„Untragbar“ und „überambitioniert“: Ein internes Papier der Wirtschaftskammer und ablehnende Äußerungen der Kammer-Spitze zum Klimaschutzgesetz lassen die Wogen hochgehen. „Fridays for Future“ demonstrierte kürzlich vor der WKO in Wien-Wieden und Greenpeace bezeichnete die WKO als „vorsintflutartigen Lobbyverein“.
Die Grüne Wirtschaft rief gar zum Boykott der Kammerumlage auf und legte am Wochenende nach. Sie kündigt einen Antrag im Wirtschaftsparlament an, wonach die Wirtschaftskammer die Klimaschutzmaßnahmen der türkis-grünen Regierung mitzutragen habe. „Wir stellen Harald Mahrer und dem ÖVP-Wirtschaftsbund die Gretchenfrage: Nun sag’, wie hast du’s mit dem Klimaschutz?“, sagt Sabine Jungwirth, Chefin der Grünen Wirtschaft.
Nun ist die Grüne Wirtschaft an sich kein besonders machtvoller Teil innerhalb der Kammer. In der türkis-grünen Koalition kommt ihr allerdings, als Teilorganisation des Koalitionspartners, schon mehr Bedeutung zu.
Privat ist Sabine Jungwirth die Lebenspartnerin des Vizekanzlers, was grundsätzlich nichts zur Sache tut, aber Werner Koglers Kampf für den Klimaschutz wird ihr auch nicht ganz egal sein. Jedenfalls wettert die streitbare Grüne gegen „den Bremsklotz“ Mahrer. Auch Klubchefin Sigrid Maurer attestiert der WKO-Spitze „fossiles Denken“ und mutmaßt nichts Gutes: Gewisse Vertreter würden versuchen, „Sand ins Getriebe zu streuen“.
Tatsächlich kann sich der grün-türkise Streit in der Kammer auch zur Nagelprobe für die gleichfarbige Koalition auswachsen. Denn wenn die vergangenen eineinhalb Jahre Türkis-Grün etwas verdeutlicht haben, dann, dass die Grünen alles auf eine Karte setzen: den Klimaschutz. Die Grünen machen schmerzhafte Konzessionen an die ÖVP, etwa beim Asyl. Auch den U-Ausschuss hätten sie wohl verlängert, wären sie nicht beim Abstimmen im Parlament an die ÖVP gebunden.
Ringen im Hintergrund
Dafür erwarten sich die Grünen, dass ihr Kernprojekt Klimaschutz durchgezogen wird. Und sie reagieren entsprechend empfindlich, wenn sie türkise Störmanöver wittern – wie etwa, als Details des Klimaschutzgesetzes vorzeitig geleakt wurden. Dabei geht es um einen Mechanismus automatischer Steuererhöhung, sollte der CO2-Ausstoß zu hoch für die Klimaziele bleiben. „Genau so macht man es, wenn man etwas verhindern will“, meinte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler spitz in Richtung ÖVP.
Hinter den Kulissen der Koalition wird gerade um das grüne Herzstück gerungen: eine ökologische Steuerreform samt CO2-Bepreisung. Sie soll im Herbst beschlossen werden und ab 2022 gelten.
Aber Werner Kogler wird wohl schon am grünen Bundeskongress im Juni glaubhaft machen müssen, dass dieses Kernprojekt bei der ÖVP tatsächlich durchgeht.
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