Nehammer: "Es gibt keinen generellen Abschiebestopp aus Österreich"

News conference on Austria's role in a global sting against organised crime, in Vienna
44.000 afghanische Staatsbürger leben in Österreich, so Innenminister Karl Nehammer. Er will Hilfe vor Ort und Abschiebezentren in nördlichen Nachbarländern forcieren.

Trotz anhaltender Kritik seitens des Koalitionspartners wie NGOs und auch entgegen der Haltung anderer Staaten, hält die ÖVP an ihrem Kurs fest.

Erst gestern ließ Außenminister Alexander Schallenberg ebenfalls vor einem Gespräch mit seinen europäischen Amtskollegen wissen: "Man möge bitte verstehen, dass wir nicht ganz grundsätzlich in Erwägung ziehen, für alle Fälle Abschiebungen auszuschließen." Faktum sei, dass weiterhin afghanische Staatsbürger abgeschoben werden - und zwar im Rahmen der Dublin-Verordnung in sichere Drittstaaten. 

ÖVP- und SPÖ-Vorschläge zu Afghanistan

Es gehe bei der heutigen Konferenz der Innenminister um zwei große Themen, so Nehammer. Um die Situation an der litauischen-weißrussischen Grenze und die Lage in Afghanistan. "Österreich ist das einzige EU-Land, dass Cobra-Kräfte an die litauische Grenze entsandt hat", so der Innenminister ehe er zum Thema Nummer eins kommt. 

In Afghanistan müsse die EU koordiniert und geschlossen vorgehen. "Das Jahr 2015 darf sich nicht mehr wiederholen", sagt Nehammer und wiederholt damit, was Außenminister Schallenberg und Tage zuvor bereits Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel betont haben. Prioritär sei und bleibe die Hilfe vor Ort und Abschiebezentren rund um Afghanistan. 

Warum ausgerechnet nördliche Nachbarn Afghanistans - Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan - sich für diese Zentren eignen, beantwortet der Innenminister erst ausweichend: "Wir brauchen Partner vor Ort". Es handle sich um die "sinnvollste Hilfe" und: "In diesen Ländern ist noch Luft, um Menschen aufzunehmen". Das könne natürlich nur gelingen, wenn man sich innerhalb der EU einigen, den Nachbarländern auf Augenhöhe begegnen und sie von den Plänen überzeugen werde.

Gemeinsam mit UNHCR müsse man versuchen, Hilfestellung vor Ort zu leisten. Auf mehrfache Nachfrage, ob nicht insbesondere Frauen schutzbedürftig sind und aufgenommen werden sollen, betont Nehammer: "Wir können keinen Exodus als EU einleiten." Europa allein könne die Situation in Afghanistan nicht bewerkstelligen. Es sei sei eine Kraftanstrengung aller Länder von Nöten. Und zwar immer unter der Prämisse, dass die Hilfe vor Ort Priorität habe - die Aufnahme von Flüchtlingen unter Einhaltung aller rechtstaatlichen Verfahren zu erfolgen hat.

Der ÖVP-Minister verweist auf Kanada, das mittels Auswahlverfahren afghanische Flüchtlinge aufnehmen will, an dem sich die EU ein Beispiel nehmen möge.

"Werden weiter abschieben"

3 Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds seien bereitgestellt, um Hilfe vor Ort leisten zu können. "Ziel muss es sein, den Großteil der Menschen in der Region zu halten", so der ÖVP-Innenminister. Das entspreche, betont er wieder und wieder dem "Geist der Genfer Flüchtlingskonvention" und: "Wir werden weiter afghanische Staatsbürger im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten in sichere Drittstaaten abschieben." Es sei ein großer Unterschied, ob etwas vorübergehend nicht möglich sei oder generell nicht mehr gemacht wird. "Es gilt die Genfer Flüchtlingskonvention." Und: "Ein genereller Abschiebestopp würde jedes Asylverfahren ausheben."

60 Prozent der heuer abgeschobenen Afghanen seien straffällig gewesen. "Wenn Abschiebungen auf Grund der Grenzen, die uns die europäische Menschenrechtskonvention setzt, nicht mehr möglich sind, müssen Alternativen angedacht werden". 

Nehammer führt aus, dass es nicht nur ob des "sozialen Wohlfahrtsstaates Österreich", sondern auch "aus sicherheitspolitischen Gründen" wesentlich sei, an den Abschiebungen festzuhalten und "keine Signale an Flüchtlinge zu geben", sich auf den 5.000 km langen Weg zu machen. Karl Nehammer verweist auf einen Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs aus dem Jahr 2018, wonach Zentren in Drittstaaten zu errichten sind. Die Kommission hat diesen allerdings bis dato nicht umgesetzt.

Größte afghanische Communities in Schweden, Österreich und Deutschland

Rund 44.000 Afghanen leben in Österreich, so Nehammer, 66 Prozent davon seien Männer. 2011 seien es noch 8.428 gewesen. "Gerechnet auf 100.000 Einwohner hat Österreich die zweitgrößte afghanische Community der EU-27", so der Innenminister. Schweden rangiere auf Platz eins, Österreich auf Platz zwei und Deutschland auf dem dritten Rang. Unmittelbare Nachbarländer Afghanistans, wie Usbekistan liegen laut Inneninisterium mit 3 oder Tadschikistan 74 pro 100.000 Einwohnern weit hinter vielen EU-Ländern 

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