Möglich wäre das, wenn Gewessler für alle möglichen Lobautunnel-Alternativen und auch den Lobautunnel selbst plötzlich eine Strategische Umweltprüfung (SUP) anordnet. Noch im Sommer könnte diese Verordnung verkündet werden, heißt es.
Eine ausführliche SUP würde Jahre in Anspruch nehmen, die Asfinag könnte sich in dieser Zeit darauf berufen, um weiterhin keine Bauhandlungen setzen zu müssen. Auch die bestehenden Baugenehmigungen würden verfallen. Damit wären der Lobautunnel und damit die Wiener Außenring-Schnellstraße S1 über Jahre hinaus (wenn nicht sogar endgültig) Geschichte.
"Gesetzlich verankert"
Im Klimaschutzministerium reagierte man auf eine diesbezügliche KURIER-Anfrage irritiert. Man wisse nichts von solchen Überlegungen.
Eine SUP zu beauftragen, sei für den Lobautunnel ohnehin „irrelevant“, sagt Verfassungsjurist Heinz Mayer. Der Bau sei geprüft und gesetzlich verankert. Auch eine neuerliche SUP würde „die Asfinag bei Nicht-Durchführung der genehmigten und auch ausgeschriebenen Bauarbeiten nicht von der Haftung entbinden“, so Mayer.
Für die Nervosität in der Asfinag sorgen auch mehrere Rechtsgutachten, die bescheinigen, dass der vorläufige Baustopp rechtswidrig sei und längst gebaut werden müsse. Gemäß dieser Schriftstücke – darunter auch eines, das die Asfinag selbst in Auftrag gegeben hat – werde es immer schwieriger, nicht zu bauen, je weiter die Genehmigungen fortgeschritten sind.
Und bei der S1 ist alles sehr weit fortgeschritten: Für den Nordteil sind alle Verfahren abgeschlossen. Für den Südteil (inkl. Lobautunnel) sind die Behörden-Verfahren abgeschlossen, der Abschluss der Verfahren am Bundesverwaltungsgericht wird in diesen Wochen erwartet.
Zu alldem kommt, dass die Causa Lobautunnel auch eine Zerreißprobe für die türkis-grüne Koalition ist. Das grüne Klimaschutzministerium ist zwar für das Straßenbauprogramm verantwortlich, gültig wird es aber erst, wenn auch das türkise Finanzministerium grünes Licht gibt.
Sprengstoff
Das neue Programm wurde an Magnus Brunner (ÖVP) bereits im Dezember 2021 übermittelt – unterschrieben hat er bis jetzt noch nicht. Mit seiner Unterschrift würde er schließlich Gewesslers Vorgehen legitimieren.
Das wird er vermutlich erst nach Rücksprache mit Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) tun. Der Grund: Der bei ihr angesiedelte Verfassungsdienst wurde im Frühjahr von der Wirtschaftskammer Wien eingeschaltet, damit geprüft wird, ob das Vorgehen der Klimaschutzministerin verfassungskonform ist.
Die Stellungnahme der prüfenden Stelle liegt noch nicht vor. Allerdings gebe es schon einen Entwurf, heißt es. Und angeblich würden jene Argumente überwiegen, die den Baustopp für rechtswidrig ansehen. Das ist Sprengstoff für die Koalition.
Kommentare