen

Rendi-Wagner ging scharf mit ÖVP und FPÖ ins Gericht. Letzterer warf sie vor, sich angeblich für direkte Demokratie stark zu machen, "die Bevölkerung aus diesem Prozess aber schlicht auszuschließen", soll das Kippen des Rauchverbots doch ohne Begutachtungsfrist im Parlament beschlossen werden und auf unbegrenzte Dauer gelten.

Die ÖVP-Abgeordneten fragte Rendi-Wagner: "Wie erklären Sie das Ihrem Gewissen, Ihren Kindern, Ihren Enkelkindern, Ihren Überzeugungen, Ihren Wählerinnen und Wählern?" Immerhin hätten 28 der heutigen ÖVP-Parlamentarier vor drei Jahren mit der SPÖ für ein Rauchverbot ab Mai 2018 gestimmt. Medizinerin Rendi-Wagner erinnerte auch daran, dass die Altlandeshauptleute Erwin Pröll und Josef Pühringer (beide ÖVP) sowie der ehemalige ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner deutlich für ein Rauchverbot eintreten.

Gesundheitsministerin: Stehen für Gastfreundschaft

Gesundheitsministerin Hartinger-Klein kritisierte hingegen das von SPÖ und ÖVP einst beschlossene Rauchverbot, das nun nicht kommen wird. Die Vorgänger-Regierung habe im Tourismusland Österreich die Gastfreundschaft für eine Personengruppe, die Raucher, verbieten wollen, antwortete die Ministerin ihrer Vorgängerin. "Sie haben den Gastwirten ihre Gastfreundlichkeit verboten", sagte sie in Richtung SPÖ. Die FPÖ-Politikerin verwies außerdem auf die Gewaltenteilung zwischen Regierung und Parlament, der Beschluss werde von letzterem gefasst.

Hartinger-Klein, die vor einigen Wochen noch gesagt hatte, mit dem Kippen des Rauchverbots keine Freude zu haben, meinte nun: "Selbstverständlich maßregelt der Gastgeber seine Gäste nicht, wenn sie kleinere Schwächen haben." Zu dem rot-schwarzen Gesetz, das nicht in Kraft treten wird, sagte sie: "Weil Sie gewusst haben, wie grauslich dieses Gesetz ist, haben Sie eine Übergangsfrist beschlossen, damit Ihre Regelungen erst bei der nächsten Regierung in Kraft treten."

Regierung bringt Weiterrauchen auf Schiene

Nationalrat: Gesundheitsministerin nennt Rauchverbot "grauslich"
ABD0032_20180228 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.) Walter Rosenkranz (FPÖ), Johann Gudenus (FPÖ), Nikolaus Scherak (NEOS), NR-Präsident Wolfgang Sobotka, BM Norbert Hofer (FPÖ), Peter Kolba (PILZ), Werner Amon (ÖVP), BM Herbert Kickl (FPÖ) und Andreas Schieder (SPÖ) bei einer Stehpräsidiale im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates im Ausweichquartier des Parlaments in der Hofburg am Mittwoch, 28. Februar 2018, in Wien. - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER

ÖVP und FPÖ hatten zu Mittag den angekündigten Initiativantrag eingebracht, mit dem das ab 1. Mai 2018 gültige generelle Rauchverbot in der Gastronomie noch vor dessen Inkrafttreten wieder ausgehebelt werden soll. Beschlossen wird das Vorhaben noch nicht. Nach der Beratung im Ausschuss soll dies in einer der nächsten Nationalratssitzungen passieren.

Mit dem Antrag soll das Tabak- und Nichtraucherschutzgesetz geändert werden. Im Gegenzug zur Beibehaltung von Raucherräumen in Lokalen bringt es ein Verkaufsverbot von Tabakwaren an unter 18-Jährige. Auch das Rauchverbot in Autos, wenn sich darin Minderjährige befinden, wird eingeführt. Für die Kontrolle dieser Bestimmung wird die Polizei zuständig sein.

Weiter Minderjährige in Raucherzonen

Nicht enthalten ist in dem Antrag die versprochene Bestimmung, dass die Gastronomie-Raucherbereiche künftig nicht von unter 18-Jährigen betreten werden dürfen. Dies falle als Jugendschutz-Angelegenheit in die Kompetenz der Länder, man könne dies nicht auf Bundesebene regeln, hieß es auf Anfrage im FPÖ-Klub.

Die Gastronomie frohlockte jedenfalls über den Initiativantrag der Regierungsparteien. Die Verlängerung der gültigen Regelung sei "sachgerecht, verhältnismäßig und aus Sicht der Branche zu begrüßen", sagte Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer.

Nationalrat: Gesundheitsministerin nennt Rauchverbot "grauslich"
ABD0026_20180228 - WIEN - ÖSTERREICH: Abgeordnete der Liste Pilz mit "Kickl-Masken" und Kameraattrappen im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates im Ausweichquartier des Parlaments in der Hofburg am Mittwoch, 28. Februar 2018, in Wien. - FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER

Zu Beginn der Aktuellen Stunde zur "Sicherheitsoffensive für Österreich" mit Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) zeigte die Liste Pilz mit Aktionismus, was sie vom kommenden Sicherheitspaket der Regierung hält. Mit Kickl-Masken demonstrierte die kleinste Oppositionspartei gegen das Gesetzespaket.

Danach stand die Reform des Universitätsgesetzes auf der Tagesordnung. Die SPÖ kritisierte die nun kommenden Zugangsbeschränkungen. Anschließend wiederum debattierten die Abgeordneten über das Budgetprovisorium 2018 und den Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion.

Weniger Steuern für Hotels

Beim Ministerrat am frühen Mittwochmorgen senkte die Regierung die Steuern für Hotels: Kommen wird eine Steuersenkung bei Nächtigungen von 13 auf zehn Prozent. Das Gesetz soll mit 1. November in Kraft treten.

Außerdem auf der Tagesordnung des Ministerrats standen die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen. Darüber hinaus wurden einige ORF-Stiftungsräte bestellt. Für Unmut hatte vor einigen Tagen gesorgt, dass der unabhängige Ex-Caritas-Präsident Franz Küberl abgelöst wird.

Kickl-Masken und Kameras – Aktionismus der Liste Pilz im Nationalrat

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