Nach Terroranschlag: Opposition will den Verfassungsschutz kontrollieren
BVT-Kontrolle: Opposition fordert Berichtspflicht und Neuausschreibung der Spitzenposten
Das Attentat von Wien hat die laufende Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wieder zum Thema gemacht. Und die Opposition ist sich hier einig: Im Rahmen der Reform müsse auch die parlamentarische Kontrolle gestärkt werden.
Die Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner (SPÖ), Hannes Amesbauer (FPÖ) und Stephanie Krisper (Neos) legen nun einen konkreten Vorschlag vor: Sie fordern die Umkehr von einer Auskunftspflicht - also dem Recht des Parlaments, Fragen an den Innenminister zu stellen - zu einer Unterrichtungspflicht.
Konkret soll es quartalsmäßig Sitzungen geben, in denen der Innenminister von sich aus über relevante Sachverhalte informiert und auf Wunsch eines Viertels der Abgeordneten (einer Minderheit) Akten vorlegt.
Heute, Freitag, wollen die drei Fraktionen einen gemeinsamen Antrag einbringen. Dieser dürfte dann dem Innenausschuss zugewiesen werden, der am 1. Dezember tagt.
"Kein utopischer Wunsch"
Dass es diese Kontrolle dringend brauche, habe der Anschlag von Wien gezeigt, sagt Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper. "Der Attentäter ist den Beamten schamlos vor der Nase herumgetanzt." Der Anschlag hätte verhindert werden können, ist sie überzeugt.
Dafür, dass das Innenministerium zunächst der Justiz die Schuld gegeben hatte (weil der Täter bedingt aus der Haft entlassen worden war) - und dann einem "roten" LVT-Chef (wegen der Pannen, die publik wurden), hat Krisper kein Verständnis - und meint, das Innenministerium wolle etwas vertuschen.
Die Untersuchungskommission, die das Innenministerium nun zur Aufklärung der Pannenserie aufgestellt hat, sieht sie kritisch. Die Experten hat die Regierung selbst ausgesucht - "die Regierung kontrolliert sich also selbst".
Die Neos-Sicherheitssprecherin betont: "Kontrolle schafft Prävention, schafft Aufklärung, schafft Legitimität." Wenn das BVT durch die Reform nun mehr Macht bekomme, sei das umso wichtiger.
Der Vorschlag, den die drei Oppositionsparteien nun vorlegen, sei "kein utopischer Wunsch, sondern realistisch. In Deutschland gibt es sogar öffentliche Sitzungen", sagt Krisper.
Expliziter Grund für Auskunftsverweigerung
Auch SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner betont, dass die Reform mitsamt besseren Kontrollrechten des Parlaments das Vertrauen der Bevölkerung in das BVT stärken soll.
Aktuell gebe es bereits einen geheimen Unterausschuss für Innere Angelegenheiten. "Wir bekommen dort Berichte nacherzählt, die wir einen Tag davor in den Medien lesen, oder im besten Fall am nächsten Tag lesen", so seine Kritik an der Qualität dieses Ausschusses.
Wenn die Abgeordneten dann nachfragen, würde der Innenminister häufig vorbringen, er könne keine Auskunft geben, weil dies die nationale Sicherheit gefährden würde. "Das ist ein Totschlagargument", sagt Einwallner. Er fordert, dass es künftig einen "expliziten Grund geben muss, dass er keine Auskunft geben kann".
"Wir erfahren nicht mehr als bei einer Pressekonferenz"
So sieht es auch Hannes Amesbauer (FPÖ). "Es kann nicht sein, dass wir Abgeordnete im Unterausschuss nicht mehr erfahren als Journalisten bei einer Pressekonferenz."
Er ergänzt zwei Punkte, die es für den Unterausschuss brauche: erstens ein Berichtswesen, damit auch das Plenum im Parlament darüber informiert wird, wie "auskunftsfreudig" der Innenminister war; zweitens ein Protokollwesen. Es sei zwar vorgeschrieben, dass über die Sitzung ein Protokoll geführt wird - das geschehe derzeit aber nicht.
Natürlich, so Amesbauer, müsse zwischen dem öffentlichen Interesse und der Geheimhaltung abgewogen werden - bestimmte Informationen sind klassifiziert und dürften nicht nach außen getragen werden. Dennoch: "Die parlamentarische Kontrolle ist kein Hobby, sie ist unsere gesetzlich vorgeschriebene Pflicht."
"Sehr, sehr, sehr unterschiedliche Zugänge"
Im Regierungsprogramm von Türkis und Grün ist ein "Ausbau der parlamentarischen Kontrollrechte" vorgesehen. Dieses Vorhaben wollen SPÖ, FPÖ und Neos nun mit ihrem gemeinsamen Antrag forcieren.
"Wir sind drei Parteien, die gerade in sicherheitspolitischen Belangen sehr, sehr, sehr unterschiedliche Zugänge haben, aber sogar wir haben hier einen gemeinsamen Nenner gefunden", meinte FPÖ-Sicherheitssprecher Amesbauer mit Blick auf die Kollegen von SPÖ und Neos an seiner Seite.
Die drei hoffen, dass sich ÖVP und Grüne anschließen oder auch selbst Vorschläge einbringen. Ideal wäre am Ende ein Allparteienvorschlag. "Bei diesem Thema gehört die Parteipolitik raus, wir sind es den Opfern des Attentats und der Bevölkerung schuldig, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen", betont Amesbauer.
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