Warum sich Wiens SPÖ im Umgang mit den Gewaltexzessen so schwer tut

PÜRSTL / LUDWIG
Blutige Zusammenstöße zwischen migrantischen Banden, Schusswechsel und Messerstechereien – zuletzt häuften sich die besorgniserregenden Zwischenfälle in der Bundeshauptstadt Wien.
Selbst Medienvertreter, die links der Mitte verortet sind, werden langsam unruhig. Rund um den Yppenplatz drohe ein Grätzel zu kippen, heißt es in bangem Ton. Im Wiener Rathaus müssten ob der jüngsten Gewaltexzesse die Alarmglocken schrillen, lautet ein weiterer Befund der vergangenen Tage. Sogar der hemdsärmelig agierende SPÖ-Bürgermeister Helmut Zilk wird im Standard beschworen. Dieser hätte in dieser Situation „knackige Maßnahmen gegen Jugendkriminalität“ verkündet.
Wer sich solche dieser Tage von Zilks Nachnachfolger Michael Ludwig erwartet, wird enttäuscht: Fordern statt machen, scheint aktuell die Devise des Bürgermeisters zu sein. In einem Video auf X wiederholte er am Mittwoch seine Forderung an den Bund nach mehr Polizei und ein Waffenverbot. Verknüpft mit dem Vorschlag, die Polizei - analog zu Berufsrettung und Feuerwehr – der Stadt zu unterstellen, sollten die Appelle nicht fruchten.
Als aktive Maßnahme der Stadt kündigt Ludwig lediglich die Aufstockung der schnellen Eingreiftruppe der Stadt an, deren Befugnisse allerdings sehr beschränkt sind.
All das wirkt tatsächlich alles andere als "knackig". Vielmehr entsteht der Eindruck: Der als einer der mächtigsten Politiker des Landes geltende Ludwig könne in so zentralen Punkten wie Sicherheit und Integration selbst nichts ausrichten, sondern sei völlig vom Bund abhängig. Vielleicht nicht die besten Voraussetzungen, um als Bürgermeister mit Macher-Qualitäten 2025 in die Wien-Wahl zu ziehen.
Alkoholverbot und Videoüberwachung
„Wo wir Schritte setzen können, tun wir das auch“, betont ein enger Ludwig-Vertrauter im KURIER-Gespräch und verweist auf Maßnahmen der vergangenen Jahre wie Videoüberwachung, lokale Waffenverbote oder das Alkoholverbot am Hotspot Praterstern. „Letzteres ungeachtet mancher kritischen Stimmen aus der eigenen Partei.“
Es sei aber tatsächlich so, dass in Sachen Integration und Polizei der Bund zuständig sei. Und beide Bereiche würden seit vielen Jahren in Verantwortung der ÖVP liegen. „Die ÖVP will sich der Diskussion über ihre Versäumnisse auf diesen Gebieten nicht stellen, sondern zeigt lieber mit dem Finger auf Wien“, sagt der Genosse.
Dass Wien in Sachen Sicherheit und Integrationspolitik im Gegensatz zum Bund tatsächlich formell einen sehr geringen Handlungsspielraum hat, räumt auch ein Funktionär ein, der dem "Law & Order"-Flügel des SPÖ-Universums zuzurechnen ist. Entsprechend unseriös sei auch die Kritik der ÖVP an Wien.
Gleichzeitig habe die Wiener SPÖ es in den vergangenen Jahren sträflich vernachlässigt, dass heikle Thema Migration offen zu kommunizieren. „Bis vor wenigen Jahren hat es gereicht, kurz vor den Wahlen auf den Tisch zu hauen, wie dies etwa Michael Häupl getan hat.

WIEN: POLIZEI-GROSSEINSATZ AM YPPENPLATZ IN OTTAKRING
Doch die Wiener SPÖ hat sich mit dieser Strategie verspekuliert. Die Probleme sind mittlerweile so tiefgreifend, dass sie sich nicht mehr verheimlichen lassen. Lange ist auch der politische Islam ein blinder Fleck gewesen.“
Mit der Folge, dass Ludwig nicht ausreichend glaubwürdig vermitteln könne, dass ihm die Sicherheit in der Stadt ein wichtiges Anliegen sei. „Das zeigt schon allein die Flut an negativen Kommentaren unter seinen jüngsten Ankündigungen in den Sozialen Medien“, so der Genosse.
Ludwig soll "nachschärfen"
Etwas vielschichtiger fällt die Bewertung eines langjährigen Funktionärs der Wiener Roten aus: „Anders als FPÖ und zum Teil auch die ÖVP versucht die SPÖ nicht alle Zuwanderer in einen Topf zu werfen, sondern zu differenzieren zwischen jenen, die Hilfe brauchen und sich integrieren und jenen, die das nicht wollen.“
Der Genosse plädiert für ein Nachschärfen bei der Kommunikation. „Die SPÖ sollte nicht permanent den Eindruck vermitteln, dass alle das Recht haben, hier zu sein. Wir haben klare Spielregeln: Wer mit Waffen auf andere losgeht, hat nichts in der Stadt verloren.“
Pikanterweise hatte gerade Ludwig bei Amtsantritt das Image, selbst ein Vertreter des "Law & Order"-Flügels zu sein. Ähnlich wie sein damaliger Mitstreiter Hans Peter Doskozil, mit dem er sich inzwischen völlig überworfen hat. „Vielleicht müsste Ludwig auch bei seinem eigenen Image nachschärfen“, so der SPÖ-Vertreter. Sollten Migration und Sicherheit nächstes Jahr zentrale Wahlkampfthemen werden, könnte es ansonsten schwierig für die SPÖ werden.
Ludwig drohen Verluste
Im Ludwig-Umfeld gibt man sich hingegen noch entspannt. Laut aktuellen Umfragen würde die SPÖ auf etwa 36 Prozent kommen. Das Minus von fünf Prozentpunkten sei deutlich geringer als jenes das sämtliche Landeschefs in den jüngsten Wahlen hinnehmen mussten.
Die FPÖ scheint sich hingegen im urbanen Wiener Umfeld immer schwerer zu tun und kommt über 20 Prozent nicht hinaus. All das ist freilich bloß eine Momentaufnahme.
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