Nach Salzburg-Erfolg: KPÖ peilt Einzug in den Nationalrat an
Wir schreiben das Jahr 1959: In Kuba übernimmt Fidel Castro die Macht. In dem seit vier Jahren unabhängigen Österreich finden Nationalratswahlen statt, bei denen ÖVP und SPÖ fast gleichauf durchs Ziel gehen, während die KPÖ aus dem Nationalrat fliegt.
65 Jahre und unzählige vergebliche Anläufe später wollen die Kommunisten den Wiedereinzug schaffen. Mit Rückenwind aus Salzburg, wo sich Genosse Kay-Michael Dankl nach seinem fulminanten Wahlerfolg am Sonntag Chancen auf das Bürgermeister-Amt ausrechnen darf.
In der Bundespartei strotzt man nach dem Wahlabend vor Selbstbewusstsein: „Mit einer gestärkten KPÖ werden wichtige Themen wie leistbares Wohnen wieder zum Schlüsselthema“, sagt Spitzenkandidat Tobias Schweiger. „In den letzten Wochen vor der Wahl sind alle Parteien auf unsere Themen umgeschwenkt.“
Doch ist seine Zuversicht berechtigt? Kann eine Wahl in einer kleinen Landeshauptstadt eine Nationalratswahl beeinflussen?
Wolfgang Bachmayer, Chef des OGM-Meinungsforschungsinstituts, geht davon aus, dass der eloquente und medienaffine Dankl im EU- und Nationalratswahlkampf der KPÖ sehr präsent sein wird, auch wenn er bei keiner der Wahlen kandidiert. „Er ist das moderne Gesicht der Partei“, sagt der Experte.
Stichwahl
Wobei die Strahlkraft des Salzburger Wahlhelfers naturgemäß von seinem Abschneiden bei der Stichwahl abhängt. „Wird Dankl nicht Bürgermeister, wird das Medieninteresse an ihm rasch wieder verfliegen“, ist Bachmayer überzeugt. Für ihn geht SPÖ-Kandidat Bernhard Auinger als Favorit in das Duell um den Posten des Stadtchefs. Er würde einen deutlich größeren Teil jener Wähler ansprechen, die am Sonntag einem anderen Kandidaten ihre Stimme gegeben haben.
Nächste Bewährungsprobe ist dann die EU-Wahl im Juni. Spitzenkandidat ist der nur Polit-Insidern bekannte KPÖ-Parteichef Günther Hopfgartner. Sein Vorteil ist: 2019 kam die Kommunisten auf gerade 0,8 Prozent, womit laut Bachmayer diesmal schon ein Ergebnis von einem bis drei Prozent ein beachtlicher Erfolg wäre.
„Aus der Sicht der KPÖ zählt bei der EU-Wahl ohnehin nur die Trampolin-Wirkung für die Nationalratswahl im Herbst“, sagt der Experte. Hier ist das Ziel klar: Wenn es der KPÖ nicht gelingt, in ihren Hochburgen in der Steiermark und in Salzburg ein Grundmandat zu erobern, brauchen sie für einen Einzug in den Nationalrat rund vier Prozent der Stimmen. 2019 wählten 0,7 Prozent die KPÖ.
Erfolgsthema Wohnen
„Sie könnte möglicherweise in die Nähe der Vier-Prozent-Hürde kommen“, gibt sich der Experte vorsichtig. Angesichts der Konkurrenz durch die Bierpartei und dem eher geringen Zuspruch in ländlichen Regionen seien die Chancen der Partei aber überschaubar.
Wichtig sei es für die KPÖ, im Nationalratswahlkampf auf ihrem Erfolgsthema Wohnen zu bleiben, so Bachmayer. „Dieses gibt genug her. Es wäre nicht gut, es durch zu viele andere Themen zu verwässern.“
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