Mindestsicherung: Wiener ÖVP stellt Stadtrat Peter Hacker ein Ultimatum

Mindestsicherung: Wiener ÖVP stellt Stadtrat Peter Hacker ein Ultimatum
Die Stadtregierung soll Verschärfungen bei der Sozialhilfe vornehmen, sonst stellt ÖVP Misstrauensantrag gegen Hacker.

Die Debatte um die Höhe der Mindestsicherung in Wien nimmt kein Ende. Wie berichtet hatte zuletzt der Fall einer syrischen Familie mit sieben Kindern für Aufregung gesorgt, die pro Monat 4.600 Euro an Sozialgeld erhält. Das ist deutlich mehr als dies in anderen Bundesländern der Fall wäre.

"Das ist leider kein Einzelfall", sagt der Wiener ÖVP-Obmann Karl Mahrer. „Sondern nur ein Beispiel für die Leistungsungerechtigkeit in dieser Stadt. Seit vielen Jahren läuft in Wien etwas sehr falsch.“

Folge dieser Schieflage sei, dass Wien zum europaweiten Sozialmagneten geworden sei. Mit der Konsequenz, dass die städtische Infrastruktur in den Bereichen Bildung, Wohnen und Gesundheit mittlerweile völlig überlastet sei. 

Drei Forderungen der ÖVP

Die Wiener ÖVP stellt nun ein Ultimatum an den zuständigen Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Dieses enthält drei Forderungen: 

  • Wien müsse endlich das Sozialhilfe-Grundgesetz umsetzen. Dass dies bis dato nicht erfolgt sei, stelle für Mahrer einen Verfassungsbruch dar. 
  • Mit knapp 9.000 Personen würden 81 Prozent der subsidiär Schutzberechtigten in Wien leben. „Sie sollen wie in anderen Bundesländern auch nur die Grundversorgung und nicht die wesentlich höhere Mindestsicherung erhalten“, fordert Mahrer.
  • Wie in anderen Bundesländern soll auch Wien eine Staffelung der für die Kinder ausbezahlen Beträge bei Mehrkind-Familien einführen.

„Uns geht es hier nicht um eine Neiddebatte. Dieser Vorwurf ist ein Totschlag-Argument“, betont Klubchef Markus Wölbitsch. „Uns geht es vielmehr um Gerechtigkeit.“ 

Einmal mehr bekräftigt die Wiener ÖVP auch die im Österreich-Plan von Bundeskanzler Karl Nehammer aufgestellte Forderung, wonach für Zuwanderer eine Wartefrist von fünf Jahren gelten soll, ehe sie die vollen Sozialleistungen erhalten. 

ÖVP setzt Frist bis 18. September

Die ÖVP gibt der Stadtregierung bis 18. September Zeit, diese Forderungen zu erfüllen. Das ist eine Woche vor der nächsten Gemeinderatssitzung. „Sollte Stadtregierung und Hacker nicht zur Einsicht kommen, werden wir alle politischen und rechtlichen Mittel einbringen, etwa ein Misstrauensantrag gegen Hacker“, kündigt Mahrer an. 

Praktische Konsequenzen wird dieser Schritt der ÖVP allerdings kaum haben. Dass der Misstrauensantrag eine Mehrheit im Gemeinderat findet, ist nahezu ausgeschlossen. 

Bundes-ÖVP attackiert Babler

Die Bundes-ÖVP schießt sich indes auf SPÖ-Parteichef Andreas Babler ein. Sie wirft ihm vor, das Wiener Modell der Mindestsicherung auf ganz Österreich ausweiten zu wollen. Der zuletzt in Diskussion geratenen syrischen Familie würde inklusive weiterer Transferleistungen mehr als 6.000 Euro netto pro Monat zur Verfügung stehen, rechnet Generalsekretär Christian Stocker vor.

Dies ist Gegenstand einer neuen ÖVP-Kampagne: „6.800 Euro Sozialhilfe ohne zu arbeiten. Ist das gerecht Herr Babler?“, lautet ein Slogan. In einem anderen wird bekrittelt, dass die SPÖ Leistung nicht belohnen, sondern bestrafen wolle.

Die ÖVP gehe hier den umgekehrten Weg, beteuerte Stocker. Er verwies auf entsprechende Vorschläge wie den Vollzeitbonus. In Sachen Sozialleistungen für Kinder führte er unter anderem das Modell aus Oberösterreich ins Treffen. Dort sinken die Zuschüsse bei Mehrkind-Familien. 

SPÖ: "Schäbige ÖVP-Kampagne"

„Die ÖVP-Kampagne gegen armutsbetroffene Kinder ist an Niedertracht nicht zu überbieten", wettert Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim. "Stocker, der als ÖVP-Gagenkaiser mehr als 22.000 Euro pro Monat verdient, hat keine Empathie und keinen Anstand. Er operiert mit bewusst falsch verstandenen Zahlen und feindet in Kickl-Manier Familien an, die in Armut leben."

Stadt Wien warnt vor sozialem Kahlschlag

Im Büro von Sozialstadtrat Hacker warnt man vor einem enormen sozialen Kahlschlag in Wien, den die Übernahme etwa des oberösterreichischen Sozialhilfe-Modells bedeuten würde. Dies macht man anhand von Rechenbeispielen fest. 

Die Umsetzung der oberösterreichischen Regelung würde demnach bei einer Familie mit drei Kindern eine Sozialkürzung von 4.993,20 Euro im Jahr bedeuten. Auf eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern würde eine Sozialkürzung von 1.941,84 Euro im Jahr zukommen.

Mindestsicherung: Wiener ÖVP stellt Stadtrat Peter Hacker ein Ultimatum

Peter Hacker (SPÖ)

"Die Umsetzung des oö. Sozialhilfe-Modells würde zu einer Sozialkürzung von rund 275 Millionen Euro pro Jahr führen und das ausschließlich bei Kindern", warnt ein Hacker-Sprecher. "Das wäre schlicht der größte Sozialabbau in der Geschichte Wiens."

Und weiter: "Durch diese Kürzung steht keine einzige Person zusätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, weil die Kürzungen ausschließlich Kinder betreffen. Es entsteht kein einziger zusätzlicher Arbeitsplatz, den die Eltern bzw. die alleinerziehende Mutter annehmen könnte", betont der Sprecher. Stattdessen würde die Kinderarmut steigen.

Betreuung der Bezieher durch das AMS

Alternativ fordert man seitens der Stadtregierung: "Jene Bezieher, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, sollen komplett vom AMS betreut werden sollen. Sie sollen die Arbeitsmarkt-Vermittlung, die Auszahlung und die Sanktionierung aus einer Hand machen."

Bei den subsidiär Schutzberechtigten sieht man keinen Änderungsbedarf. "Sie verfügen über einen legalen Aufenthaltstitel", so der Sprecher. "Deshalb haben sie laut unserer Auffassung das Recht, dass die Grundversorgung aufgestockt wird. Dies ist in Tirol genauso der Fall."

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